I. Photographie und Spiritismus
In den Pioniertagen der Photographie galt das Photographieren vielen als eine magische Operation, die wie andere magische Praktiken auch zugleich Faszination und Angst erzeugte. Balzac hatte Angst, durch die photographische Abbildung schichtweise ›abgetragen‹ zu werden. So erinnert sich der berühmte Photograph Nadar in Als ich Photograph war:
Zur Frage nach der Beziehung zwischen Sprache und Bildern
Die These von der Bildgebundenheit unserer Kultur gehört zu den Standardbefunden aktueller Kultur- und Medientheorien. Die eminente alltagskulturelle Präsenz der visuellen Medien, aber auch der Diskurs über einen ›visual turn‹, welcher die Wahrnehmungsformen des Menschen verändere und zu Verschiebungen in der Hierarchie der Darstellungs- und Kommunikationsformen führe, hat etwas Herausforderndes: Wie steht es um Sprache und Texte? Gehört die seinerzeit so erfolgreiche (und performativ effiziente) Formel von der Sprache als ›Schlüssel zur Welt‹ zu den Antiquitäten?
I. Grenzen des Blicks – Grenzen der Welt
Den Begriff ›Grenze‹ verwende man, so diagnostiziert Aristoteles, in mindestens ebenso vielerlei Bedeutungen wie den des ›Prinzips‹.1 Schon in der Antike polyfunktional und polyvalent, hat dieser Begriff jedenfalls seit Anaximander und seinen Sätzen über das Apeiron als Grund aller Dinge und deren Entstehung durch Teilung den Rang eines philosophischen Zentralbegriffs.2
1. Von der Befangenheit in Bildern
Ludwig Wittgenstein hat betont, dass es für das Denken keine Möglichkeit gebe, sich von der Sprache und ihren Bildern zu lösen, um sie beispielsweise aus der Distanz zu kritisieren.1 Man kann sich nicht ›über‹ die Sprache erheben; es gibt keine Metasprache. Hans Blumenberg, der in seinem Buch über Spielformen und Bedeutungsdimensionen des Höhlengleichnisses an Wittgenstein erinnert hat, beschreibt die Philosophie der Neuzeit als eine Folge von Gefangenschaftsdiagnosen.2
Umberto Eco hat den Kriminalroman in seinem Nachwort zu Der Name der Rose als ›metaphysische Gattung‹ bezeichnet, da sein zentrales Thema die Wahrheitssuche sei. Mit noch größerem Recht lässt sich das über Gerichtsprozesse sagen: Zielen diese doch ebenfalls darauf ab, die Wahrheit aufzudecken – und zudem geht es dabei um Fragen von Recht und Unrecht.