Ich befand mich in dem weiträumigen Bahnhofscafé im ersten Stock und las bei Warlam Schalamow: »Ich danke Ihnen für die Herzlichkeit, für Ihre Güte, für Ihr Feingefühl – kurz, für alles, was Ihr Brief atmet […].« An dieser Stelle hielt ich inne. Und nahm das »atmet« als Anlass, einen Brief zu öffnen, der sich bereits seit einem Tag in meinem Rucksack befand. Dort las ich:
kräfteströme versiegen
in karstigen alltagsgebieten
graue, grobe hände
halten die inneren quellen dicht
woher nur
soll neues wasser, neues leben kommen?
mein boot gestrandet
auf dem knirschenden sand
eines kontinents dürrer, dunkler geister
Ingo Huth ist am 30.4.2015 gestorben.