Paul Mersmann zum Neunzigsten
Am Meer
Es träumt ein Hund
Von einem Hund
Der träumt
Vorübergeht am Meer
Er als sein Herr
Mit Hund
Der Strand ist menschenleer
Im Meer ertrinkt ein Herr
Ans Ufer schwimmt sein Hund
Homomaris
Homomaris betritt die Bühne der Welt im Dunkeln. Wenn das Licht angeht, sehen wir ihn damit beschäftigt, gewaltige Felsstücke in Traufen und Trümmer in Türpfosten zu verwandeln. Aus dieser Zeit stammt seine Vorliebe für das Haltbare. Kein Einsturz hat je seine Bilder bedroht, eher schon die erbarmungslos vorrückende Zeit der Enthaltung. »Gewaltig«, sagt Homomaris und räumt den Schutt beiseite. Dieses Wort, wie es aus seinem Mund kommt, hat mich öfter beschäftigt. Es steckt eine Anerkennung darin, die ohne Achtung auskommt, aber der Verwechslung dessen, was für einen Menschen erreichbar und was für ihn unerreichbar ist, keinen Raum gibt. ›Gewaltig‹ ist, was unerreichbar bleibt, obwohl es sich unter unseren Augen vollzieht oder sich ihnen darbietet. Aber so gesagt, unterstellt es eine Naivität, die dem Denker ganz fremd ist. Es steckt ein ironischer Bezug darin, den man nicht übersehen darf, ein Wissen, dass diese Taxierungen ›kulturell verankert‹ sind, nur dass jemand vergessen hat, das Ankerseil zu befestigen, so dass ihres Treibens kein Ende wird.
Homomaris sieht die Welt in Bildern. Das meint nicht, dass er die Augen offen hat wie andere Leute oder sie aufhält wie ein bezahlter Detektiv, es meint, dass er sie halb geschlossen hält und den Bildern Raum gibt. Den Bildern Raum geben inmitten der Bilderflut ist keine leichte Sache. Es sind nicht die inneren Bilder, die aus dem Dunkel hervorkriechen, Wegelagerer, die in psychotischen Tiefen auf ihre Chance lauern und einen hinterrücks überfallen, es sind nicht die eingebrannten Abbilder einer verwerflichen Realität. »Nein«, sagt Homomaris, »das wäre ja Zuckerwerk für Debile. Wer den Geist ausschließt, den schließen die Geister ein. Ich sehe sie, jedenfalls manchmal, warum, weiß ich nicht. Ich denke, man muss sie bannen.« Er sagt das einfach, ohne die Stimme zu heben, es ist sein ›Geschäft‹. Wäre es nicht das seine, so wäre es das eines anderen. Aber zu sehen, was andere unwissentlich glauben, ist keine kleine Sache.
Der Maler, Bildhauer und Autor Paul Mersmann wurde am 18. März 1929 geboren, er starb am 25. Februar 2017.