Burckhard Dücker
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Visualisierung als Alterationsfaktor
Zur Funktion von Sichtbarmachung
und Sichtbarkeit für Wandlungsprozesse


1. Einleitung

In der öffentlichen Kommunikation westlich orientierter Gesellschaften der Moderne haben der Begriff ›Reform‹ und seine Komposita ein breites Verwendungsspektrum und eine überaus hohe Verwendungsfrequenz. Für den Diskurszusammenhang von Globalisierungs- und Modernisierungsprozessen scheint das semantische Feld ›Reform‹ im Sinne von Umgestaltung, Veränderung, Transformation, Wiederherstellung, Wandlung und auch Innovation geradezu konstitutiv zu sein. Dabei wird das Wissen um Veränderungs- bzw. Alterationsprozesse nicht allein sprachlich, sondern zunehmend bildlich vermittelt. Innerhalb der visuellen Kultur der Moderne werden auch Wissen und Erkenntnis visuell generiert und übertragen.

Weil damit Körperlichkeit, Ereignishaftigkeit und Eventisierung immer mehr in den Mittelpunkt einer Aufmerksamkeitsform rücken, bei der eine intellektuell begriffliche oder »logozentrische« von einer emotional bildlichen oder »ikonozentrischen« (Hofmann 1999, 8) Dimension zunehmend dominiert wird, scheint Visualisierung ihre dokumentierende Funktion zugunsten einer konstruktiven aufzugeben. So wird Visualisierung, verstanden als Kombination aus den Komponenten Sichtbarmachung und Sichtbarkeit, ein generatives Vermögen zugeschrieben, das Wandlungsprozesse in einem weiten Sinn hervorbringt oder zumindest unterstützt. Im politischen Feld ist die Macht der Bilder schon so weit anerkannt, dass Politik sich »als eine Abfolge von Bildern und kameragerechten Scheinereignissen« präsentiert, »die an die Stelle von Information, Interpretation und Diskurs treten« (Meyer 1998, 47. Hervorhebung im Orig.).

Wenn mit inszenierten Bildern Politik gemacht wird, dann ist das zentrale Erfordernis dieser symbolischen Politik, dass ständig wechselnde Ereignisbilder gezeigt werden, bei denen es sich um visuell verdichtete Erzählungen handelt, die auf die gefühlten Zustände der Adressaten ausgerichtet sind. So wird das Sicherheitsgefühl dadurch bedient, dass sichtbar Baumaßnahmen für die Sicherheitsorgane ausgeführt werden und dass diese sich regelmäßig besonders an öffentlich Brennpunkten zeigen. Fotos von Politikern in Kindergärten, Schulen, Pflegeeinrichtungen usw. sollen Kompetenz und Einsatz im jeweiligen Politikfeld sichtbar machen. Katastrophen, Skandale und Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit bieten Politikern Gelegenheit, sich durch die dichte visuelle Berichterstattung über die Bewältigung des Einzelfalls insgesamt als Krisenmanager und Macher zu profilieren (Halo-Effekt). Durch die kontinuierliche und ubiquitäre anlassbezogene Sichtbarkeit modifiziert sich ihr öffentliches Bild, sie sammeln »symbolisches Kapital« (Pierre Bourdieu). Die Visualisierung betrifft die Gesamtsituation der inszenierten Performanz. Vor allem hat diese Sichtbarkeit eine narrative Struktur; das Ereignisbild setzt einen Anfang und ein daraus sich entwickelndes Handlungsziel, d.h. es ermöglicht eine narrativ hergestellte Sinngebung. Auf diese Weise wird das Bild, das immer statisch ist und einen isolierte Situaion zeigt, in einen Ablauf eingepasst.

Die Bedeutung der Sichtbarkeit für die öffentliche Geltung und deren Modifikation macht sich zunehmend auch im literarischen Feld bemerklich. Lesungen sind zu Veranstaltungen mutiert, bei denen Autoren ihre Texte in einer Performance verkörpern, sie führen sich auf und müssen ihr Buch nicht einmal aufschlagen (vgl. Dücker 2005). Dies entspricht dem Wunsch der Leser zu wissen, mit wem man es zu tun hat. Körperliche Präsenz des ›Autors‹ hat in der Regel die Dezentrierung des Texts oder allgemein des Objekts zur Folge, weil der Körper selbst zum Objekt des Sehens als »multisensorische« (Faßler 2002, 38) Aktivität geworden ist.

Dass die Handlungsform Sichtbarmachung wie auch die visuelle Information schon immer einen festen Platz in der Alltagskommunikation haben, dafür stehen zahlreiche Redensarten und Sprichwörter. Zu erwähnen sind z.B. die Wendungen ›ein Bild von etwas oder jemand im Kopf haben‹, ›sich ein Bild von etwas oder jemand machen‹ oder ›ein Bild sagt mehr als tausend Worte‹, ›in Bildern reden‹, ›im Bilde sein‹, ›jemand ins Bild setzen‹ und ›etwas mit eigenen Augen sehen‹.

Alteration und Visualisierung scheinen eine soziokulturelle Funktionsstelle wechselseitiger Wirksamkeit zu formen, eine Interdependenz, die auch zeitgenössische Fotochronisten programmatisch einsetzen. Im Folgenden geht es deskriptiv und analytisch um eine Annäherung an diese Funktionsstelle. Als in diesem Beitrag nicht ausgeführte Forschungsperspektive lässt sich ein kulturkomparatistischer Ansatz in Bezug auf diese und andere Funktionsstellen entwickeln. Ich beginne mit einigen Beispielen zum Reformparadigma in der öffentlichen Sprache der Medien.

2. ›Reform‹ und ›Reformen‹ in der öffentlichen Sprache der Medien

Die Politiker hätten – wie es heißt – »2007 zum Reformjahr ausgerufen und ein Sammelsurium von Reformvorhaben angekündigt: in der Gesundheit, der Pflege, der Unternehmens- und der Erbschaftssteuer sowie, nicht zu vergessen, im Arbeitsmarkt«. Daher sei der »Vorwurf der Reformmüdigkeit« unberechtigt, im nächsten Jahr gehe es »auf dem schmalen Reformpfad weiter« (von Borstel in Die Welt 11.01.2007).

In Leserbriefen zur »radikalen Bildungsreform« wird auf deren unrealistischen Ansatz hingewiesen, darauf »dass eine Reform unweigerlich sofort weitere Reformen nach sich zieht. [...] Kernstück scheint die Privatisierung des Lehrberufs zu sein.« Um zur Realität zurückzukehren, empfiehlt der Leserbriefschreiber den »Vergleich« mit »normalen amerikanischen High Schools« (Jakob in SZ 14.03.2007).

