1. Vorbemerkung
Dieser Beitrag bietet weder eine Geschichte der jüdischen Autoemanzipation noch des Zionismus im engeren Sinn. Dafür sei auf umfassende Dokumentationen (Freund (2) 1912, Reinharz 1981, Höxter 1935, Kagan 2002) und detaillierte Darstellungen (Freund (1) 1912, Meyer 1997, Eloni 1987) sowie auf die große Zahl von Einzeluntersuchungen und -studien (z.B. Katz 1972, Shumsky 2013) verwiesen. Bis in die Gegenwart erweist sich der Forschungsbereich Zionismus – einschließlich der Studien zu Formen des Antisemitismus als Gegenposition – als unablässig produktiv, so dass die Forschungsgeschichte rezente Arbeiten mit neuen Fragestellungen (Herzig/Rademacher 2008, Nicosia 2012) verzeichnen kann. Allerdings kaum untersucht worden ist das Handlungskonzept der jüdischen Autoemanzipation, das als ein Entstehungsfaktor des Zionismus gelten kann und das überdies in negativer Kontinuität zur Emanzipation der Juden unter dem Aspekt ihrer rechtlichen Gleichstellung mit den Mitgliedern der Mehrheitsgesellschaft steht. Hier ist zu fragen, welche Konnotationen und Deutungen eine Handlungssequenz erhält, die als Emanzipation einer bestimmten Referenzgruppe gedeutet wird. Markiert Emanzipation Ergebnisse, Zielperspektiven und Prozesse, die zum definierten Ziel führen sollen? Welche Reaktionen werden in der Öffentlichkeit und bei Institutionen dadurch ausgelöst, dass eine Gruppe Emanzipationsbedarf für sich diagnostiziert oder ihr dieser zugeschrieben wird? Emanzipation als Interaktion zwischen gesellschaftlichen Gruppen mit anfänglich zumeist gegensätzlichen Interessen generiert bestimmte Formen des Sozialen, performative Sprechakte und praktisches Handeln, Phänomene, die zu untersuchen sind. Dafür ist es unerlässlich, die jeweiligen Referenzsituationen deskriptiv und analytisch zu berücksichtigen. So geht es in diesem Beitrag um Prozesse der jüdischen Emanzipation seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sowie um programmatische und strategische Differenzen zwischen dieser ersten Phase der Emanzipation und dem Handlungskonzept der jüdischen Autoemanzipation (Ende des 19. Jahrhunderts) als zweiter Phase.
2. Einleitung: Etymologie und Wortgeschichte von Emanzipation
Das Lehnwort Emanzipation ist aus lat. emancipatio ins Deutsche übernommen worden und hier spätestens seit dem 16. Jahrhundert nachweisbar; Vorlage des zugehörigen Verbs emanzipieren ist lat. emancipare. Im lateinisch-deutschen Schulwörterbuch von K. E. Georges (Leipzig 1907, 329) heißt es für emancipare: »I. aus der väterlichen Gewalt entlassen, für selbständig erklären; II. Im weiteren Sinne: 1) ein Kind aus seiner Gewalt in die eines anderen entlassen, jmdm. überlassen [zur Adoption, z.B.]. – 2. etw. förmlich abtreten, als Eigentum überlassen.« Als Termini des römischen Rechts bezeichnen emancipatio/emancipare, die förmliche, d.h. ursprünglich ausschließlich rituell vollzogene Entlassung eines Sohnes in die Mündigkeit bzw. Selbständigkeit (Volljährigkeit).
Demnach sind für den Vollzug der Emanzipation mindestens zwei Handelnde und eine unbestimmte Anzahl von Teilnehmern (Zuschauern) als Zeugen notwendig. (In Kluges Etymologischem Wörterbuch heißt es: »Emanzipation (< 16. Jh.). Entlehnt aus l. emancipatio, einem Abstraktum zu l. emancipare ›entlassen, für selbständig erklären‹, zu l. mancipare ›zu eigen geben‹ und l. ex-, zu l. manus ›Hand‹ und l. capere ›fangen, ergreifen‹. Das Bezeichnungsmotiv für das Verb mancipare liegt in der juristischen Prozedur, das förmliche Eigentumsrecht an einem Gegenstand durch Anfassen desselben in Gegenwart von fünf Zeugen zu erlangen. Die Gegensatzbildung dazu meint zunächst vor allem das Entlassen eines Sklaven oder Sohnes aus der Gewalt des Herrn bzw. Vaters (eine recht komplizierte Prozedur, bei der eine dreimalige mancipatio [Verkauf] an einen Vertrauensmann zu erfolgen hatte). Dann Verallgemeinerung der Bedeutung« Kluge 1995, 218f.) Das Handlungssubjekt verzichtet rituell bzw. juristisch formalisiert auf die Verfügungsgewalt über eine Referenzperson, die dadurch dem Akteur rechtlich gleichgestellt, d.h. selbst zum Handlungssubjekt wird. Demnach wird Emanzipation nicht erstritten, sondern gewährt, was die Veränderung des rechtlichen Status der einen (Zugewinn an Handlungsfreiheit des Emanzipierten) und des sozialen Status der anderen Person (Verlust an Handlungsmacht des Emanzipierenden) bewirkt. In Bezug auf Emanzipation bezeichnen die Zeitadverbien ›vorher‹ und ›nachher‹ unterschiedliche soziale Möglichkeiten, sie haben eine programmatische Dimension. Ziel jedes Emanzipationsprozesses ist, dass eine Minderheit ihren Sonderstatus, der sie in ihrer Andersheit sichtbar macht, durch Integration in die Rechte und Möglichkeiten der Mehrheitsgesellschaft verliert. So bedeutet Emanzipation auch die Nivellierung von Besonderheit, den Verlust einer überlieferten Identitätsbildung, für die die Opposition gegen die Mehrheitsgesellschaft konstitutiv ist. Demnach zielt Emanzipation auf das Eine und Gleiche, die Einheit einer Gesellschaft, anstelle der Vielheit des Verschiedenen. Jene, die auf die Emanzipation warten, wollen als gleichberechtigt in ›ihrer‹ Gesellschaft bleiben.
Dass ein Lehnwort in eine Sprache übernommen wird, verweist auf eine sprachliche Leerstelle, weil die Sache bzw. der Referenzgegenstand in der jeweiligen aufnehmenden Kultur nicht präsent war. Lat. emancipatio umfasst den rituellen Vollzugsprozess der rechtlichen Selbständigkeit als Übergang vom familienintegrierten abhängigen Leben eines Kindes zum allein verantwortlichen unabhängigen Leben eines Erwachsenen. Wegen dieser prozessualen und öffentlichen Dimension scheint das lateinische Wort deutschen Bezeichnungen wie Freilassung, Mündigkeit oder Gleichstellung überlegen, die die rechtswirksame Veränderung eher als punktuellen und wenig formalisierten Akt markieren.
