Büchertagebuch
- von Thomas Körner
Notiz
Während die Anderen durch die neuen Verhältnisse in ihrem Verhalten in die einzig verbliebene Richtung gedrängt wurden, fand in mir zwar ebenfalls der alchymische Prozess der Umwandlung statt, aber mein Bestreben nach außen war, mich innerhalb des geschlossenen Systems möglichst aus dem Retortenversuch und der Retortenentstehung der Anderen herauszuhalten – innerhalb der Vakuole zwar, doch nicht Teil des Umformungsprozesses, der in dieser stattfand, sondern der in mir stattfand – und das hieß von Anfang an, möglichst keine oder nur unvermeidbare gesellschaftliche Verhältnisse einzugehen...
Die Freiheit in der Beschränkung, die mir verblieb, war ihrer Art und ihrem Genuß nach um vieles größer als die, welche mir aus dem Nachgeben an die Verführung und die Versuchung erwachsen wäre – dem Angebot einer unlauteren Sicherheit, nicht gewonnen, sondern verspielt, verflossen, aufgelöst...
Damals habe ich den Grundstein zu mir und meiner Arbeit gelegt. Ich begab mich in die Wildnis meiner Unabhängigkeit, sammelte die Bruchstücke einer zertrümmerten Freiheit und setzte sie zu ihrem Torso zusammen. In der Sekunde, da die Freiheit des Landes vorbei war, entstand sie unter den neuen Bedingungen in mir erst recht. Sie lehrte mich die Unfähigkeit, von allem, was Obrigkeit oder Macht hieß, beeindruckt zu sein (Wert der Unfähigkeit).