In einer Rezension von Konrad Paul Liessmanns Buch Theorie der Unbildung. Die Irrtümer der Wissensgesellschaft (2006) wird der Autor zustimmend zitiert. »Mit jeder Reform steigt der Reformbedarf. Denn alle Probleme, die Reformen nach sich ziehen, können nur wieder durch Reformen gelöst werden. [...] Nur ein sehr reiches oder ein sehr dummes Land kann es sich leisten, für jede Studentengeneration eine neue Studienarchitektur zu erfinden.« Der Rezensent weist zustimmend auf die Reformfalle hin, denn Liessmann werde eine neue »Reformwelle« auslösen, diesmal für die »Mode der Kontinuität« (Müller in SZ 19.01.2007). Liessmann evoziere das Bild einer permanenten Umbaustelle, was dazu führe, dass das Haus letztlich nicht bewohnbar sei oder es niemals werde. Zugleich weist das Bild von der sich selbst fortzeugenden Reform daraufhin, dass eine Reform Gewinner und Verlierer hat, dass unterschiedliche Interessen beteiligt sind, die sich alle möglichst rein und unversehrt – aber nicht in der Mischform Kompromiss – durchsetzen wollen. Im häufig benutzten Bild der Reformwelle wird dies deutlich: Wellen kommen und gehen regelmäßig, sie steigen an, haben einen kurzzeitigen Höhepunkt im Wellenkamm und fallen dann in sich zusammen, um der nächsten Welle Platz zu machen.

Beim Dreikönigstreffen der FDP 2007 sicherte deren Vorsitzender Guido Westerwelle der Regierung die Unterstützung seiner Partei »bei allen notwendigen Reformbemühungen« zu, es komme darauf an, »unser Land nachhaltig auf einem dynamischen Reformkurs zu halten«, der »Ängste» nehme und »Vertrauen« schaffe, wie der nordrhein-westfälische Innovationsminister Andreas Pinkwart (FDP) formulierte. Besonders forderte dieser, »die Sozialpolitik nicht aus[zu]blenden.« Dem Bericht ist ein Foto beigegeben, auf dem Westerwelle mit einem überdimensionierten »Mehrwertsteuer-Hammer« zu sehen ist, der die Aufschrift »19%« trägt. Der Politiker macht sich sichtbar, inszeniert sich als einer, der – so kann der Text zusammengefasst werden – sich der sozialen Sorgen der Menschen annehme, weil dieses Feld von der Großen Koalition eher unterbesetzt sei. Prinzipiell müsse sich die FDP angesichts der »permanenten Medienpräsenz« der Koalition nicht zuletzt wegen der deutschen EU-Präsidentschaft und des Treffens der G8-Staaten medial behaupten. Auf diese Weise soll das Bild eines Politikers vermittelt werden, der sich verbal um Reformen bemüht und »vor einer ›Reformpause‹« (Blechschmidt in SZ 5./6./7.01.2007) warnt, um seine eigene Position zu verbessern.

»Ein Gerüst empfing [...] die Besucher im Kölner Congress-Centrum. Rote Warnschilder kündeten von Baustellen. Mit diesen Symbolen wies der Deutsche Beamtenbund (dbb) auf das Motto seiner diesjährigen Gewerkschaftstagung hin: Um die ›Reformbaustelle Deutschland‹ ging es und um die Folgen für den öffentlichen Dienst«. Dann ist von Verschlechterung, Stellenabbau, »Kürzung von Weihnachts- und Urlaubsgeld, Einkommens-Nullrunden und längere[n] Arbeitszeiten« die Rede. Sichtbar werden soll das Bild des Niedergangs, Komparative und die Vorher-Nachher-Polarität zeigen dies. Dennoch sei der Beamtenbund bereit, seinen »Beitrag zu notwendigen Reformen« zu leisten. »Doch er macht Grenzen deutlich« (Averesch in BZ 09.01.2007). Reform hat offenbar trotz allem noch einen so positiven Klang, dass auch die Reformkritiker sich nicht nur negativ daran binden wollen. Weil Kritik und Dekonstruktion immer schon einen konstruktiven Grundzug haben, nämlich den der eigenen Position, um deren Durchsetzung es geht, folgen einige Reformvorschläge aus der Sicht des Beamtenbundes.

Die Kanzlerin weist daraufhin, dass 2007 »›ein entscheidendes Jahr für die Fortsetzung der Reformpolitik« sei. »Zentrale Reformvorhaben« seien »die Reform der Pflegeversicherung, die Gesundheitsreform, eine Reform der Unfallversicherung. ›Psychologisch ganz wichtig‹ seien die anstehenden Beratungen über die Reformen der Unternehmens- und der Erbschaftssteuer und das Unternehmensbeteiligungsgesetz, mit dem der Einsatz von Wagniskapital geregelt werden soll.« Daher wolle die Regierung »ihren Reformkurs unbeirrt fortsetzen und damit für eine Verstetigung des Aufschwungs sorgen. Der bisherige Dreiklang aus Sanieren, Investieren und Reformieren habe sich bewährt.« Franz Müntefering fordert für die »Reform des Arbeitsmarkts« (DW in Die Welt 11.01.2007) eine Erhöhung des Tempos. Ebenfalls am 11.01.2007 findet sich in der Berliner Morgenpost eine Karikatur zur Gesundheitsreform mit dem Titel »Familiennachrichten aus der Großen Koalition«. Kanzlerin Merkel und Vizekanzler Müntefering geben eine Pressekonferenz zur Gesundheitsreform. Merkel sagt dazu: »Ich bin guter Hoffnung«.

An bildhaften sprachlichen Wendungen im Zusammenhang mit Reformen werden häufig benutzt: die Reformwelle überwiegend in der Phase ihres Abflauens, das Abflauen des Reformeifers, Reformmaßnahmen werden ›zurückgedreht‹, der Reformkurs wird fortgesetzt, wohl vor diesem Hintergrund ist das Wort vom ›Reformwandel‹ zu sehen, der auf Veränderungen von Reformprogrammen bei laufendem Betrieb verweist. Hinzu kommen ein ›Reformwillen‹ und ›Reformanstrengungen‹. Dennoch »hapere es mit der zweiten Reformwelle« (bes. in FAZ 14.11.2006).
In einem umfangreichen Artikel im Wirtschaftsteil der FAZ (11.11.2006) sieht Peter Koslowski »das Ende der sozialen Marktwirtschaft« heraufziehen. Er beginnt mit einer Definition:
»Was heißt es, das Ende einer Wirtschaftsordnung anzunehmen? Eine Wirtschaftsordnung ist eine Menge von Regeln, die das Handeln innerhalb dieses Regelsystems bestimmen. Die Regeln wiederum sind durch Regeln höherer Ordnung oder Prinzipien bestimmt, welche die nachgelagerten Regeln begründen und rechtfertigen. Von einem Wechsel zu einer neuen Wirtschaftsordnung und einem Ende der alten Ordnung kann man dann sprechen, wenn die allgemeinen Prinzipien einer Ordnung, ihre allgemeinsten Grundlagen, nicht mehr möglich in dem Sinne sind, dass sie den Handlungsbereich der Wirtschaft nicht mehr zu bestimmen vermögen. [...] Wenn die gemeinen Prinzipien einer Ordnung nicht mehr anwendbar sind, sind ihre Grundlagen angegriffen. Sind die Grundlagen angegriffen, wankt die Ordnung. Das Ende der Anwendbarkeit der Prinzipien markiert das Ende einer Ordnung. Das Nicht-mehr-Greifen der Prinzipien ist mehr als ein historischer Wandel der Ordnung. [...] Die Soziale Marktwirtschaft ist aber nicht nur die Beschreibung einer Wirtschaftsordnung, sie hat über die ökonomische Seite hinaus Bedeutung für die Identität der Deutschen.«

Als Krisensymptome macht er »die Überdehnung des Mitbestimmungsprinzips« aus, die hohe Bedeutung der Konsenssuche, die Konflikte nicht angemessen zum Austrag kommen lasse, die Veränderungen in der »solidarischen Rentenversicherung«, dem »Kernstück« der Sozialen Marktwirtschaft, die zunehmende Enttäuschung von »Reziprozitätserwartungen«, die die Familie betrifft, weil Lebensformen, die nicht zur Reproduktion angelegt sind, mit Familien in jeder Versorgungshinsicht gleichgestellt seien. »Warum soll es zu den staatlichen Solidaritätspflichten der Kinder einer katholischen Familie gehören, die Hinterbliebenenrente des überlebenden Partners einer homosexuellen Lebensgemeinschaft zu erarbeiten?« Was für die einen Ergebnis einer lange fälligen Reform ist, ist für die anderen Ausdruck einer Wertekrise.