Unter den Belegen des frühneuhochdeutschen Wörterbuchs findet sich folgender Satz aus dem Jahr 1527: »Balthasar von Nippenberg, der sein residentz gethan, emancipacion entricht, auch sein biennium wider complirt hat« (Goebel/Reichmann 2000, Sp. 331). Lateinisch biennium bezeichnet einen »Zeitraum von zwei Jahren« (Georges 1907, 117), in dem man sich für das Studium freistellen lassen konnte, wobei ›emancipation entrichten‹ offenbar die Bezahlung der dafür nötigen (Freistellungs-)Gebühr bedeutet. Im Fremdwörterbuch Teutscher Dictionarius (1571, 308) von Simon Roth findet sich folgendes Lemma, das eindeutig auf den Terminus des römischen Rechts verweist: »Emancipation, V[Ü]bergebung /von handlassung«. (Im Deutschen Rechtswörterbuch findet sich kein Lemma ›Emancipation‹. Unter ›Freilassung‹ in Bd. III, Sp. 787-788 finden sich drei Bedeutungen: »I. aus Gefangenschaft, II. 1 aus väterlicher Gewalt, 2 aus der Leibeigenschaft, Abhängigkeit; III Auflassung?«. Deutsches Rechtswörterbuch Bd. III. Weimar 1935-1938. - Für den Hinweis auf Simon Roth danke ich Frau Prof. Dr. Anja Lobenstein-Reichmann.) Im achten Band des Lexikons von Zedler werden unter dem Lemma Emancipatio ausgehend von der Erläuterung »Emancipatus heißt, der aus väterlicher Gewalt gelassen und in sein Eigenthum gekommen ist, ein frey gegebener Sohn« (Zedler 1734, Sp. 980) fast ausschließlich die Bedeutung des römischen Rechtsbegriffs und seine Veränderungen im Laufe der christlich geprägten Geschichte der Spätantike vorgestellt. Von zeitgenössischen Bemühungen um die Emanzipation der Juden ist keine Rede. (Zur Gesamtdarstellung der Juden in Zedlers Lexikon vgl. Riemer, der zum Ergebnis kommt, dass »ein großer Teil der Artikel [zum Thema Juden] sich ausschließlich oder überwiegend mit der Darstellung des antiken Judentums bis zur Zerstörung des Zweiten Tempels im Jahre 70 n.d.Z. auseinander« (Riemer 2013, 186) setzt.)Das »Lehnwort« Emanzipation ist »aus lat. emancipatio« übernommen und wird in der Neubearbeitung des Grimmschen Wörterbuchs mit »Freilassung« (1246) als allgemeinem Bedeutungsrahmen wiedergegeben. (In der Erstausgabe des Grimmschen Wörterbuchs von 1862 findet sich kein Eintrag ›Emanzipation‹.) Ein erstes Bedeutungssegment findet sich in »auf Selbständigkeit gerichtete Befreiung: Entlassung aus Leibeigenschaft, väterlicher Gewalt [und] Lösung von fremdem Einfluss« (1246). Der erste Beleg dafür datiert von 1599. Als zweites Bedeutungssegment wird genannt: »Herstellung der Gleichberechtigung benachteiligter Gruppen, Personen, […] jünger überwiegend die rechtliche, soziale und politische Gleichstellung der Frauen gegenüber den Männern« (1247). Während offen bleibt, ob die Emanzipation eher gewährt oder errungen wird, werden beim Verb emanzipieren eine transitive und eine reflexive, selbstbezogene Bedeutung unterschieden: »aus einem Abhängigkeitsverhältnis lösen. 1 jmdn unabhängig machen, von fremdem Einfluss befreien […] 2 refl. sich von äußeren Einflüssen, Ordnungen befreien, selbständig machen, jünger meist von Frauen gegenüber Männern« (1247). So können Individuen oder Gruppen andere Personen kraft Amtes, Machtbefugnis oder besonderer Beziehung emanzipieren, d.h. deren rechtlichen Status dem der Mehrheitsgesellschaft oder Dominanzgruppe angleichen oder gleichstellen, aber auch Minderheiten können sich durch entsprechende, zumeist wiederholte Handlungen selbst emanzipieren, um die Anerkennung ihrer Rechte durchzusetzen. Katz stellt fest, dass »the term ›emancipation‹ was not used in connection with Jewish affairs prior to 1828. I have found it, however, once in the form ›Emanzipierung‹ in a pamphlet of 1816 […] and a second time in the title of an English pamphlet dated 1821« (Katz 1972, 36f.). Als Beginn der Durchsetzung des Begriffs ›Emanzipation der Juden‹ gibt Katz die Debatte im Württembergischen Landtag vom Winter 1828 an, in deren Folge die Schrift Über das Verhältniss verschiedener Religionsparteien zum Staate und über die Emanzipation der Juden von Wilhelm Traugott König erscheint (Katz 1972, 37), in der dieser sich für die Emanzipation der Juden einsetzt.
Sanders (1854/1869) hebt für den transitiven Gebrauch von emanzipieren besonders die Dimension der Gewährung der Gleichstellung durch ein dazu legitimiertes Subjekt hervor, für den reflexiven Gebrauch dagegen das eigenmächtige, nicht institutionell legitimierte Vorgehen, die Dimension der sozialen Veränderung, des Traditions- und Normbruchs: »Emancipation (lat), […]: Emancipierung, -ieren, tr.: entknechten, zur Gleichberechtigung erheben; refl.: sich über die bestehenden Schranken oder Beschränkungen fortsetzen, so z.B. auch: Emancipierte Frauen« (Sanders 1969, 364).
Damit ergeben sich grundsätzlich zwei Komponenten als Voraussetzungen jedes Emanzipationsprozesses: Erstens hat die Gültigkeit eines ungleichen, hierarchischen Rechts- bzw. Machtverhältnisses zwischen zwei Positionen zu bestehen, z.B. zwischen Mehrheit und Minderheit, Älteren und Jüngeren, den Geschlechtern oder zwischen Vätern und Söhnen wie im römischen Recht, das emancipatio/emancipare als Fachtermini kennt und beide mit der Bedeutung ›etwas aus der Hand geben, auf etwas verzichten‹ der westlichen Tradition zur Verfügung stellt. Eine Seite ist durch Inklusion (Zugehörigkeit zur vollen Rechtsverfügung), die andere durch Exklusion davon gekennzeichnet. Zweitens kommt für die verallgemeinerte Bedeutung von Emanzipation hinzu, dass die Geltung der Hierarchie von der abhängigen bzw. exkludierten Seite nicht mehr anerkannt wird, weil für diese die alten Autoritäts- und Machtansprüche ihre Legitimation faktisch verloren haben. Mittels entsprechender Handlungen wird dies öffentlich sichtbar gemacht, um die rechtliche Inklusion durchzusetzen und den neuen Status gesetzlich zu kodifizieren. Dies gilt historisch für die Emanzipation »des Bauerntums, des Bürgertums, des Proletariats, der Sklaven, der Frau [und eben] der Juden« (Greiffenhagen 1972, 449).
3. Handlungskonzept ›Jüdische Autoemanzipation‹
Im Jahre 1882 erscheint anonym in Deutschland in deutscher Sprache die Originalausgabe der Schrift Autoemanzipation. Mahnruf an seine Stammesgenossen von einem russischen Juden. (Arno Herzig (2010, 40) zitiert Luwig Philippson, Rabbiner und Herausgeber der ›Allgemeinen Zeitung des Judentums‹, der 1850 »an die Mehrheitsgesellschaft gerichtet« schreibt: »Ihr emanzipiert die Juden nicht; sie selbst haben sich emanzipiert, ihr vollendet nur die äußere Emanzipation.« Arno Herzig: 1815-1933: Emanzipation und Akkulturation. In: Informationen zur politischen Bildung Nr. 307: Jüdisches Leben in Deutschland. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2010, 36-50. )Verfasser ist der russische Arzt Leon Pinsker (1821-1891), der sich zur Verbesserung der Lebensbedingungen russischer Juden an Juden in Deutschland und Westeuropa wendet. Als Reaktion auf Pogrome gegen Juden in Südrussland 1881 plädiert er für deren selbst organisierten Auszug aus Russland, wobei er auch auf die problematische Situation der Juden in Deutschland und anderen Ländern hinweist. Nicht entschieden wird die Frage des Ziellands; mögliche Siedlungsgebiete könnten bestimmte Staaten der USA, die asiatische Türkei, Palästina oder Syrien sein (vgl. Pinsker 1932, 26f.). Zugleich exponiert Pinsker sich mit seinem Appell zur Selbstemanzipation der russischen Juden nicht nur als zugehörig zur Bezugsgruppe dieses politisch pragmatischen Handlungskonzepts, sondern markiert dessen begriffliche Objektivation selbst geradezu als Akteur im neuen sozialen und politischen Prozess. Denn der Begriff ›Autoemanzipation‹ ist keineswegs theoretisch fundiert oder reflektiert, sondern zum einen gebildet in kritischer Distanz zum theoriegesättigten, aber als unzureichend geltenden Projekt der Judenemanzipation im 18. Jahrhundert ›im Namen oder aus dem Geist der Aufklärung‹, womit keine Substantialisierung eines Abstraktums gemeint ist, sondern Dichter, Philosophen, Philanthropen als Subjekte der Kampagne, zum andern aufgrund der realen Pogromerfahrung Pinskers. (»Zunächst ein Vertreter des Assimilationsgedankens, änderte er seine Überzeugungen unter dem Eindruck der Judenpogrome in Rußland zu Beginn der 1880er Jahre« [Schoeps 1998, 661; vgl. Roth 1958/59, Sp.1509f.]) Es ist ein pragmatischer Begriff, der die Befreiung von realer Benachteiligung nun ›im eigenen Namen‹ begründet und der zum Orientierungsappell einer traditionskritischen und interessengebundenen Gemeinschaftsbildung wird, um das traditionelle jüdische Selbstbild des »Dulder[s]« (Lessing 1984, 46) abzubauen. (Pinsker »recognized that emancipation, with its emphasis on the attainment of political and civil rights, might not offer a solution of the Jewish problem. As long as the Jews have no territory of their own, he felt anti-Semitism might persist. Pinsker left Russia in order to discuss his ideas with Jewish leaders in Central and Western Europe. But his plan met with disapproval everywhere. Adolf Jellinek, chief rabbi of Vienna and a close friend of his father, declared that Pinsker, who expounded his theories to him in March, 1882, was ›feverish‹ and that he needed medicine« [Landmann 1940, 537].) Wie Reform, Engagement, Demokratisierung sind auch Autoemanzipation und Zionismus Bewegungsbegriffe, deren Gebrauch aus der Perspektive des Subjekts ein Defizit in der gegebenen Situation indiziert und daraus einen gesellschaftlichen Prozess, die Dynamisierung je spezieller Autoritäts- und Machtverhältnisse ableitet, um einen in dieser Zwischen oder Übergangsphase definierten Zielzustand schließlich zu realisieren, womit das Ausgangsdefizit ausgeglichen wäre. (»Die Forderung nach Demokratisierung richtet sich gegen angeblich oder wirklich unbegründete oder nicht mehr genügend und überzeugend begründbare Herrschaftsverhältnisse, in radikalen Artikulierungen gegen Herrschaft überhaupt, die als vordemokratisches Relikt angesehen wird« [Messerschmid 1971, 4f.].) Daher handelt es sich bei den Verben emanzipieren /sich emanzipieren, wenn sie in der 1.Ps. Sg. oder Pl. Präsens von Betroffenen gebraucht werden, um performative Verben, die eine entsprechende Aktivitätsbereitschaft zur Selbstbestimmung ausdrücken. Schon der Hinweis auf die Notwendigkeit, sich theoretisch und praktisch emanzipieren zu wollen, wirkt als Faktor der Veränderung der Situation, weil er Akteure und Adressaten markiert. Auch kommt es nicht darauf an, ob die Deutung der realen Referenzsituation der Handlung sich emanzipieren wahr (zutreffend, berechtigt) oder falsch (unzutreffend, unberechtigt) ist, sondern darauf, ob die performative Handlung gelingt oder misslingt. Positionen, die die Handlung sich emanzipieren nicht zulassen, gelten als intolerant.
