Martin Heideggers Diktum eingedenk, dass das Wesen der Technik selbst nichts Technisches sei, findet Fischer die Grundlage seines Technikbegriffs in der Anthropologie Arnold Gehlens bzw. Helmut Plessners: Der Mensch sei aufgrund seiner »exzentrischen Positionalität« (Plessner), also der erreichten Bewusstseinshöhe bei gleichzeitig unzulänglicher instinktgesteuerter Vermittlung mit der Umwelt zu »natürlicher Künstlichkeit« (S. 30) gewissermaßen prädestiniert. Man werde der Technik also nur gerecht, wenn man sie als einen eigenständigen Bereich der Kultur ansehe. Den entscheidenden entwicklungsgeschichtlichen Moment sieht Fischer dabei im Übergang zur Sesshaftigkeit, als die Menschen nicht mehr nur von dem lebten, was sie ihrer natürlichen Umwelt entnehmen konnten, sondern begannen, diese an ihre Bedürfnisse anzupassen. Technisches Handeln ist also nicht allein durch eine besondere Methode gekennzeichnet, sondern auch durch den Zweck. Der Autor kritisiert den häufig unspezifischen, »metaphorischen« Gebrauch des Begriffs. Nicht jede menschliche Handlung sei technisch, auch wenn sie sich technischer Mittel bediene. Als Beispiel nennt er die Tätigkeit des bildenden Künstlers, der zwar mit Werkzeugen sein Material bearbeite, aber nicht zu dem Zweck, einen nutzbaren Gegenstand zu schaffen, sondern zur »Darstellung von Ausdrucksqualitäten und mitweltlichen Verhältnissen« (S. 61).
Auch wenn Technik in erster Linie als Einwirkung auf die Natur zum Zweck der Bedürfnisbefriedigung verstanden werde, bringe es die »natürliche Künstlichkeit« des Menschen mit sich, dass die technische Welterschließung in ihrer institutionalisierten Form das technische Handeln als »sekundären Selbstzweck« (S. 71) konstituiere. Damit ist gemeint, dass eine technische Handlung, beispielsweise die Bedienung einer Maschine, nicht unmittelbar der Erfüllung eines Primärbedürfnisses dienen muss. Institutionalisierte Technik erweist sich so als normsetzende Macht (beispielsweise wenn ein nicht fachgerechter Umgang mit der Technik als Dilettantismus Anstoß erregt).
Unter dem Stichwort »Gestaltungen des Technischen« diskutiert Fischer die Bereiche ›Werkzeug‹, ›Maschine‹, ›Medien‹ und ›Leben‹, die er zumindest teilweise auch als entwicklungsgeschichtliche Reihe ansieht, wobei er allerdings klarstellt, dass letzteres nicht erst seit Einführung der Bio- und Gentechnik der menschlichen Umgestaltung unterliegt, sondern bereits seit den frühesten Anfängen von Ackerbau und Viehzucht; immerhin sieht und benennt er auch die kritischen Aspekte der jüngsten Entwicklungen, wenn er »Leben als Teil der Technik« und »als technisches Mittel« beschreibt. Offen bleibt dabei allerdings, ob die »natürliche Künstlichkeit« des Menschen es überhaupt erlaubt, Alternativen zum bislang eingeschlagenen Weg der institutionalisierten Technik auch nur zu denken.
Ist bis hierher die anthropologische Perspektive vorherrschend, so greift Fischer bei der Explikation des Verhältnisses von Technik und moderner Gesellschaft auf die Analysen von Karl Marx, Helmut Schelsky und Jürgen Habermas zurück. Diese sind für ihn »aufgrund ihrer diagnostischen Tiefe und ihres hohen Problembewusstseins nach wie vor aktuell«(S. 175).