Wird das ›Nicht-mehr-Greifen‹ der Prinzipien medial und bildlich vermittelt? Wird das Scheitern der Reformen und laut Koslowski sogar eines ganzen Systems sichtbar? Veröffentlicht werden Statistiken von Hartz IV Empfängern und Kinderarmut, von Mitgliederbewegungen und Stellenvermittlungen, von der Entwicklung der Beiträge zu Krankenkassen im Rahmen der Gesundheitsreform. Es sind keine Bilder, die sich ins Gedächtnis einprägen, weil ihnen die emotionale Dimension fehlt und weil sie keine Narration hergeben. Dennoch und grundsätzlich haben Reformen als kulturelle Konstruktionen Gesichter, weil sie von einer Person oder Gruppe präsentiert werden, denen sie Gelegenheit zur Selbstinszenierung bieten. Damit besteht die Möglichkeit der Personalisierung: das Reformprojekt wird zugunsten einer Imagesteigerung der Person bzw. Gruppe dezentriert, andere Akteure finden keine angemessene Beachtung.

So werden auf Fotos, die – zumeist in Farbe – den Berichten häufig beigegeben sind, Kleidung, Frisur, Mimik, mitunter auch Gestik, Accessoires und insgesamt eine auf Kompetenz, Einsatz, Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit ausgerichtete atmosphärische Ausstrahlung der zuständigen Ressortminister sichtbar. So können Reformanlässe wegen ihrer Performativität besonders als Szenarien für die Selbstdarstellung als Macher, zielstrebig und unermüdlich handelnder Held genutzt werden. Allerdings kann die Körperlichkeit bzw. die Körpersprache der Akteure ihren verbalen Ausführungen widersprechen, wenn z.B. ein in Argumentationsnot geratener Politiker sichtbar gemacht wird. Auf jeden Fall garantiert die Prozessualität einer Reform, dass der / die Verantwortliche immer wieder zu verschiedenen Zeiten und Anlässen körperliche Präsenz zeigen kann.

Auf der einen Seite wird als positiv herausgestellt, dass im Rahmen der Gesundheitsreform jeder Bürger krankenversichert sei, auf der anderen gibt es Berichte über Menschen, die sich das Lachen abgewöhnen, weil sie die Kosten für eine Zahnbehandlung nicht tragen können. »Das macht deutlich, wie sich die großen Sozial- und Arbeitsmarktreformen der letzten zwei Jahre auswirken. Eine neue, bisher noch nie derart in Erscheinung getretene, sichtbare Armut ist die Folge dieser Reformen. ›Man erkennt die Armut bei den Menschen jetzt wieder an den Zähnen‹« (Loerzer in SZ 14.03.07) Diese Sichtbarkeit der Reformen, die zu sozialer Unsichtbarkeit führt, kann Anlass zu erneuten Reformen werden.

3. Zum Begriff der Reformen

Die Begriffe Reformation und Reform gehen bekanntlich auf das lateinische Etymon reformare (Nomen reformatio) zurück, das die Bedeutung hat: einen ursprünglichen Zustand wiederherstellen, etwas auf seinen Ursprung zurückführen. Dabei sind zwei Bedingungen zu berücksichtigen:

Erstens werden dem Ursprung bzw. auch dem Anfang die Ausprägung höchster Reinheit, Vollkommenheit und Möglichkeitsfülle der betreffenden Programmatik zugeschrieben, das Ursprüngliche wird als das Unverbrauchte gesetzt. Es hat ausschließlich positive Konnotationen.

Zweitens ist jeder Ursprung oder Anfang, der von einer kulturellen Formation oder einem Kollektiv in einer Gegenwart als Zielpunkt einer Reform oder Wiederherstellung angegeben wird, nichts anderes als eine Setzung oder Konstruktion eben dieses Kollektivs in der Gegenwart. Daher gehen in Konzepte von Ursprung, Wiederherstellung, Aktualisierung und Reformen die Interessenkonstellationen der Gegenwart ein, daher ist Erinnerungshandeln und -politik immer Gegenwartshandeln und -politik. Wer in diesem Sinne etwas reformieren oder wieder-holen will, startet eine Bewegung zurück zum Anfang in der Zukunft. Dabei ist die Notwendigkeit, den Ursprung reaktualisieren zu müssen, Ergebnis gerade der Entfaltung dieses Ursprungs. Reformkonzepte sind also Misch-, Patchwork- oder Bricolageformen aus Elementen und Interessen verschiedener Zeiten und Traditionen.

Der hier gemeinte Komplex von Reform, Ursprung und Wiederherstellung kann mit dem Begriff der Rekursivität bezeichnet werden, womit nicht allein die Wiederaufnahme historischer Formen, sondern vor allem die Reorganisation von Traditionsbeständen unter den Bedingungen und Interessenkonstellationen einer Gegenwart zu verstehen ist. Es geht um eine Strategie kultureller Krisenbewältigung, die Überlieferungsbestände für die Erfindung neuer Auslegungsangebote einsetzt. Rekursivität dient der Kontinuität einer Gegenwart, kann aber auch einen Traditionsbruch markieren, d.h. einen neuen Anfang setzen, der eine neue Kontinuität hervorbringt. Zur Rekursivität gehört daher ein je spezielles Verhältnis von Altem und Neuem, dieses wird nicht selten hinter der Maske jenes kaschiert. Mit rekursiv modellierten Ursprungskonstruktionen lassen sich Erlösungs- und Heilsmodelle entwerfen, die die Position einer bestehenden Institution unterstützen.

Bekanntlich hat der Begriff der Reformation endgültig seine allgemeine Bedeutung eines Veränderungs- als Wiederherstellungsprozess im 19. Jahrhundert verloren, als er historisiert wurde zur Bezeichnung der Epoche der Reformation. Spätestens seit dieser Zeit ist ›Reform‹ als Ersatzbegriff für Reformation in der allgemeinen Bedeutung von institutionell legitimierten Veränderungs-, Erneuerungs- oder Innovationsprozessen jeder Art in beliebigen gesellschaftlichen Feldern unstrittig.