3.1 Exkurs: Zur ›ersten‹ Emanzipation der Juden
So ist der Selbstverständigungsrahmen der Handlungskonzeption ›jüdische Autoemanzipation‹ basiert auf die philosophischen und literarischen Aufklärungsdiskurse im 18. Jahrhundert mit deren Universalitätsthese von der natürlichen Gleichheit aller Menschen als Zentrum, was logisch folgerichtig Toleranz- und Emanzipationskonzepte zur Folge hat, die bis weit ins 19. Jahrhundert wiederholt und entfaltet werden. Dabei geht es fast ausschließlich um die Begründung und Forderung nach rechtlicher Gleichheit für alle dazu noch nicht zugelassenen und zugehörigen Personengruppen. Ziel ist, Gültigkeit und Geltung des Rechtssystems für alle in einem Staat lebenden Personen durchzusetzen. Minderheiten sollen von der Mehrheitsgesellschaft als rechtlich und gesellschaftlich gleichberechtigt anerkannt und behandelt werden. In der Praxis finden sich dagegen oft Zusicherungen von Privilegien für einzelne in Städten oder an Höfen wirkende Juden und ihre Familien aufgrund ihrer Vermögensverhältnisse oder anderer individueller Merkmale, während die Mehrheit der jüdischen Bevölkerung unterprivilegiert bleibt. Damit ergibt sich als Ausgangspunkt aller Emanzipationsforderungen die Diagnose eines individual- und gruppenrechtlichen Defizits, das durch den Emanzipationsprozess überwunden werden soll. (»Das Generalprivilegium [für Preußen] von 1750 hatte die Beschränkung der Ansetzung auf ein Kind übernommen und diese Maßnahme durch eine Fülle komplizierter Bestimmungen weiter ausgestaltet. Es hatte zwei Klassen von Schutzjuden unterschieden, die Klasse der ordentlichen und die der außerordentlichen. Nur die ordentlichen Schutzjuden sollten das Recht haben, ihr Schutzprivileg unter bestimmten Bedingungen weiter zu übertragen. Die außerordentlichen sollten lediglich für ihre Person Zeit ihres Lebens geschützt sein, ihr Privileg mit ihnen dahinsterben. Die Zahl der ordentlichen Schutzjuden sollte begrenzt sein und nur auf Grund einer besonderen Königlichen Kabinettsordre überschritten werden dürfen, die Zahl der außerordentlichen unbegrenzt bleiben. Die Weiterübertragung der ordentlichen Schutzstellen sollte in der Weise erfolgen, daß jeder ordentliche Schutzjude in der Regel das Recht haben sollte, ein Kind anzusetzen, und als dereinstigen Erben seines Schutzprivilegs heiraten zu lassen. Ein außerordentlicher Schutzjude durfte weder selbst heiraten, noch, falls er schon vor Erlaß des Reglements verheiratet war, ein Kind heiraten lassen. Auch den weiteren Kindern eines ordentlichen Schutzjuden war die Verheiratung im Inlande versagt« [Freund (1) 1912, 18].)
Angelegt sind die Konzepte Lessings, Mendelssohns, Dohms und anderer, auch philanthropischer, Dichter und Essayisten auf die staatsbürgerliche Gleichberechtigung der Juden im Rahmen der Mehrheitsgesellschaft, was in der Praxis oft die Form von Assimilation an diese Gesellschaft hatte, wobei die Taufe (»Entreebillet zur europäischen Kultur«, Heinrich Heine) als notwendige oder hilfreiche, aber nicht hinreichende Voraussetzung der Anerkennung völliger Gleichstellung des einzelnen jüdischen Bürgers galt. Insgesamt zielt die erste Emanzipationsphase darauf, die Juden als eigene nationale Gruppe mit entsprechenden Traditionen und zugehöriger Geschichte in der Mehrheitsgesellschaft aufzuheben. Dennoch bleiben aber auch getaufte Juden eben unter dieser Bezeichnung ›getaufter Jude‹ weiterhin als nicht zugehörig markiert. Überdies waren sie abhängig vom willkürlichen Entgegenkommen der Institutionen und Instanzen der Mehrheitsgesellschaft. Aus deren Sicht scheint diese Phase durch die inklusionsorientierte Deutungsfigur des sowohl (Deutscher) als auch (Jude) geprägt zu sein, mit der impliziten Erwartungsperspektive, dass die Juden langfristig nur noch Deutsche seien. Christian Wilhelm von Dohm (1751-1820) empfiehlt die Integration der Juden geradezu als demographische Maßnahme, um das Bevölkerungswachstum zu steigern.
Interessanterweise deutet Dohm, der den Begriff Emanzipation nicht verwendet, die Wirkung der üblicherweise als emanzipatorisch bezeichneten Gleichstellung der Juden mit einer Umkehrung der Bedeutung von lat. emancipatio als römischem Rechtsbegriff. Während damit die Freilassung des Sohnes aus väterlicher Gewalt gemeint ist, erwächst bei Dohm die Freiheit der Juden gerade aus ihrer Bindung an die Normen des ›nicht jüdischen Vaters‹, d.h. der deutschen Mehrheitsgesellschaft, was sie mit dieser rechtlich gleichstellen mag, aber nicht zu Selbstbestimmung aufgrund eigener nationaler Tradition emanzipiert. (Aus diesem Grund kritisiert Goldhagen Dohms Ansatz, vgl. dazu Kronauer 2000. )
Aus der modernen Perspektive des Zionismus erscheinen historische Versuche und Ergebnisse der Judenemanzipation im 18. Jahrhundert in der Zeit der Aufklärung (Judenordnungen, Konzeptionen der Selbstbestimmung durch Assimilation, Toleranzedikte: Kaiser Joseph II 1782, König Friedrich Wilhelm von Preußen 1812, vgl. dazu Freund (2) 1912) und der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hinsichtlich einer umfassenden und endgültigen Lösung der Judenfrage als unvollendet. Zwar haben die sukzessiven Ausweitungen der Rechtssicherheit wichtige Verbesserungen und umfassendere Teilhaben vor allem im Kultur- und Bildungsbereich sowie hinsichtlich einer freien Berufswahl gebracht, von der aus weitere Forderungen erhoben werden konnten. Dagegen reichten sie nicht aus, um die Zuschreibung grundsätzlicher Andersheit der jüdischen Nation gegenüber den Mehrheitsgesellschaften zu beseitigen.
