In der Deutschen Zeitschrift für Philosophie (3, 2012, S. 365-385) versucht Oliver Flügel-Martinsen mit Apodiktischer Dezisionismus? Kondylis’ Machtdenken eine Einschätzung der wissenschaftlichen Position von Panajotis Kondylis vorzunehmen. Dabei unterlaufen Argumentationsfehler, die symptomatisch sind für ideologische Positionen – hier betreffen sie Ideologien der Postmoderne. Ideologische Positionierung steht wissenschaftlicher Wahrheitssuche im Wege. Ihr hat sich der ›deskriptive Dezisionismus‹ von Kondylis verschrieben, es ist die Absage an ideologische Verengung. Die zentralen Schwächen der Argumentation von Flügel-Martinsen werden hier so ausführlich dargestellt, dass die Kenntnis von dessen Darlegungen nicht nötig ist. Die Widerlegung von Flügel-Martinsen soll vor allem eine Verstehenshilfe für den Denk- und Argumentationsansatz von Kondylis geben.
Panajotis Kondylis hat seine philosophische Theorie ›deskriptiven Dezisionismus‹ genannt. Das Verständnis des Denkens von Kondylis setzt ein mehr oder weniger klares Verstehen von dem voraus, was er mit Entscheidung meint. Der Begriff der Entscheidung wurde oft falsch aufgefasst, obwohl er so wichtig ist für Kondylis' Philosophie. Dieses Missverständnis kann Anlass zu manchen Irrtümern über sein Werk geben. Ich werde versuchen, den Begriff der Entscheidung klarzustellen, indem ich mich auf das stütze, was Kondylis als Entstehungsvorgang des Geistes charakterisiert.
Kondylis hat, während er Material für die Sozialontologie Band eins sammelte, zugleich auch eine Zettelsammlung für die Bände zwei und drei begonnen. Die Sammlung umfasst insgesamt etwa 4000 Zettel, die gruppiert und geordnet, aber so fragmentarisch sind, dass sie keinen Aufschluss über die Konzeption der beiden geplanten Bände geben können. Es sind einzelne Reflexionen festgehalten, die als fester gedanklicher Grund gelten können, denn anders als bei anderen Begriffen stellt der Verfasser keine Fragen, deren Beantwortung noch aussteht. Diese Reflexionen bilden einen Teil für sich. Außerdem gibt es zusammenhängende Notizen, die auf die Auseinandersetzung mit anderen Autoren bezogen sind. Dabei geht es um die Überprüfung der eigenen Thesen, ihre Komplettierung und Schwächen der Abstraktionen des Beobachteten bei anderen und deren Argumentationsfehler. Besonders intensiv ist die Auseinandersetzung mit Nietzsche beim Themenbereich ›Macht‹.