Der von Martin Luther mit dem Anschlag seiner 95 Thesen gegen den Ablass am 31. Oktober 1517 ausgelöste reformatorische Prozess hat nicht nur von Anfang an auch durch visuelle Medien gewirkt, sondern man könnte geradezu die These wagen, dass er sich in der Öffentlichkeit als Bildprozess, als Kampf um die Bilder und ihre Deutungen durchgesetzt hat. Nimmt man nur die spektakulären Ereignisbilder wie den Thesenanschlag selbst als Gründungsereignis, das Streitgespräch mit Johannes Eck, den Junker Jörg, die Porträts Luthers aus seinen verschiedenen Lebensphasen, die Auftritte von Gegenspielern, antilutherische und antipäpstliche Flugblätter, die Erscheinung der Wiedertäufer, die Entfernung der Bilder aus sakralen Räumen, Luthers Eheschließung und Familie, die Rückkehr zahlreicher Nonnen und Mönche in den weltlichen Stand, nimmt man noch die Luther zugeschriebenen Schlüsselsätze zur Kennzeichnung des reformatorischen Prozesses hinzu (z.B. ›Hier stehe ich, ich kann nicht anders‹), so wird die Sequenzialität der konfessionellen Veränderung als Bildserie sichtbar.

Dabei ist festzustellen, dass die Ereignisbilder immer weitere Bereiche der Lebenswirklichkeit mit zugehörigen rituellen Formen und Bezügen reformatorisch transformieren, wobei die Referenz auf den Reformator zumeist gewahrt bleibt. In und zu den Ereignisbildern verdichtet sich die – in Anlehnung an eine Formulierung Erving Goffmans – ›Organisation protestantischer Erfahrung‹. Insgesamt trägt das reformatorische Bildprogramm mit seinen Ereignisbildern zu einem Kulturwandel bei: Während der Absolutheitsanspruch der katholischen Kirche mit allen seinen Implikationen kritisiert wird, versucht man auf protestantischer Seite Lebensgewissheiten aufgrund von Erfahrungen, Überprüfungen, Reflexivität und komparatistischen Ansätzen zu gewinnen.

Im vorliegenden Beitrag wird der Begriff Reform zur Bezeichnung jener institutionell legitimierten Veränderungsprozesse verwendet, die in einem beliebigen gesellschaftlichen Bereich die Umgestaltung einer aktuell praktizierten Verfahrensform bewirken sollen. Dabei ist diese Transformation an der Wiederherstellung oder privilegierten Er- bzw. Einhaltung einer nicht mehr ausreichend erkennbaren und anerkannten Norm wie Gerechtigkeit, Gleichheit von Chancen und Belastungen oder Selbstbestimmung orientiert. Es liegt auf der Hand, dass die Voraussetzung einer Reform darin besteht, dass die zuvor erfolgte interessengeleitete Analyse des betreffenden Verteilungssystems das Ergebnis eines Krisen- oder Konfliktpotentials erbracht hat. Demnach verläuft ein soziales Regelungsverfahren nicht (mehr) in der Art und Weise, die für eine bestimmte soziale Perspektive wünschenswert ist.

In einer solchen Situation können im Vergleich mit der als ursprünglich geltenden Norm Ungerechtigkeit, Unordnung, Unreinheit, Vermischung, wohl auch Benachteiligung diagnostiziert werden, allesamt Merkmale, die eine entsprechende Umgestaltung des Verfahrens nahelegen. Insofern mag Reform als Prozess von Reinigung, Entmischung und Depluralisierung erscheinen. Dabei soll die inkriminierte Situation so verändert werden, dass – gemäß den Interessen der Akteure – die ursprüngliche Norm wieder ›rein‹ wirksam sein kann. In der Regel wird der Öffentlichkeit ein Reformprojekt mit der Versicherung angeboten, langfristig ein konfliktfreies gesellschaftliches Segment zur Verfügung zu stellen, weil es ausschließlich durch die einheitliche Praxis der einen Norm gekennzeichnet sei. Als logische Struktur gibt sich ein ›entweder – oder‹ Modell zu erkennen, das eine strikte Grenzziehung zwischen zugehörig und nicht zugehörig vorsieht.

Abgesehen davon, dass Einheits- und Absolutheitsprinzip üblicherweise als Attribute des Göttlichen gelten, hat Ulrich Beck am Beispiel der Armuts- und Arbeitslosigkeitsdebatte für die Verteilungs- und »Gerechtigkeitsfrage« nachgewiesen, dass es »letztlich keine nationale Lösung für nationale Probleme mehr [gibt]. Deswegen sind Regierungen nur so lange attraktiv, wie sie noch nicht gewählt sind. [...] In der Preisgabe von Autonomie, das heißt: in der Kooperation mit anderen Staaten, liegt der Schlüssel für die Stärkung der nationalstaatlichen Souveränität gegenüber dem mobilen Kapital« (Beck in NZZ 4./5.11.2006). Übertragen auf die Reformdebatte heißt dies, dass Reformen prinzipiell nicht an ihr Ziel gebracht werden können, also scheitern müssen, weil sie per definitionem die Alternative, der sie ihre Existenz verdanken, wie einen Schatten niemals abschütteln können. Allerdings scheint gerade die Gewissheit des endgültigen Scheiterns die Unverzichtbarkeit und politische Bedeutung des Reformkomplexes auszumachen.

Keineswegs markiert eine Reform also das Ziel eines Handlungsprozesses, sondern stellt ein strategisches Mittel dar, das letztlich die Struktur der bestehenden Situation sichern soll. Es kann »Neues«, es soll aber nicht »auf neuartige Weise« (Bernhard Waldenfels) gesehen werden. Wird in einer latent krisenhaften Situation die Planung eines Reformprozesses proklamiert, so wirkt dies in der Regel als konfliktvermeidendes Mittel, weil die Beteiligten auf diese Weise in einen zielgerichteten Diskurskontext eingebunden werden, der Eindruck von Aktivität – später vielleicht als Aktionismus erkannt – und Dynamik entsteht, Zeit gewonnen wird und die je eigene Position profiliert und beworben werden kann. So gehören zum Reformprozess symbolische Handlungen, die sich auf dessen Referenzobjekt beziehen, wie z.B. erklären, begründen, differenzieren, widerlegen, aushandeln, kommentieren, resümieren, appellieren, deren Gemeinsamkeit in dem Versuch besteht, eine Perspektive öffentlich sichtbar zu machen, die die Geltung und Gültigkeit einer kulturellen Norm zu restituieren vermag. Dennoch scheint prioritär die Form der Selbstpräsentation der Akteure zu sein, ihre Glaubwürdigkeit hinsichtlich der Notwendigkeit, Machbarkeit und Zumutungen des Reformprojekts sowie ihre Loyalität gegenüber dem Kollektiv, dessen Integration und Kontinuität durch den Reformprozess gestärkt werden sollen. Damit deutet sich an, dass die Akzeptanz des Sachbezugs einer Reform wesentlich davon abhängt, dass bzw. ob die zweite Komponente des Reformbegriffs, seine Bedeutung als Rahmen eines bestimmten sozialen Restituierungsverfahrens akzeptiert ist. Ob ›Reform‹ als Rahmenbegriff (zu Rahmen vgl. Dücker 2007) akzeptiert ist, gilt unabhängig von einem konkreten Projekt und verweist vielmehr auf die Funktionsstelle Alteration: Besteht in einem soziokulturellen System eine Funktionsstelle für die Organisation des Wechsels von Statik in Dynamik? Geht ein Einzelner oder eine Gruppe ein Risiko mit dem Vorschlag ein, in einem bestimmten sozialen Feld einen Reformprozess einzuleiten? Welche Erwartungen, Reaktionen und medialen Aktivitäten löst die Selbstpräsentation im Namen der Präsentation eines ›Rahmenprojekts Reform‹ aus?