Der jüdische Jurist Gabriel Riesser (1806-1863) stellt sich in seinen Veröffentlichungen zur Emanzipation der Juden mit seiner Berufung auf »die Idee der Humanität« in den Werken Lessings, Herders »und ihrer Jünger« (Riesser 2012, 103) ausdrücklich in die Kontinuität der Aufklärung. In der Vorrede zur ersten Auflage seiner Schrift Ueber die Stellung der Bekenner des Mosaischen Glaubens in Deutschland. An die Deutschen aller Confessionen (1831) heißt es:
Indem Riesser von der »Emancipation der Juden in Deutschland« spricht und sich ausdrücklich an »Menschenfreunde aller Confessionen« wendet, entwirft er ein ›deutsches Projekt‹, das Juden und Nichtjuden angehe, weil alle als Interaktionspartner betroffen seien. Damit und mit seinem Vorschlag, gemischte deutsch-jüdische Vereine zur Realisierung der Emanzipation zu gründen, geht Riesser über die ›bloß‹ philosophischen Emanzipationsmodelle der Aufklärer hinaus. Die Vereine sollen den institutionellen Rahmen des Emanzipationsdiskurses bilden, der die Selbstverständigung der Betroffenen in der Form eines zielorientierten offenen Gesprächs erlauben soll. Als Produkte dieser Gespräche ist die Erarbeitung von Thesen, Forderungen und Eingaben vorgesehen. Nach Riessers Verständnis generiert die Emanzipation die für ihren Erfolg erforderlichen Sozialformen (Vereinsgründungen) und wird damit zu einem gegenwartsbezogenen, im Alltag sichtbaren und daher auch lösbaren soziokulturellen Problem. So rahmt der Appell zum Einsatz für die Emanzipation als rechtliche Gleichstellung ›jetzt und hier‹ seine Ausführungen und bestätigt zugleich die defizitäre bürgerliche Erfahrung. Am Ende seiner schon zitierten Schrift heißt es: »Aber nach jenem Ziele bürgerlicher Freiheit müssen auch Alle, die sie schmerzlich vermissen, müssen wir Jüngeren insbesondere, die Söhne eines Jahrhunderts, dessen Athem die Freiheit ist, unablässig streben durch Wort und That« (Riesser 2012, 84). Weil die Emanzipation der einen grundsätzlich immer auch die anderen betrifft, kann die Emanzipation der Juden nur im Rahmen oder als Teil der Geschichte Deutschlands geschrieben werden.
In Jüdische Briefe. Zur Abwehr und Verständigung (1840/41) misst Riesser das weite Feld der ›Judenfrage‹ aus, indem er sich mit literarischen Texten und Äußerungen zahlreicher Autoren dazu kritisch auseinandersetzt, er spricht von »literarischem Streit« (Riesser 2012, 103f.). Dabei konstatiert er verbreiteten »Judenhaß« ohne bestimmten Inhalt, so dass eine Formel wie ›das Jüdische‹ gleichsam als Verselbständigung bestimmter antisemitischer Vorurteile und Stereotypen möglich wird, die dann als Verdikt auch auf nichtjüdische regimekritische Autoren angewendet werden kann und wird, wie z.B. auf die Autoren des ›jungen Deutschland‹ (Riesser 2012 139, 155). (Auch Jens Malte Fischer leitet in seiner Studie Richard Wagner. ›Das Judentum in der Musik‹. Eine kritische Dokumentation als Beitrag zur Geschichte des Antisemitismus. Frankfurt am Main/Leipzig 2000 die Formel ›das Jüdische‹ aus seinen Quellen ab. — Otto Glagau hatte 1879 »seine Vorstellungen auf eine knappe Formel gebracht: ›Die soziale Frage ist einfach die Judenfrage.‹ Die ›soziale Frage‹, also die Unruhe unter der Arbeiterschaft, wie sie in der wachsenden Stärke der Sozialdemokratischen Partei zum Ausdruck kam, beschäftigte die deutsche Öffentlichkeit zu dieser Zeit sehr.[...& Sobald die Judenfrage gelöst sei, würden sich alle anderen sozialen Fragen von selbst lösen« [Katz 1989, 269].) Theodor Lessing (1932) variiert die Formel ›des Jüdischen‹, indem er die Juden als »diesen allverwendbaren Sündenbock« bezeichnet (Lessing 1986, 420). Und Johann Eduard Erdmann erwähnt 1866 Bruno Bauers (1809-1882) Schrift Die Judenfrage, »in welcher er gegen das Geschrei nach Judenemanzipation auftritt, weil es eine Gedankenlosigkeit sei, zu fordern, daß die sich selbst ausschließen (das auserwählte Volk sein wollen) nicht ausgeschlossen würden. Die Juden hätten, um zu der völligen Freiheit, d.h. Religionslosigkeit, zu gelangen, viel mehr Schritte zu tun als die Christen, die nahe davor ständen« (zit. nach Barnikol 1927, 5).
3.2 Pinskers Konzept
Obwohl die bürgerliche Emanzipation der Juden in allen deutschen Staaten 1869 (Norddeutscher Bund) bzw. 1871 (Deutsches Reich) erreicht ist, obwohl die Juden damit die gleichen staatsbürgerlichen Rechte haben wie die Deutschen, bleiben sie – so Pinsker – dennoch »ein heterogenes Element, welches von keiner Nation gut vertragen werden kann« (5). Durch Assimilation an die jeweiligen nationalen Mehrheitsgesellschaften hätten sie sich »mutwillig ihrer eigenen Nationalität begeben« (7), sie haben »kein eigenes Vaterland, kein Zentrum, keinen Schwerpunkt, keine eigene Regierung« (6) und wollten dies auch nicht. Daher müsse, um die Judenfrage ein für allemal zu lösen, das Bedürfnis in ihnen geweckt werden, »dass sie eine Nation werden müssen« (7), dass sie sich selbst um ihre »nationale Wiedergeburt« (29) zu bemühen haben. »Das rechte, das einzige Mittel wäre die Schaffung einer jüdischen Nationalität, eines Volkes auf eigenem Grund und Boden, die Autoemanzipation der Juden, ihre Gleichstellung als Nation unter Nationen durch Erwerbung einer eigenen Heimat« (29). Volkov (1979, 523) deutet Pinskers Projekt als Folge der Einsicht, »dass nämlich die Emanzipation missglückt war«.
Dabei geht es für die Binnenperspektive der Betroffenen um die Erkenntnis der Notwendigkeit einer eigenen Identitätsbildung aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur jüdischen Nation und für die Außenperspektive um die Anerkennung des selbstbestimmten Handlungsspektrums einzelner als Angehörige eines nationalen Verbands, was letztlich die Staatsgründung der jüdischen Nation und die ›Erfindung‹ einer entsprechenden Tradition ›von unten‹ zum Ziel hat. Binnenintegration und Außenabgrenzung sind die notwendigen Komponenten. »Das ist ja das große Unglück unseres Stammes, dass wir keine Nation ausmachen, dass wir bloß Juden sind. Eine über den ganzen Erdboden zerstreute Herde sind wir, ohne schützenden und sammelnden Schäfer« (Pinsker 1932, 13). Die Funktion des »Schäfers« übernimmt zunächst nicht – zumindest nicht prioritär – eine Führer- oder Führungsfigur, sondern eine Orientierungs- oder Leitidee, eben die der Autoemanzipation, in deren legitimierendem Schutz als einer neuen Sozialform die in der Diaspora lebenden Einzelnen ihre Selbstverständigung als auf ein gemeinsames Ziel ausgerichtete Handelnde und damit auch ihre Sammlung betreiben können.
Weil Pinsker sein Projekt Autoemanzipation mit der Funktion ausstattet, die zum jüdischen Leben scheinbar natürlich dazugehörende ›Unordnung‹ – in Form von Diskriminierungen, Pogromen, Verdächtigungen, Heiratsbeschränkungen, Ausschließung von bestimmten Berufen usw. – in Ordnung zu transformieren, scheinen der Autoemanzipation und stärker noch dem Zionismus die Dimensionen von Erlösung und Heil zu eignen. Wenn damit eine Beziehung zum jüdischen Messianismus aufscheinen mag, so sind doch zwei fundamentale Differenzen zu beachten: Autoemanzipatorische Praxis widerspricht dem aus dem Messianismus folgenden »extremen Quietismus« (Katz 1993, 16) des Sozialverhaltens und sie bestimmt, dass die Erlösung in oder durch eine neue nationale Ordnung als ›idealer Zustand‹ in der nahen sozialen Lebenswelt zu erreichen sei, nicht – wie der Messianismus lehrt – erst ›am Ende der Tage‹. (Max Brod lehnt den »Asymptotismus« als »unendlich fortschreitende […] Annäherung an das Absolute« (Brod 1922, 91) ab. »Es ist eben so, daß die ›Einung mit Gott‹ nicht in der Ebene noch so anständigen Alltagslebens liegt. Das religiös Gute ist ein Herausspringen (Ekstasis), ein Wunder.[...] Widerspricht aber das Gesagte nicht dem ›Messianismus‹, der als zweifelloses Hauptelement des Judentums geradezu lehrt, daß eine Zeit der Erfüllung, des Gottesreichs auf Erden kommen wird?« Brod weist auf »zwei messianische Zeiten« hin: »als Erlöser von allem Übel [ist] der Messias […] für das ›Ende der Tage‹ verheißen, also für jene metaphysische Zeit, in der alle Zeit aufgehoben ist«, wird aber »die Messiaszeit als irdisch erlebbar gezeichnet«, bewirkt sie nur die »Behebung des unedlen Unglücks« (Brod 1922, 95), d.h. jenes, das von Menschen gemacht und also vermeidbar ist. Dagegen ist das »edle Unglück [die] Konfrontation des stückwerklichen Menschen mit der Absolutheit seiner Idee«. [Brod 1922, 32])
Weil für den »jüdischen Messianismus […] der Bezugspunkt [des idealen Zustands] in der Vergangenheit und auch der Schauplatz der künftigen Wiederherstellung ein konkreter Punkt auf der Erde [ist]: das Land Israel« (Katz 1993, 12), liegt die Kritik am Zionismus nahe, der genau diesen Ort als Terrain des nationaljüdischen Staats vorsieht. Um gemäß der Lehre des Zionismus die neue Ordnung durch entsprechende Praxis herzustellen, erscheint es folgerichtig, dass das Ich, das Subjektive, sich in der Entscheidung für die Einheit der Juden exponiert, um darin aufgehoben zu sein und zu werden. Die Einzelnen emanzipieren sich von systematischer sozialer Benachteiligung durch die Mehrheitsgesellschaft, sie emanzipieren sich zu Mitgliedern einer nationalen Gemeinschaft.
