Büchertagebuch
Rainer Paris: Gender, Liebe & Macht. Vier Einsprüche, Waltrop und Leipzig 2008
›Selbstbornierung‹ wird endemisch, wenn sie ins Geflecht staatlicher Förderprogramme gerät. Was, fragt sich der nüchterne Zeitgenosse, hat sie dort verloren? Der Fanatismus des Antifanatismus gebiert Ungeheuer der praktischen Vernunft, allein schon deshalb, weil die theoretische schweigt oder ihre Dienste zum Nulltarif anbietet. Fanatisch antifanatisch gebärdet sich nur, wer den Hass von der Pike auf gelernt hat und endlich mitmischen will. In der Regel dürften das Leute sein, die irgendein Regierungssiegel für ihr Tun brauchen, überschießende Sympathisanten des aktuellen ›Regimes‹, irgendeines, nur nicht der offenen Gesellschaft, in der jedes ›Regime‹ sich verläuft, weil gerade darin das Bewegungsgesetz der Freiheit besteht. Frage: Welche Regierung lässt sich diese wirklichen, weil versteckten Feinde der Freiheit gefallen? Wie weit geht das Gefallen? Schließlich: Wie naiv ist dieses Gefallen? Weiß die Regierung, auf welches Spiel sie sich einlässt? Es gibt eine Naivität der gewähnten Gleichheit der Ziele, die über die Wahl der Mittel hinwegsehen lässt, jedenfalls eine Zeitlang. Manch einem wird diese Zeit lang, zu lang vielleicht. Das ist die Zeit, in der das Nachdenken über die Ziele (oder vielmehr: das Ziel hinter den Zielen) einsetzen sollte.