In ihrer Bedeutung als Handlungsrahmen stellen Reformen Übergänge oder Hilfskonstruktionen dar, die einen defizienten Ausgangspunkt in einen tendenziell krisenfreien funktionsfähigen Zielpunkt verwandeln sollen. Es geht um die durch die Anerkennung einer kulturellen Norm geleitete Bewegung von Hier nach Dort, von der Gegenwart zur Zukunft. Obwohl diese Bewegung vor allem einer bestimmten Gruppe mehr Verteilungsgerechtigkeit usw. verschafft, wird sie wegen ihrer konfliktvermeidenden Wirkung als Vorteil des gesamten Kollektivs ausgegeben.

So betrachtet, hat es die Untersuchung von Reformprozessen und allgemein von Alterationen primär mit der Frage zu tun, was durch das Mittel einer Reform jeweils erhalten oder wiederhergestellt werden soll. Unterstützt wird diese letztlich strukturkonservative Funktion von Reformen (Reform als Rahmen) dadurch, dass sie keine spontanen Bewegungen sind, sondern in aufwändigen, lange dauernden Planungsverfahren entwickelt und abgestimmt werden, dass die materiellen Veränderungen (Reform als Objekt) präzise ausgehandelt und festgelegt sowie erst zu einem schon weit im Voraus bestimmten Termin in Kraft gesetzt werden. (So hat das Bundeskabinett am 17. 10. 2007 beschlossen, das Gesetz zur Reform der Pflegeversicherung zum 01. 07. 2008 in Kraft zu setzen.) Nicht betroffen vom Bemühen um weitgehende Planungssicherheit ist die Tatsache, dass eine Reform in der Regel weitere Reformen (sogenannte Nachbesserungen) als Zugeständnisse an zunächst nicht angemessen berücksichtigte Interessengruppen zur Folge hat, was insgesamt zu einem anderen als dem geplanten Zielzustand führen und wiederum neuen Reformbedarf auslösen kann.

Gibt es Alterationen, die keine Reformen sind? Unterscheidet sich deren Visualisierung von der der Reformen? In diesem Zusammenhang sind spontan auftretende – emergente – bzw. kurzfristig inszenierte Ereignisse zu nennen wie Konversionsmitteilungen, Rücktritte von Funktionsträgern, die Enthüllung geheimer Informationen, auch Katastrophen wie die Zerstörung der Twin Towers in New York (11.09.2001) gehören dazu, die allerdings umfassende Reformprozesse zur Wiederherstellung der nationalen Sicherheit der USA vor Terroranschlägen auslöste. Die nicht geplanten Veränderungen finden häufig die zeitlich begrenzte Aufmerksamkeit von Skandalen. Aber auch geplante und organisierte Wandlungsprojekte ›von unten‹ wie z.B. die Leipziger Montagsdemonstrationen 1989 sind hier zu nennen. Regelmäßig wird ein politisches Veränderungspotential sichtbar gemacht, ohne dass dieser Reformdruck zu einer Form praktischer Umsetzung in politische Gestaltung führt.

Projektbegriffe wie z.B. Gesundheits-, Renten-, Arbeitsmarkt-, Steuer-, Bildungs-, Schul- und Hochschulreform zeigen, dass nicht nur jedes Politikfeld, sondern sogar bestimmte Partialbereiche zum Gegenstand gerichteter Transformationsprozesse werden können. Dabei ist der Radius des Adressatenkreises unerheblich; so betrifft eine Reform der Straßenverkehrsordnung tendenziell alle Menschen, eine Reform des Beamtenrechts nur eine einzelne Funktionsgruppe. Als Reformen werden auch jene Veränderungen bezeichnet, deren Zieldefinitionen einen institutionell legitimierten Wandel eines gesellschaftlichen Systems aufscheinen lassen. Dazu zählen z.B. die Föderalismusreform in Deutschland (vgl. APuZ 50/2006) und der am Begriff der »Eigenverantwortung« (Vougioukas in SZ 15.10.07) orientierte Umbau der chinesischen Gesellschaft, die damit auf den durch ihre Globalisierungspolitik bedingten ›Reformdruck‹ reagiert. Dass diese seit Jahren praktizierte Politik vor einer entscheidenden reformpolitischen Weichenstellung zu stehen scheint, ist zumindest die Meinung politischer Beobachter. So spricht Vougioukas von der »Reform der Reformen« – d.h. von Nachbesserungen – und einer Grundsatzentscheidung zwischen »Marktwirtschaft und Sozialismus«.

Als politische Interaktionsformen haben Reformen mehrere Teilnehmergruppen: Akteure, Adressaten oder Betroffene, die qua Repräsentanten zumeist bei den Akteuren beteiligt sind, und Beobachter, die auch zugleich Adressaten sein können. Insofern Reformen also öffentliche politische Handlungen sind, die wie auf einer Bühne (verschiedene Diskussions- und Entscheidungsforen) von verschiedenen Akteursgruppen vor Publikum (Experten, Lobbyisten und Journalisten als Kommentatoren und Multiplikatoren, Adressaten als Betroffene, Öffentlichkeit) auf der Basis der gültigen Spielregeln aufgeführt werden, um einen für alle Beteiligten akzeptablen Lösungsmodus auszuhandeln, haben sie am Grenzbereich von Theatralität und Ritualität teil.

Wer von einer bereichsspezifischen Reform spricht, eröffnet einen sozialen Zwischenbereich als Gestaltungsfeld. Er erweckt den Eindruck, als gebe es noch unerschlossene soziale Felder. Durch deren Bearbeitung nach eigenen normativen Vorstellungen soll das eigene Terrain entsprechend verändert werden. Weil dieser zum Umbau vorgesehene Zwischenbereich auch von anderen Terrains begrenzt wird, aktiviert und verbindet ›Reform‹ eine Vielzahl von Perspektiven. Ein Reformkonzept betrifft die ›Anlieger‹ unmittelbar und führt dazu, dass sie sich exponieren, sichtbar machen als Betroffene und Mitspieler. Damit zeigt sich der Begriff der Reform insofern als genuiner kulturwissenschaftlicher Begriff, als er auch zwischen den Disziplinen angesiedelt ist (vgl. Därmann 2007, 7ff.)und eine entsprechend interdisziplinäre Erarbeitung nahelegt.