Von der Autoemanzipation führt ein direkter Weg zum politischen ›Zionismus‹ als nationaljüdischer Bewegung, entstanden »aus der Erfahrungswelt teilweise oder vollständig assimilierter Juden, die sich selbst als Teil und häufig sogar als Avantgarde der Emanzipationskultur betrachtet hatten« (Volkov 1979, 533). In der internationalen Politik ist die Konzeption ›Zionismus‹ seit 1890 durch Nathanael Birnbaums (1864-1937) Prägung des Begriffs als »Keim einer Volkserneuerung« (Lessing 1984, 23) wirksam. Wer sich auf den aktuellen Prozess Autoemanzipation beruft, kann sowohl vom historischen Erfahrungsschatz und den vielfältigen Traditionen des aus der Antike überlieferten Begriffs Emanzipation profitieren, als auch seine eigenen Interessen in Auseinandersetzung damit reflektieren, erkennen und handlungsleitend formulieren. Insofern generiert Autoemanzipation die für die jeweilige Lebenssituation gebrauchte Ausprägung des Sozialen relational zur Möglichkeit der Bildung eines jüdischen Nationalbewusstseins.
Hinsichtlich der historischen Emanzipationsphasen des Judentums ist sich Pinsker bewusst, dass sein Konzept der Autoemanzipation zum Beginn einer neuen Phase werden kann. Denn durch die aktuellen Pogrome sei deutlich geworden, dass
Pinskers erfahrungsfundierte These von der mangelnden Bereitschaft der europäischen Staaten und Gesellschaften, die jüdische Bevölkerung als gleichberechtigt anzuerkennen und zu integrieren, wird zur gleichen Zeit aus antisemitischer Perspektive in Deutschland zur Behauptung der Integrationsunwilligkeit der Juden verkehrt und wohl nicht zuletzt wegen der Befürchtung kultureller und ökonomischer Unterlegenheit zur Alternative zugespitzt, entweder Deutscher oder Jude sein zu können. (Die Prägung des Begriffs ›Antisemitismus‹ wird Wilhelm Marr zugeschrieben. »Im Februar 1879 erschien Wilhelm Marrs Schrift Der Sieg des Judenthums über das Germanenthum. Im Herbst des Jahres war sie bereits in zwölfter Auflage erschienen und damit zum ersten antisemitischen Bestseller geworden« (Katz 1989, 267). Zuvor schon scheint Marr – so vermutet jedenfalls Barnikol (1922, 18) – mit einer anonym erschienenen Schrift gegen Bruno Bauers christentumskritische Schrift Das entdeckte Christentum (1843) hervorgetreten zu sein: Das entdeckte und das unentdeckte Christentum in Zürich und ein Traum. [Bern 1843])
So heißt es in einer Rede des ›Hofpredigers‹ Adolf Stöcker vom 19. 9. 1879:
Ähnlich hatte schon Richard Wagner in seiner unter Pseudonym veröffentlichten Schrift Das Judentum in der Musik (1850) vor allem gegen Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) und Giacomo Meyerbeer (1791-1864) argumentiert, die wegen ihrer jüdischen Abstammung keinen angemessenen Zugang zur deutschen Kultur finden könnten. Daher heißt Wagners ›Er-Lösungsformel‹ »aufhören, Jude zu sein« (zit. nach Borchmeyer 2013, 26). Auch im ›Berliner Antisemitismusstreit‹ (1879-1881; vgl. Boehlich 1965, Krieger 2003) werden die bekannten Vorurteile gegen die Emanzipation der Juden wiederholt. Heinrich von Treitschke, dessen Aufsatz Unsere Aussichten (Nov. 1879) die Kontroverse auslöst, dekretiert:
Schließlich gipfeln Treitschkes Ausführungen in der Formel, die er als einheitliche Haltung des deutschen Bildungsbürgertums gleichsam zitiert: »Bis in die Kreise der höchsten Bildung hinauf, unter Männern, die jeden Gedanken kirchlicher Unduldsamkeit oder nationalen Hochmuths mit Abscheu von sich weisen würden, ertönt es heute wie aus einem Munde: die Juden sind unser Unglück!« (Krieger 2003, 14). Einen Höhepunkt erreicht die antisemitische Kampagne in der Folge von Treitschkes Aufsatz mit der »›Antisemitenpetition‹« [Der katholische Politiker Ludwig Windthorst (1812-1891) lehnt in einer Debatte im preußischen Abgeordnetenhaus (Nov. 1880) sowohl die »Antisemitenpetition« als auch die Möglichkeit ab, daraus politisches Kapital für christliche Parteien zu schlagen (Altgeld 1992, 48-52).] des »Gymnasiallehrers Bernhard Förster, […] deren Forderungen die faktische Aufhebung der Judenemanzipation zum Inhalt hatten« (Krieger 2003, XXIII) und die letztlich von »265.000 männliche[n] Reichsbürger[n] unterzeichnet [wurde], unter ihnen ca. 4.000 Studenten (19% aller Universitätsstudenten), die auf separaten Listen ausgewiesen waren. Die Petition wurde Bismarck am 13. April 1881 überreicht« (Krieger 2003, XXVII).
So haben die Vertreter von Autoemanzipation und Zionismus sich gegen antisemitische Angriffe auf der einen Seite und die Assimilations- und Säkularisierungstendenzen großer Teile der jüdischen Bevölkerung auf der anderen zu behaupten. Wie verbreitet und etabliert die Assimilationsorientierung vor allem im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts ist, zeigt sich an der Anpassung jüdischer Familien an die Sitten und Gebräuche des Weihnachtsfests ohne allerdings die Praxis der christlich-religiösen Dimension. Immerhin kann die Übernahme des Festablaufs als unausgesprochener Hinweis auf die Vereinbarkeit deutscher und jüdischerTraditionen gelten. Von zionistischer Seite wird auf diesen Ritualtransfer mit der Wiederbelebung des jüdischen Chanukka-Fests reagiert (vgl. Richarz 1999).
Obwohl Pinsker mit seiner zentralen These von der Notwendigkeit des Auszugs aller Juden weltweit aus ihren jeweiligen »Wohnländern« (Bodenheimer 1978, 16) und ihrer Sammlung in einem eigenen Staatsgebiet als neuer Heimat der jüdischen Nation gleichsam die Grundlagen und den Argumentationsrahmen des Zionismus gelegt hat, hinter den nicht mehr zurückzugehen ist, erreicht seine Schrift nur geringe Verbreitung. Bei seinem Tod (1891) sollen nur 200 Exemplare verkauft worden sein (Bodenheimer 1978, 63). Nicht zuletzt weil er auf die Situation der Ostjuden reagiert und die Symptomatik aus der erkenntnisleitenden Perspektive möglicher Strukturhomologie offenbar nicht genügend auf Deutschland und die westeuropäischen Juden vergleichend zuspitzt – so bleibt der Berliner Antisemitismusstreit 1879/1880 womöglich wegen dessen akademisch-universitärer Einhegung unerwähnt –, gewinnt das Deutungs- und Handlungskonzept Autoemanzipation für deutsche Juden erst in den späten 1880er und im Laufe der 1890er Jahre und dann zunehmend bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts existentielle Bedeutung als Parameter der Selbstreflexion, wobei eine Auswanderungswelle russischer und rumänischer Juden 1891 erfahrungsvermittelnd, erkenntnisleitend und entscheidungsfördernd wirkt. Eine ähnliche Wirkung hat die Dreyfus-Affäre (1894) in Frankreich auf jüdische Intellektuelle in Deutschland gehabt. Für die Gründungsgeneration des Zionismus diagnostiziert Lessing einen »negativen Zionismus« als bloße »Gegenwehr […] aus Trotz, aus Stolz, aus Helferwillen, aus Mitleid oder ganz gleich aus welchen reaktiven Gefühlen«, während »schon die nächste Generation zionistisch [war], weil sie jüdisch fühlte; nicht, weil sie sich als Juden verletzt fühlte« (Lessing 1984, 23). Dennoch ist es Lessing, der 1932 dekretiert: »Die jüdische Frage ist unlösbar«, weil sie vor »unvermeidliche Widersprüche« stelle, wie Zugehörigkeit zu zwei Nationen, »Zwischenglied zwischen Ost und West, zwischen Buch und körperlicher Arbeit, zwischen »Übervölkischem« und »begrenztem Volkstum« (Lessing 1986, 415).