Den Abschluss des Buches bildet die Diskussion des Verhältnisses von Technik und Ethik. Zunächst untersucht Fischer, ob die zahlreichen »Bereichsethiken« (Bioethik, Medizinethik usw.) lediglich als spezielle Anwendungsfälle der allgemeinen Ethik betrachtet werden können. Dies hält er aufgrund der Institutionalisierung der Technik zumindest für problematisch, da Ethik sich stets auf das Handeln des Einzelnen beziehe. Dieser aber »erscheint immer schon als entschuldigt, wenn er im Horizont der vorgegebenen Institution und des etablierten Systems denkt« (S. 186). Er schlägt eine Systematik der Bereichsethiken vor und befürwortet die Einsetzung von Ethikkommissionen und ethischen Räten, um Technikbewertung und Technikfolgenabschätzung auf eine möglichst breite Legitimationsgrundlage zu stellen.
Neben der Frage einer Ethik für die Technik stellt sich ihm aber auch noch die nach einer durch das Wesen der Technik begründeten. Hierzu lautet sein Urteil: „Dieser philosophische Technikbegriff bietet anscheinend keinen Ansatzpunkt für eine Moral der Technik“ (S. 201), denn: „Technik und Moral erschließen verschiedene Bereiche der Gegebenheit der Welt“ (ebd.). Ob Technik, ihrem Wesen nach, moralisch neutral sei, mag er dennoch nicht eindeutig feststellen. Statt dessen erfolgt ein weiterer Rückgriff auf Heideggers technikkritische Äusserungen (die er einige Kapitel zuvor noch wegen dessen einseitiger Orientierung am Technikbegriff der griechischen Antike als »verfehlt« [S. 49] bezeichnet hat) um das globale Unbehagen, das viele technikskeptische und kulturkritische Äußerungen beherrscht, philosophisch/anthropologisch zu begründen.
Das Buch bietet als Einführungstext einige gute Ansatzpunkte, von denen aus es sich weiterzudenken lohnt. Ob ihm allerdings die Beschränkung auf die philosophischen Entwürfe Plessners, Gehlens und, was die symbolischen Formen angeht, Cassirers gut tut, ist doch sehr zu bezweifeln. So kommen weder die angelsächsisch-pragmatische noch die zeitgenössische französische Philosophie zur Sprache, obwohl gerade sie die schärfsten Waffen im Streit zwischen Befürwortern und Gegnern der technischen Entwicklung liefern.
Insgesamt ist das Kapitel Technik und Ethik der schwächste Teil des Buches. Obwohl der Autor es unternimmt, einen philosophisch-anthropologischen Technikbegriff zu explizieren, der sich zum Ziel setzt, der aktuellen Diskussion begriffliche Schärfe zu verleihen, werden ausgerechnet in dieser entscheidenden Frage utilitaristische Grundpositionen unreflektiert übernommen, etwa wenn Moral schlicht als »eine bestimmte Weise der Interessenvermittlung der Menschen« (S. 201) aufgefasst wird. Dadurch erscheint die Technik als ein Spezifikum der Gattung Mensch, während der Moral nur die Bedeutung einer – letztlich kontingenten – Interaktionsform der einzelnen Menschen zuerkannt wird. Diese Vorentscheidung bedürfte in einer »Philosophie der Technik«, die mehr sein will als eine argumentative Handreichung für Technokraten und Mitglieder von Ethikkommissionen, schon einer tiefergehenden Reflexion.
Zum Schluss muss noch ein wenig ersprießlicher Aspekt angesprochen werden, der nicht dem Autor zu Last gelegt werden, aber leider auf ihn zurückfallen kann: Noch nie ist mir ein derart schlecht lektorierter Text untergekommen. Zahl und Art der Fehler wären schon für ein Werk der Massenliteratur eine Zumutung, für ein wissenschaftliches Buch aus einer derart renommierten Reihe sind sie schlichtweg eine Schande. Oder sollen wir glauben, all die falschen Fälle, fehlenden Satzenden und vertauschten Buchstaben wären vom Autor beabsichtigt gewesen, heißt es doch bereits im Vorwort: »Ein kleiner Schritt zur Seite, ein wenig sprachliche Verfermdung [sic!], und schon leuchtet ein, dass Antworten auf die Fragen, wie die Technik die Entwicklung und das Handeln der Menschen und ihr Verhältnis zueinander bestimmt und verändert, sich großer Nachfrage erfreuen sollten« (S. 7).
Jörg Büsching