In der langen Planungsphase mit diversen runden Tischen und Anhörungen von Experten, Lobbyisten und Betroffenen werden Reformmodelle durchgespielt, Kritik und Änderungen können berücksichtigt werden, ihr Status entspricht zu Anfang noch dem des theatralen ›als ob‹. In der Ausführungsphase werden die ausgehandelten Reformbestimmungen in soziale Wirklichkeit umgesetzt und haben Gültigkeit. Mit der am Übergangsritual entwickelten rituellen Grundstruktur teilt eine Reform das dreiphasige Schema: Diagnose der Veränderungsbedürftigkeit einer Situation bestehender Normalität unter Aktualisierung ihrer Normativität, Einleitung einer an der Normativität orientierten dynamischen Übergangsphase, Aushandlung und Etablierung einer modifizierten Normalitätsstufe.

4. Appellstruktur visueller Wissensangebote

So gehört zu den entscheidenden Voraussetzungen dafür, dass eine Reform von der Öffentlichkeit akzeptiert wird, neben ihrer sachlichen und sozialen Kompetenz eben auch ihr Vermittlungsmodus, will sagen ihre Visualisierung. Wer als politischer Funktionsträger von der Möglichkeit einer Reform spricht, setzt damit aufgrund der Funktionsstelle Alteration seinen projektbezogenen Visualisierungsprozess in Gang. Wie kann die Angemessenheit einer Reform bzw. Alteration z.B. für die Kontinuität einer Kultur oder die gesellschaftliche Modernisierung sichtbare Präsenz erhalten? Welche Funktion kann Visualisierung für die Interessentengruppe und für die Beobachter haben? Sind bestimmte Funktionen von Visualisierung gesellschaftlich anerkannt? Dass dem so ist, bestätigt nicht nur die aktuelle Politikforschung (vgl. Meyer 1998), sondern auch mehrere Fotochronisten begründen die Herstellung von Sichtbarkeit mit einer Programmatik der Aufklärung über geheime Geschichten und Mentalitätengeschichte.

So versucht die amerikanische Fotografin Taryn Simon »nach Orten zu forschen, die niemand kennt – außer vielleicht ein paar Fachleute«, um so den »amerikanischen Index des Versteckten und Unbekannten« zu erstellen. Sichtbar macht sie »geheime Kammern, Landschaften, Labore, Müllhalden oder Archive.« Es kommt ihr darauf an, »eine Brücke zu schlagen« zwischen »Expertenwissen und öffentlicher Bekanntheit« (Liebs in SZ 22./23.09.2007). Befindlichkeiten der Ordnung und Sicherheit sollen durch Sichtbarmachung der anderen Seite zunächst erschüttert und dann zu einer veränderten Einstellung motiviert werden.

Einen ähnlichen Appell zu Engagement gegen Gewalt, Elend, Schmerz, Indifferenz und Schweigen sollen die Fotos der italienischen Fotografin Letizia Battaglia haben, die sie von Opfern und Verletzten von Mafiaverbrechen macht (Battaglia in SZ 29./30.09.2007). Ebenfalls um eine Einstellungs- und Verhaltensänderung durch und zur Sichtbarkeit einer anderen Kultur geht es im Zusammenhang mit dem Bau von Moscheen in Deutschland. Jene müssten sich ändern, »die bereits das Sichtbarwerden einer anderen Kultur und Religion als Beeinträchtigung der eigenen Identität zu erleben meinen« (Siebler in SZ 17./18.02.2007).

Für Heribert Prantl sind es zwei zeitgeschichtliche Fotos, »die sich eingebrannt haben ins kollektive Gedächtnis: Das eine Foto aus dem Jahr 1970 zeigt Bundeskanzler Willy Brandt knieend vor dem Ehrenmal für das jüdische Ghetto in Warschau. Das andere, aus dem Jahr 1977, zeigt den Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer als Gefangenen der RAF« (Prantl in SZ 05.09.2007). Das erste Foto mache die Nachkriegsgeschichte mit ihren unaufgearbeiteten Komplexen sichtbar, es habe am Umdenken und an der Umgestaltung der deutschen Erinnerung an Nationalsozialismus, Krieg und Nachkrieg mitgewirkt. Das zweite Foto mache »ex post« sichtbar, dass »die selbstgewisse Moralität der Nachkriegsgeneration« sich selbst zerstört habe, »die Überheblichkeitspose gefror.«

Susan Sontag hat in einem umfangreichen Essay die Frage der Wirkung von Fotos diskutiert, die kriegsbedingtes Leiden dokumentieren. Obwohl sie die Unzweideutigkeit der appellativen Intention einräumt, dass diese Fotos bei den Betrachtern eine ablehnende Haltung gegenüber Kriegen und einer Politik bewirken sollen, die Krieg als Mittel nicht ausschließt, beschäftigt sie sich vor allem mit der Möglichkeit, dass diese Fotos auch anders verstanden werden können. Sie verweist darauf, dass »ein Foto nur über eine einzige Sprache [verfügt] und im Prinzip für alle bestimmt« (Sontag 2003, 27) ist. So könnten Kriegsfotos wegen ihrer großen Zahl keine Schockwirkung mehr haben, ein Gewöhnungseffekt könnte sich einstellen, die emotionale Aktivierung ausbleiben. Folge könnte eine Intensivierung des dargestellten Leids sein, dessen Höhepunkt jene Videos darstellen, auf denen Enthauptungen identifizierbarer Personen zu sehen sind. So stellt sie am Schluss ihres Buches noch einmal die zentrale Frage: »Gibt es ein Mittel gegen die so nachhaltig verführerische Wirkung, die vom Krieg ausgeht?« (Sontag 2003, 142).

Fotos, so zeigen es exemplarisch die vorgestellten Beispiele, gelten als Speicherstätten zeitgeschichtlichen, kulturellen, mentalitätsgeschichtlichen usw. Wissens und beanspruchen daher den Rang von Erkenntnismitteln. Es sind Faktoren, die etwas bewirken sollen. In diesem Zusammenhang unterscheidet Heimann folgende Formen des Wissens: »Das explizite, ich-ferne, begriffliche, semantische, algorithmisierbare Wissen, das man ›lerne‹ und dann ›habe‹. [...] Die zweite Form sei das implizite, intuitive, aber keineswegs irrationale Handlungswissen. [...] Die dritte Form des Wissens sei das bildliche Wissen«. Daraus entwickelt er drei Formen des subjektbezogenen Wissens: »Die unmittelbare Anschauung«, »das episodische oder autobiographische Wissen«, nur das was »einen emotionalen Wert« habe, bleibe erhalten, »was immer auch mit einem bestimmten Ort verbunden sei«. »Das heiße also, unsere Identität sei unsere Bildgeschichte« (Heimann 2005, 17).

5. Visualisierung und Wandel in fiktionalen Welten

Dass der Konnex von Sichtbarmachung sowie Sichtbarkeit und Veränderungen alle sozialen Bereiche betrifft und auch zum Verständnis ästhetisch-literarischer Weltauslegungsangebote dienen kann, sei am Beispiel einer Episode in Theodor Fontanes Roman Effi Briest gezeigt.