In der folgenden Tabelle sind die Unterschiede zwischen der ersten Emanzipation und der Autoemanzipation als zweiter Emanzipationsphase aus jüdischer Sicht gegenüber gestellt:
Emanzipation
Orientierung an Ordnung der Mehrheitsgesellschaft (deren Traditionen, Werte usw.)
Rahmen: alle Menschen sind gleich, Rechtsgleichheit aller Menschen
Anerkennung gewähren
sein wie die anderen (Mehrheitsgesellschaft)
als einzelne in Mehrheitsgesellschaft aufgehen
Sprechakte im Rahmen der Konventionen
egenwartsbezogene Auslegung von Theorien und Traditionen
Akteure: ›Intellektuelle‹ im Namen der Aufklärung
Anerkennung bestehender Normen ›der Anderen‹
Bestätigung des traditionellen Selbstbilds
›Dulder‹ (Theodor Lessing)
Pluralität diffuser individueller Perspektiven
raumbezogene Persistenz
Kontinuität
Individuum
Autoemanzipation
Orientierung auf Gestaltung eigener Ordnung
(Erfindung eigener Traditionen, Werte)
Rahmen: Gleichberechtigung und Selbstbestimmung nur als eigene Nation (Staatsgründung)
Anerkennung erkämpfen, Selbstbefreiung
sein wie wir sind
den einzelnen als Kollektiv Stimme geben
Handlungsformen/Sprechakte zum Bruch der
Konventionen, Appelle zur Gründung neuer Institutionen
gegenwartsgestaltende Praxis und Praktiken
Akteure: alle Betroffenen von unten im eigenen Namen
Begründung interessenfundierter eigener Normen
Befreiung vom traditionellen Selbstbild, Schaffung eines neuen
kollektive Zentralperspektive: Staatsgründung
Mobilität zur Heimat
Neugeburt, -anfang
Nation
4. Autoemanzipation und zionistische Positionen
Besonders mit der Schrift des Kölner Rechtsanwalts Max Bodenheimer Wohin mit den russischen Juden? (1891), die eine Auflage von 55000 Exemplaren erreicht und Syrien als Zufluchtsland entwirft, beginnt die Programmatik nationaljüdischer Sammlung auf eigenstaatlichem Terrain zur realen Möglichkeit auch westeuropäischer und speziell deutscher Juden zu werden. In seinen diversen Veröffentlichungen zu diesem Thema konstruiert Bodenheimer einen auch mit der Situation der deutschen Juden kompatiblen Kontext und entsprechende Traditionen. Er argumentiert vor dem Hintergrund zahlreicher Staatengründungen im 19. Jahrhundert (vgl. Bodenheimer 1978, 16), weshalb der Zionismus als »Spätgeburt unter den nationalen Befreiungsbewegungen Europas« (Meier-Cronemeyer 1988, 23) bezeichnet wird, dem die Aufgabe zufalle, jene Folgen der bürgerlichen Emanzipation der Juden zu verändern, die darin bestanden, »ihnen als Individuen alles zu gewähren und ihnen als Nation alles zu verweigern« (Meier-Cronemeyer 1988, 23). Bodenheimer erinnert an die Schrift Rom und Jerusalem – die letzte Nationalitätsfrage (1862) von Moses Hess (1812-1875), den er in der Vorrede der von ihm herausgegebenen zweiten Auflage 1899 als »ersten Vorkämpfer der modernen zionistischen Idee in Deutschland« (Bodenheimer 1978, 33) bezeichnet, weil Hess ebenfalls die These vertritt, dass die echte Befreiung der Juden nur in nationalem Rahmen, nicht individuell erfolgen könne. In diesem Zusammenhang diskutiert Bodenheimer in einer weiteren Schrift Sind die russischen Juden eine Nation? (1891) die Frage, die in der Zukunft vielfältig kontrovers diskutiert wird, ob »die Angehörigkeit zu einer Nation […] die Vaterlandsliebe für ein Staatswesen ausschließt, in welchem die Mehrheit der Bevölkerung einer anderen Nation angehört« (Bodenheimer 1978, 37). Mit dem Hinweis, dass es niemals reine, nur gemischte Nationen gegeben habe und gebe, hält Bodenheimer die Loyalität gegenüber Deutschland und die Zugehörigkeit zur jüdischen Nation für vereinbar, allerdings nur unter der Prämisse, dass die Selbstverständigung der jüdischen Bevölkerung als nationaljüdische Minderheit nicht behindert werde, was vom gegenwärtigen Russland nicht zu sagen sei. So begründet Bodenheimer den Auszug der russischen Juden nach Syrien und entwirft dafür ein detailliertes finanz- und wirtschaftspolitisches Programm, das die Neusiedler vor allem als Landwirte vorsieht. Er fasst die einzelnen Bestimmungen in der Form einer Verfassung als »die Statuten der Colonial-Gesellschaft« (Bodenheimer 1978, 56) zusammen.
In den 1890er Jahren findet unter Berufung auf die gesellschaftliche Lizenz von Autoemanzipation und Zionismus ein intensiver selbstreflexiver Diskurs unter den deutschen Juden statt, der zur Gründung einer großen Zahl zionistischer Vereinigungen führt, was diesen Gelegenheit zur Formulierung programmatischer Erklärungen und Grundsatzentwürfe gibt, die sich durchaus unterscheiden. Für diese fundamentale Neuorientierung von unten, für die Akzeptanz einer zunehmenden Zahl einzelner jüdischer Bürger als Theoretiker autoemanzipatorischer Modelle, womit sie die Funktion von Multiplikatoren erfüllen, ist eine große Streuung in vielfältige gesellschaftliche Bereiche (jüdische Studentenvereine – vgl. Goldstein 1962, 4 –, Turnvereine, »jüdische Geselligkeitsvereine, hebräische Sprech- und Lesezirkel« vgl. Bodenheimer 1978, 229-231) und hinsichtlich der Regionen festzustellen, wobei Zionismus auf der Basis der Autoemanzipation insgesamt ein urbanes und intellektuelles Phänomen zu sein scheint. Finden sich dessen Vertreter doch vor allem in großen und mittleren Städten, besonders in Universitätsstädten. Volkov (1983, 336) spricht von der »Anziehungskraft, die Großstädte auf Juden ausübten. « Ländliche Regionen als zionistische Zentren sind praktisch nicht nachweisbar. Aber auch die Zeichen der Assimilation sind besonders in großen Städten sichtbar. Bodenheimer (1978, 92) bestätigt, dass in Berlin »die extremsten Auswüchse des Assimilationsjudentums zu Tage [treten], aber hier ist auch der Boden für unsere Sache durch den Verein Esra [Gründung 1884] in ganz vorzüglicher Weise vorbereitet.« Die Gruppen verarmter Ost- und Westjuden werden in speziellen Hilfsprogrammen der allgemeinen Entwürfe berücksichtigt.
»Auf dem Delegirtentag deutscher Zionisten in Frankfurt am 31. Oktober 1897« (Bodenheimer 1978, 229) wird ein »Agitationsplan« vorgestellt:
»I. Überall, wo eine hinreichende Anzahl von Zionisten vorhanden ist, dieselben als zionistische Ortsgruppe konstituiren und in stetem Contakte mit der deutschen Centrale bleiben.
II. Die Gründung eines zionistischen Pressbureaus in Berlin!
III. Durch Entsendung von Wanderrednern agitiren« (Bodenheimer 1978, 231f.).
Als Zugeständnis an die jüdische assimilationsbereite Mehrheit ist folgender Passus des Redners Dr. Schauer zu werten: »Wir müssen ferner den Gedanken der Gründung eines Judenstaates bei Seite lassen. Ich persönlich verstehe mich zu allen Consequenzen des Baseler Programms, auch wenn sie die Gründung eines souveränen jüdischen Staates betreffen, allein unsere deutschen Stammesgenossen perhorresciren diesen Gedanken bislang noch. Daher muss man ihnen erklären, dass unter der öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte nicht nothwendig ein eigentliches Staatsgebilde verstanden werden muss« (Bodenheimer 1978, 232f.).
Dennoch kann als besonderes Merkmal für das Interesse am Zionismus und dessen tendenzieller Akzeptanz das in Lexikonform aufgebaute Zionistische Merkbuch von Hugo Schachtel gelten, das »vom Aktions-Comite der zionistischen Organisation« herausgegeben wird und 1912 in »dritte[r], stark vermehrte[r] und verbesserte[r] Auflage« vorliegt. (Kollenscher 1912, Werbeseiten - In der Werbung heißt es weiter: »Tatsachen über die Zionistische Organisation. Ein unentbehrliches Vademecum für jeden Zionisten sowie für jeden an der Judenfrage und an den – Palästina-Bestrebungen interessierten Juden.« ) Als »Zentral-Organ der zionistischen Bewegung« bietet sich die Zeitung Die Welt an, die in Konkurrenz zur Jüdischen Rundschau steht, welche »das officielle Organ der Zionistischen Vereinigung für Deutschland zu sein« (Kollentscher 1912, Werbeseiten) beansprucht. Komplettiert wird das zionistische Netzwerk durch ein umfangreiches Buchprogramm über Palästina und die »jüdische Politik« im ›Jüdischen Verlag‹. Hinzu kommt der am 26. 12. 1912 gegründete ›Herzl-Bund‹, in dem mehrere seit 1907 entstandene lokale ›Herzl-Clubs‹ aufgehen (Goldstein 1962, 18-22).
Als Beispiel für ein zionistisches Grundsatzprogramm zitiere ich die »Thesen der nationaljüdischen Vereinigung Köln« von 1897, die im selben Jahr amtlich vom Kölner Polizeipräsidium bestätigt werden. Nicht nur der Zionismus ist damit legalisiert, auch die Mehrheitsgesellschaft wird so vom geplanten Traditionsbruch unterrichtet. Zu diesem Zeitpunkt, d.h. nach der Veröffentlichung von Theodor Herzls Judenstaat (1896) richtet sich die Argumentation fast ausschließlich auf Palästina als Zielland. »Palästina ist unsere unvergessliche historische Heimat. Dieser Name allein wäre ein gewaltig ergreifender Sammelruf für unser Volk« (Herzl 1978, 213). Die drei Thesen der Kölner Gruppe, die dem verabschiedeten Programm des Ersten Zionistischen Kongresses in Basel (1897) entsprechen, lauten:
II. Die staatsbürgerliche Emancipation der Juden innerhalb der anderen Völker hat, wie die Geschichte zeigt, nicht genügt, um die sociale und kulturelle Zukunft des jüdischen Stammes zu sichern, daher kann die endgültige Lösung der Judenfrage nur in der Bildung eines jüdischen Staates bestehen; denn nur dieser ist in der Lage die Juden als solche völkerrechtlich zu vertreten und diejenigen Juden aufzunehmen, die in ihrem Heimatland nicht bleiben können oder wollen. Der nationale Mittelpunkt für diesen auf legalem Wege zu schaffenden Staat ist der historisch geweihte Boden Palästinas.
III. Dieses Endziel muss sowohl durch die Hebung des jüdischen Selbstbewusstseins als durch zielbewusste praktische Thätigkeit vorbereitet werden. Als Mittel hierzu dienen:
a) Die Förderung der jüdischen Kolonien in Syrien und Palästina.
b) Die Pflege jüdischen Wissens und jüdischer Sitte (Literatur, Geschichte und hebräische Sprache).
c) Die Verbesserung der socialen und kulturellen Lage der Juden. (Bodenheimer 1978, 112)
I. Die Verbreitung der Kenntnis der hebräischen Geschichte, Sprache und Literatur unter den Juden.
II. Die Herstellung einer Einigkeit unter allen Bekennern des Judenthums ohne Unterschied zum Zwecke der gemeinsamen Verbesserung des Loses der Juden.
III. Die Verwirklichung der Idee der Colonisation Palästina's durch Juden.
IV. Die Schaffung eines einheitlichen Mittelpunctes für alle auf geistige Ausbildung gerichteten Bestrebungen in den zu gründenden palästinensischen Colonieen. Derselbe soll gewonnen werden durch die Herstellung einer Hochschule für die Erwerbung aller religiösen, wissenschaftlichen und practischen Kenntnisse (a. theologische, b. theoretische und c. technisch-agronomische Abtheilung).
§2. Die beiden ersten Ziele werden durch Vorträge, Besprechungen und Discussionen, wie durch Lehrkurse erreicht.)
§3. Behufs Erreichung des dritten Zieles kauft der Verein Land in Palästina an, wozu er die Mittel durch periodische Sammlungen unter seinen Mitgliedern erhält.« (Reinharz 1981, 10f.)
Im selben Jahr 1897 bekräftigt Bodenheimer, »dass wir trotz der Zerstreuung unter den Völkern immer als eine nationale Einheit betrachtet worden sind und dass hieran auch die sogenannte Emancipation nichts geändert hat« (1978, 178). Auf der Basis von Autoemanzipation und Zionismus ist die Absage an die Mehrheitsgesellschaft als Markierung eines Gleichstellungsdefizits möglich geworden und mit der veränderten Zielsetzung des Autoemanzipationsprozesses haben sich nicht nur die Mitwirkungsmöglichkeiten des einzelnen grundsätzlich verändert, sondern es ist auch eine distanzierte Einschätzung der ersten Emanzipation (»die sogenannte Emanzipation«) festzustellen. Dass diese kritische Perspektive sich fortsetzt, belegt Theodor Lessing, der in seiner Schrift Der jüdische Selbsthass (1930) zur Situation der Juden um 1750 formuliert, dass »die bürgerliche Emanzipation an ihnen vollzogen werden sollte« (Lessing 1984, 24), d.h. dass diese Emanzipation keine Befreiung, sondern eine verordnete Eingliederung in die Mehrheitsgesellschaft bedeutet. Dagegen fordert der Zionismus als Orientierungsangebot jeden einzelnen zur Entscheidung für oder wider die Gründung eines jüdischen Nationalstaats und seine Mitwirkung dabei sowie über die Bereitschaft, nach Palästina zu gehen, auf. Die zionistische Exklusionsstruktur entweder (Deutschland) – oder (Palästina) lässt auch die Enthaltung geschichtswirksam werden. Herzl schließt die »Vorrede« zum Judenstaat mit folgender Feststellung: »Es hängt also von den Juden selbst ab, ob diese Staatsschrift vorläufig nur ein Staatsroman ist. Wenn die jetzige Generation noch zu dumpf ist, wird eine andere, höhere, bessere kommen. Die Juden, die wollen, werden ihren Staat haben und sie werden ihn verdienen« (Herzl 1978, 199).
In diesem Zusammenhang überrascht es nicht, dass im zionistischen Diskurs der Jahrhundertwende als stereotyp zu jeder Veröffentlichung eine erfahrungsfundierte Begründung dafür gehört, wie und warum der Verfasser zum Zionismus gefunden hat; in der Regel wird dies in der Einleitung mitgeteilt. In zahlreichen Broschüren geht es um die Entscheidung zur Gründung einer neuen Welt als Befreiung von alten Organisationsstrukturen und Traditionen sowie als freie Bindung an das zionistische Projekt. (Kann das zionistische Projekt der Gründung eines nationaljüdischen Staates unter dem Programmbegriff einer neuen Welt gesehen werden, von der Erlösung, Heil und Herstellung von Ordnung erwartet werden, so ergeben sich interessante Bezüge zu literarischen Weltauslegungsangeboten dieser Zeit, die eine ähnliche Konfliktkonstellation zeigen. Zionistische und literarische Projekte zielen auf die Konstruktion neuer Welten durch Auszug und Aufbauarbeit entgegen den historischen Avantgarden, für die die Destruktion als Mittel zur Herstellung neuer Welten prioritär zu sein scheint. Alfred Kubins (1877-1959) Roman Die andere Seite ( 1909), Alexander Moritz Freys (1881-1957) Roman Solneman der Unsichtbare (1914), die große Zahl der ›Jesus‹-Romane (vgl. Dücker 2003), um nur diese Beispiele zu nennen, verbinden den Auszug aus einer in Unordnung geratenen Welt – Defiziterfahrung – mit der Erlösungsprogrammatik und der Herstellung neuer Ordnung, wenn es gelingt, eine nicht zu überwindende Grenze zur alten Welt aufzubauen. Allerdings scheitern die literarischen Sozialversuche, weil sie auf die Kommunikation mit der alten Welt angewiesen bleiben, weil sie keine dauerhaft funktionierenden sozialen Institutionen und Strukturen aufbauen. Auch in Herzls Roman Altneuland (1902) erweist sich die private neue Welt auf der Insel als nicht lebensfähig, wohl aber die zionistische Staatsgründung in Palästina. Im Nachwort an seine jüdischen Leser prägt Herzl (1978, 193) die Formel: »Wenn ihr aber nicht wollt, so ist und bleibt es ein Märchen, was ich euch erzählt habe«.)