Als Effi nach ihrer Eheschließung zum erstenmal eine Nacht ohne ihren Ehemann im noch unvertrauten Haus verbringen muss, wacht sie mitten in der Nacht aus einem Traum auf und wird in der Dunkelheit von heftiger Angst ergriffen. Sie glaubt gesehen zu haben, dass ›der Chinese‹ durch ihr Zimmer geschwebt ist. Sie hat ein Bild im Kopf: Ein Ereignis ist eingetreten, zu dem eine Geschichte gehört, in der sie eine Rolle spielt, d.h. sie sieht sich selbst in diesem Bild. Daher ist es mit den Qualitäten von Unlust, Unordnung und Unreinheit ausgestattet, ein Purifikationsritual müsste die Reinheit und Ordnung von Effis Situation wieder herstellen. Deshalb verfügt sie Sichtbarmachung, damit sie sich ein Bild von der realen Situation machen kann, das das bedrohliche Erinnerungsbild in ihrem Kopf ersetzen soll. Sie klingelt nach der Hausangestellten, es wird Licht gemacht, der Hund Rollo kommt herein und bietet seine Nähe, in der Sichtbarkeit verliert sich die Angst.

Dass nicht nur die Einrichtung des Zimmers, sondern auch die aktuelle Lebenssituation Effis sichtbar geworden ist und von ihr reflektiert wird, verändert ihre Befindlichkeit von Grund auf. Sie kann ihre Umgebung wahrnehmen, sich ein Bild von der Situation machen, die sichtbare mit der unsichtbaren Situation, die aktuelle mit der vorhergehenden vergleichen und eine emotionale Bewertung vornehmen. Deren Ergebnis besteht darin, dass sie die sichtbar gemachte Situation akzeptiert, weil sie diese kontrollieren kann. Durch die Handlungsform Sichtbarmachung ist eine gegebene in eine erwünschte Situation verändert worden. Zwischen den beiden Bildern besteht ein Kausalitäts- und ein Konkurrenzverhältnis, das aktuelle ist durch das frühere bedingt und überwindet es zugleich. Weil sie das Zimmer überblicken kann, dessen architektonischen Aufbau sie auch ›im Schlaf‹ kennt, glaubt sie mehr zu wissen, als wenn sie im Dunkel geblieben wäre, die visuelle Information verschafft ihr Orientierung und Handlungsfähigkeit. Eine Bedrohung durch etwas Geheimnisvolles oder Unentdecktes besteht nicht mehr. Sicherheit, so läßt sich daraus schließen, kann ein Ergebnis von Sichtbarkeit sein. Auch weist diese über sich hinaus auf weitere Anschlusshandlungen; im Falle Effis ergeben sich Selbstpräsentationen, Bekenntnisse, Gespräche mit Innstetten und anderen.

Sichtbarmachung zeigt die Struktur eines interaktiven Prozesses zwischen einem Subjekt, das sie aufgrund einer Situationsanalyse veranlasst und einem Bezugsobjekt, sei dies eine Person, Handlungskonstellation, Situationseinschätzung oder eine Atmosphäre. Gewählt wird die Handlungsform Sichtbarmachung, weil sie in einer bestimmten Situation im Vergleich mit anderen Möglichkeiten für die zu bewältigende Aufgabe den größten Nutzen bei geringstem Einsatz verspricht. Es ist eine rationale Entscheidung. In der Regel soll durch die Herstellung von Sichtbarkeit eine Situation modifiziert werden, wobei es um eine Veränderung, Bestätigung, Überprüfung oder auch Verhinderung von möglichen Anschlusshandlungen gehen kann. Eine Situation soll für bestimmte Interessen beherrschbar werden, weil diese davon profitieren.
Indem Effi die Sichtbarmachung veranlasst, sorgt sie dafür, dass die beanstandete Symptomatik aufgehoben wird. Sichtbarmachung hat Merkmale einer Reinigungshandlung. Sie wird ausgeführt, um sich von etwas zu befreien und eine erwünschte Ordnung herzustellen. Es wird deutlich, dass Sichtbarmachung Teil einer Handlungsstrategie ist, dass sie den Merkmalen einer intendierten, womöglich auch programmatisch fundierten Handlungssequenz entspricht. Das Subjekt der Handlung bzw. der Auftraggeber will ein bestimmtes, nämlich sein Bild von einer Situation verwirklichen. Gemeint ist immer die Konstruktion spezifischen bildlichen Wissens, das für weitere Handlungen verwendbar ist.

6. Sichtbarmachung und Sichtbarkeit als Herrschaftsmittel

Wer bzw. was sichtbar ist, ist, so kann verallgemeinert werden, einerseits zumindest tendenziell berechenbar und daher nicht bedrohlich, Alterationen sind nicht zu erwarten. Andererseits kann jener, der sich sichtbar macht, gerade deshalb bedrohlich sein, weil er die Macht hat, sich sichtbar zu machen. Allerdings gilt auch, dass der, der sich sichtbar macht, sich angreifbar macht und bedroht werden kann. Vor diesem Hintergrund ist die Tatsache zu bewerten, dass Besuche von Politikern der am Krieg beteiligten Staaten im Irak und in Afghanistan in der Regel unangekündigt, abgeschirmt von medialer Aufmerksamkeit und auf anderen als den mitgeteilten Plätzen und Straßen stattfinden. In den letzten Kriegsjahren hat Adolf Hitler aus Sicherheits- oder Unsicherheitsgründen darauf verzichtet, sich anlässlich des Rituals des Marsches auf die Feldherrnhalle sichtbar zu machen (vgl. Dücker 2007a). Werden ein Einzelner oder eine Gruppe von Sichtbarkeit ausgeschlossen, kann das ein Hinweis auf ihre inferiore soziale Bedeutung sein. Auf jeden Fall ist die Verfügbarkeit über Sichtbarkeit als Herrschaftsmittel zu berücksichtigen.

In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass sich mit dem Projekt Sichtbarkeit unterschiedliche Interessen verbinden: Zum einen die Interessen derer, die Sichtbarkeit ›machen‹ können, um zu kontrollieren, sich zu schützen, sich im rechten Licht zu präsentieren oder auch um ihre Einflusssphäre auszuweiten, zum andern die Interessen jener, gegen die sich die ›Machung‹ der Sichtbarkeit richtet und die nicht in den Zustand Bedrohter, Kontrollierter oder potentiell Verdächtigter geraten wollen. Der in zahlreichen Städten geführte Streit um die Videoüberwachung öffentlicher Plätze, Straßen und Räume ist ein Beleg dafür. Um der Sichtbarkeit zu entgehen, meiden Passanten mitunter überwachte Zonen, sie verändern ihr Verhalten, weil sie Sichtbarkeit als Kontrolle und Verunsicherung deuten. In diesen Fällen bewirkt Sichtbarkeit Unsichtbarmachung. Es liegt auf der Hand, dass diese unterschiedlichen Interessenkonstellationen nicht oder nur annäherungsweise zu vereinbaren sind. Daher ist in Bezug auf die Handlungsform Sichtbarmachung zwischen einer Binnenperspektive des Subjekts oder Profiteurs und einer Außenperspektive des Objekts oder Betroffenen zu unterscheiden.