Begründet wird die Notwendigkeit autoemanzipatorischen Handelns in der Regel mit dem erfahrungsfundierten Gestus einer Defizitmarkierung. Bodenheimer schreibt in seinen Erinnerungen:
Herzl beginnt seine Broschüre Judenstaat (1896), für deren Veröffentlichung er Pinskers Schrift nicht gekannt hat (Landmann 1940, 538), mit folgender Erklärung:
Elias Auerbach führt auch intellektuelle Erfahrungen an:
Richard Lichtheim wählt als Kapitelüberschrift für jene Abschnitte, in denen er seine Wendung zum Zionismus erzählt »Geschichte einer Bekehrung« mit der zentralen »Erkenntnis«:
In Herzls Roman Altneuland (1902) ist es die Erfahrung der beruflichen Aussichts- und der bürgerlichen Perspektivelosigkeit junger jüdischer Akademiker, die den jüdischen Protagonisten Friedrich Löwenberg auf Anregung eines zivilisationsmüden deutschen Adeligen, der den englischen Namen Kingscourt angenommen hat, zum Aufbruch aus der europäischen Zivilisation zu einer Insel in der Südsee veranlassen, wo Kingscourt sich eine eigene, private Welt aufgebaut hat. Für die Fahrt mit der Yacht Kingscourts dorthin schlägt dieser einen kurzen Besuch im »Vaterland« (38) Löwenbergs, in Haifa, bzw. Jaffa vor. Auf wenigen Seiten werden erste Ansätze der Modernisierung der Lebensformen dort beschrieben. Den Hauptteil des Romans nimmt Löwenbergs Besuch in Haifa zwanzig Jahre später, im Jahre 1923, ein. Herzl gestaltet die im Judenstaat entworfenen Lebensformen als Ausdruck der Moderne, womit er die Distanz zum jüdischen Messianismus vertieft. Technische Infrastruktur, ein ausgedehntes Verkehrsnetz, Krankenhäuser, Schulen, Bildungseinrichtungen, mechanisierte Formen der Landwirtschaft, rationale Formen der Kommunikation und Finanzwirtschaft bieten allen Bürgern einen auskömmlichen Lebensstandard.
Nach der Diagnose einer subjektiven Defiziterfahrung geht es in der zweiten Phase um die Frage, was sein soll und wie die Realisierung dieser Programmatik erreicht werden kann. Die Lösung bietet das Bekenntnis zum Zionismus.
Eindringlich macht Auerbach deutlich, dass Autoemanzipation eine Methode darstellt, sich von einer Ordnung loszusagen, um sich zu einer anderen zu bekennen. Daher braucht Autoemanzipation ein Adjektiv wie ›jüdische‹ oder ein Genitivattribut wie ›Autoemanzipation der Juden‹.
Für Herzl und andere ist – als dritte Phase des Ankommens in der neuen Ordnung – für das Gelingen der Staatengründung in Palästina das Merkmal der repetitiven Aktualisierung der zionistischen Idee konstitutiv. »Niemand ist stark oder reich genug, um ein Volk von einem Wohnort nach einem anderen zu versetzen. Das vermag nur eine Idee. Die Staatsidee hat wohl eine solche Gewalt« (Herzl 1978, 205). In diesem Zusammenhang gibt Herzl dem Zionismus als Rahmen der Aushandlungs- und Übergangsphase zum eigenen Staat eine konstitutive Funktion: »Der Zionismus ist die Heimkehr zum Judentum noch vor der Rückkehr ins Judenland« (zit. nach Lichtheim 1970, 69). Für diesen Staat sollen die Möglichkeiten der modernen Technik genutzt werden, so dass viele seiner Bürger eine ganz konkrete Verbesserung ihrer bekannten Wohnverhältnisse erlebten. Unter der Überschrift »Die Jewish Company« entwirft Herzl »Grundzüge« dieses Staates mit Abschnitten zu »Immobiliengeschäft, Der Landkauf, Arbeiterwohnungen, Die ›Ungelernten‹ Arbeiter (Unskilled Labourers), Der Siebenstundentag, Die Arbeitshilfe , Der Marktverkehr, Industrielle Anregungen, Ansiedlung von Facharbeitern, Die Geldbeschaffung, Die Verpflanzung, Die Gruppenwanderung, Stadtpläne, Das Phänomen der Menge, Unser Menschenmaterial, Sprache, Gesetze, Die Fahne«. Ähnlich aufgebaut sind Bodenheimers »Statuten der Colonial-Gesellschaft«.
So ergibt sich für den Prozess der jüdischen Autoemanzipation eine dreiphasige Verlaufsstruktur, deren einzelne Stationen an die Verlaufsform des Übergangsrituals (rite de passage) in der grundsätzlichen Beschreibung Arnold van Genneps erinnern mögen.
1. Defiziterfahrung und Selbstreflexivität zur Diagnostik der jeweiligen Situation (Unordnung) als Ausgangssituation einer Veränderung (Ordnungsherstellung).
2. Entscheidung über notwendige und mögliche Gegen- oder Korrekturmaßnahmen im Rahmen einer Zielbeschreibung, Entwurf zu deren Umsetzung. Spätestens in dieser Phase erfolgt das Bekenntnis zum Zionismus.
3. Realisierung des Ziels als offener Prozess.
4.1. Jüdische Gegner und Kritiker
Selbstverständlich hat das Konzept Autoemanzipation / Zionismus auch jüdische Kritiker und Gegner gefunden. So wendet sich die Gruppe der ›Protestrabbiner‹ gegen die ihrer Einschätzung nach religionsneutrale Orientierung des Konzepts und seine Missachtung des Messianismus, wenn das Ideal schon im Alltag des Nationalstaats verwirklicht werde. Assimilierte und geschäftlich erfolgreiche westeuropäische Juden weigern sich, auf ihre bürgerliche Anerkennung und ihren Besitz zu verzichten und ›in die Wüste‹ zu ziehen. Von kosmopolitischer Seite heißt es, dass es nicht sinnvoll sei, einen eigenen Staat zu gründen, wenn die Welt dabei sei, zusammen zu wachsen. Max Kollenscher versteht seine Broschüre Zionismus oder liberales Judentum (1912) als »selbständige[n] Beitrag zur gegenwärtigen Parteiung im Judentum« (Kollenscher 1912, Vorwort). »Der Zionismus hat Juden der ganzen Welt auf nationaler Grundlage organisiert. […] Der Kampf gegen den Zionismus ist ebenso alt wie der Zionismus selbst« (7). »Der jüdische Liberalismus hat nur einen feststehenden unbedingten Programmpunkt, den Kampf gegen den Zionismus« (8). Liberalismus »ist die organisierte Assimilation« (8), was Kollenscher dann an Beispielen nachweist. Hans-Joachim Schoeps bezeichnet im Briefwechsel mit Max Brod den Zionismus wegen dessen Politik der Landnahme als »eine Spätblüte des westeuropäischen Imperialismus, der selber wieder säkularisierter abendländischer Reichsgedanke ist. Der Zionismus ist keine religiöse Bewegung; die Konzeption des jüdischen Volkes säkularisiert sogar das Religiöse« (5. Aug. 1932, S. 74). Schoeps hält den Zionismus für ein Verbrechen am Judentum […], seine humanitär-ethische Verwässerung allerdings nur für eine Albernheit« (27. 7. 1933, S. 80). »Die Erlebnisinhalte, die man haben muss, um Zionist zu werden, sind mir nie zuteil geworden und das, was mir völkische Verwurzelung gibt, liegt Ihnen fern« (74). Am 25. Juni 1933 schreibt er an Brod: »Ich verstehe die Instinktlosigkeit der Prager Zionisten nicht, mit der sie deutsche Juden, die um ihr Recht und ihren Anteil am deutschen Vaterland kämpfen, durch ironische Bemerkungen verächtlich machen können. Dass wir keine Nazis sind und als deutsche Konservative im totalen Staat einen schweren Stand haben und aussichtslosen Kampf kämpfen wissen Sie ja« (78). [Vgl. Schoeps radikale Ablehnung des Zionismus als »nationalistischer Seuche« im Brief an Ben-Chorin vom 18.3. 1950: »Zionisten wie Nazis sind völkische Bewegungen, die von unten her Staat aufbauen wollen« (56). Ben-Chorin (22.08. 1951) erwartet eine Neufassung des Baseler Programms von 1897 auf dem »23. Zionistenkongress« in Jerusalem 1951: »Der Zionismus erstrebt die Erlösung des Volkes Israel durch Sammlung seiner Zerstreuten im Lande Israel und die Stärkung des Staates Israel« (67). Schließlich formuliert Ben-Chorin (11.02.1971) folgende Alternative: »Die aktive Bereitschaft für Deutschland läßt keine Mitarbeit an der Ewigkeit Israels mehr zu« (101).]
Zum Abschluss noch eine aktuelle Nachricht. Die SZ vom 30. 08. 2013 meldet, dass Israel noch einmal eine Gruppe äthiopischer Juden (Falaschen) aus der Diaspora aufgenommen habe. Damit sei dieser Prozess abgeschlossen.
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Windthorst 1812-1891. Christlicher Parlamentarier und Gegenspieler Bismarcks. Begleitbuch zur Gedenkausstellung aus Anlaß des 100. Todestages. 2. Aufl. Hg. vom Landkreis Emsland und der Ludwig-Windthorst-Stiftung. Meppen 1992, 48-52.
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