In seiner Untersuchung Überwachen und Strafen hat Foucault die programmatische Formel von Sicherheit durch Sichtbarkeit als Generator für die Anlage bestimmter Institutionen wie Gefängnisse, Anstalten, Klöster und Heime nachgewiesen. Wer über die Macht der Sichtbarmachung bzw. der Herstellung von Sichtbarkeit verfügt, ist denen überlegen, auf die sich diese Behandlung bezieht und die sichtbar gemacht werden sollen. Die einen agieren, die anderen reagieren. Insofern erweist sich Sichtbarkeit als Mittel sozialer Differenzierung. Ob jene, die Sichtbarmachung einsetzen können, auch ihre eigene Sichtbarkeit inszenieren, hängt von ihrer sozialen und kulturellen Funktion ab. Politiker, Herrscher, Stars oder Repräsentanten werden darauf nicht verzichten, dagegen werden es Mitarbeiter von Geheim- oder Sicherheitsdiensten vorziehen, unsichtbar, ›gesichtslos‹ zu bleiben. Wer oder was nicht sichtbar ist, ist kaum zu kontrollieren und zu beherrschen und auch nicht wiederzuerkennen.

Weiterhin gehört der differenzierte Einsatz von Sichtbarkeit zu den konstitutiven Faktoren des Heiligen. In der Regel sind heilige Räume den Blicken der Öffentlichkeit entzogen und nicht frei zugänglich. Zumeist verfügen nur ausgewählte Priester, Ritualspezialisten, Medizinmänner usw. über das Recht des unumschränkten Zugangs zu den heiligen Texten, zu Kultgegenständen und -orten sowie zum zugehörigen Wissen. So ist das Allerheiligste im Tempel Salomos, der Raum, in dem die Bundeslade aufgestellt ist, allein dem Obersten Priester sichtbar, und das auch nur ein einziges Mal im Jahr. Im Zusammenhang mit dem Heiligen hat man es mit einer Abstufung der Sichtbarkeit relational zur Position der Betreffenden in der Kulthierarchie zu tun. Aus der Sichtbarmachung leiten sich Zugehörigkeit und Zugänglichkeit ab. In jeder Religion sind es nur wenige, die zur Sichtbarmachung und unbegrenzten Sichtbarkeit berechtigt sind, d.h. die Handlungen ausführen, die über Stabilität oder Dynamik entscheiden können, während die Mehrheit als Zuschauer an den sichtbaren rituellen Handlungen teilnehmen. Ein Verzicht auf die Sichtbarkeitsregeln würde die Aufhebung des Heiligen bedeuten.

7. Visualisierung als wissenschaftlicher Gegenstand

Der umfassenden Bedeutung visueller Medien für jede Art von alltäglicher und fachspezifischer Kommunikation tragen wissenschaftliche Projektbegriffe wie symbolische Politik bzw. Bildpolitik oder »mediale Inszenierung von Sichtbarkeit« (Großklaus 2004, 10) Rechnung.

So geht das Projekt »Visuelle Politik« von folgender These aus: »Es ist die visuelle Dimension technisch-medial vermittelter Kommunikation, die so deutlich zur Dominanz drängt, dass die Rede von einem Paradigmenwechsel angemessen ist. Gemeint ist damit zunächst, dass die quantitative Ausweitung visuell dominierter Medien auch zu einer qualitativen Veränderung der ›Verständigungsverhältnisse‹ (Habermas) geführt hat« (Hofmann 1999, 7). Hofmann geht von einem »paradigmatischen Wandel von einer logozentrischen zu einer ikonozentrischen politischen Kultur« aus, wofür »der Zusammenhang von Sichtbarkeit, sozialer Kontrolle und Herrschaft naturgemäß eine herausragende Rolle« (Hofmann 1999, 8) spiele. Das Projekt widmet sich der Untersuchung visueller Politik am Beispiels des Films, wobei Fragen der Manipulation und der Repräsentativität der Darstellungen aber auch die Grundfrage ›Was ist ein Bild?‹ berücksichtigt werden. Gramelsberger weist auf Nelson Goodman hin, der den Begriff der Repräsentation durch den der Denotation ersetzt; gemeint ist die »Bezugnahme des Bildes auf etwas und zwar in der Weise wie auch eine Textpassage Bezug nimmt auf einen Gegenstand, den sie beschreibt – nicht abbildet« (Gramelsberger 1999, 62). Aber auch Gramelsberger überschreitet nicht die Kategorie des Bildes als materialisierte Form einer Abbildung. Großklaus (2004, 18) unterscheidet »zwei Realitäts-Ebenen« der Massendarstellung, »einmal auf der lokalen Ebene der (empirischen) Erst-Wirklichkeit, zum anderen auf der globalen Ebene der (medialen) Zweit-Wirklichkeit.«

Methodisch bleiben diese Arbeiten bei der Untersuchung solcher Bilder oder ›Massen-Events‹, die spektakuläre Ausprägungen und Inszenierungen politischer Ereignisse betreffen. Die zentrale Bedeutung visueller Kommunikation hat zum Entwurf neuer Wissenschaften wie Bildwissenschaft, Kulturbildwissenschaft oder Visual Studies geführt. In ihrer umfassenden Darstellung Cultural Turns widmet Doris Bachmann-Medick auch dem ›Iconic Turn‹ ein eigenes Kapitel. Demnach sind ›Turns‹ »keine akademischen Schulen, sondern Fokussierungen der Forschung, Perspektivenwechsel, bei denen sich inhaltliche Schwerpunkte zu methodisch signifikanten Untersuchungseinstellungen verdichten« (Bachmann-Medick 2006, 23). Der Iconic Turn sei seit den 1990er Jahren als »dezidierte Gegenbewegung zum Linguistic turn« wirksam, um »gegen den Logozentrismus der westlichen Kultur eine neue Aufmerksamkeit auf den Erkenntniswert von Bildern« zu fordern. Gekennzeichnet sei ein ›Turn‹ durch den »Umschlag von der Gegenstandsebene auf die Ebene von Analysekategorien«, d.h. dadurch, dass Bilder nicht mehr »als Objekte von Anschauung, Interpretation und Erkenntnis« gälten, sondern dass gefragt werde, »welche Fähigkeit Bilder und andere visuelle Erfahrungen haben, Wissen überhaupt erst zu formen. Statt um Erkennen von Bildern geht es immer mehr um Erkennen durch Bilder und Visualität; statt darum, Bilder zu verstehen, geht es eher darum, die Welt in Bildern sowie durch spezifische Kulturen des Sehens und des Blicks zu verstehen« (Bachmann-Medick 2006, 42). Weil aber die Deutung der Bilder nur sprachlich möglich ist, ist Bachmann-Medick (2006, 351) in ihrer Zurückhaltung gegenüber Positionen zuzustimmen, die von einer Ablösung der Dominanz von Sprache und Schrift durch das Medium Bild ausgehen.

Sichtbarkeit gilt in der Bildwissenschaft als Ergebnis der simultanen Aktivierung von »Wahrnehmen, Erinnern, Gefühle[n], Intentionen« (Heimann 2005, 16). Wenn Sichtbarkeit »eine kulturelle Matrix aus optischen Informationen, kognitiven Vermögen, Bedeutung, Selektion, Form, Nachricht, Gebrauch, Kontinuität« (Faßler 2002, 35) ist, dann lässt sie sich durch eine gezielte adressatenorientierte Strategie von Sichtbarmachung tendenziell herstellen. Das, was sichtbar gemacht wird, soll ausschließlich das sein, was gesehen und erinnert werden soll.

Literatur

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