Immo Sennewald: Abend

1. Vor­be­mer­kung

Die­ser Bei­trag bie­tet weder eine Ge­schich­te der jü­di­schen Au­to­eman­zi­pa­ti­on noch des Zio­nis­mus im en­ge­ren Sinn. Dafür sei auf um­fas­sen­de Do­ku­men­ta­tio­nen (Freund (2) 1912, Rein­harz 1981, Höx­ter 1935, Kagan 2002) und de­tail­lier­te Dar­stel­lun­gen (Freund (1) 1912, Meyer 1997, Eloni 1987) sowie auf die große Zahl von Ein­zel­un­ter­su­chun­gen und -stu­di­en (z.B. Katz 1972, Sh­ums­ky 2013) ver­wie­sen. Bis in die Ge­gen­wart er­weist sich der For­schungs­be­reich Zio­nis­mus – ein­schlie­ß­lich der Stu­di­en zu For­men des An­ti­se­mi­tis­mus als Ge­gen­po­si­ti­on – als un­ab­läs­sig pro­duk­tiv, so dass die For­schungs­ge­schich­te re­zen­te Ar­bei­ten mit neuen Fra­ge­stel­lun­gen (Her­zig/Ra­de­ma­cher 2008, Ni­co­sia 2012) ver­zeich­nen kann. Al­ler­dings kaum un­ter­sucht wor­den ist das Hand­lungs­kon­zept der jü­di­schen Au­to­eman­zi­pa­ti­on, das als ein Ent­ste­hungs­fak­tor des Zio­nis­mus gel­ten kann und das über­dies in ne­ga­ti­ver Kon­ti­nui­tät zur Eman­zi­pa­ti­on der Juden unter dem As­pekt ihrer recht­li­chen Gleich­stel­lung mit den Mit­glie­dern der Mehr­heits­ge­sell­schaft steht. Hier ist zu fra­gen, wel­che Kon­no­ta­tio­nen und Deu­tun­gen eine Hand­lungs­se­quenz er­hält, die als Eman­zi­pa­ti­on einer be­stimm­ten Re­fe­renz­grup­pe ge­deu­tet wird. Mar­kiert Eman­zi­pa­ti­on Er­geb­nis­se, Ziel­per­spek­ti­ven und Pro­zes­se, die zum de­fi­nier­ten Ziel füh­ren sol­len? Wel­che Re­ak­tio­nen wer­den in der Öf­fent­lich­keit und bei In­sti­tu­tio­nen da­durch aus­ge­löst, dass eine Grup­pe Eman­zi­pa­ti­ons­be­darf für sich dia­gnos­ti­ziert oder ihr die­ser zu­ge­schrie­ben wird? Eman­zi­pa­ti­on als In­ter­ak­ti­on zwi­schen ge­sell­schaft­li­chen Grup­pen mit an­fäng­lich zu­meist ge­gen­sätz­li­chen In­ter­es­sen ge­ne­riert be­stimm­te For­men des So­zia­len, per­for­ma­ti­ve Sprech­ak­te und prak­ti­sches Han­deln, Phä­no­me­ne, die zu un­ter­su­chen sind. Dafür ist es un­er­läss­lich, die je­wei­li­gen Re­fe­renz­si­tua­tio­nen de­skrip­tiv und ana­ly­tisch zu be­rück­sich­ti­gen. So geht es in die­sem Bei­trag um Pro­zes­se der jü­di­schen Eman­zi­pa­ti­on seit der zwei­ten Hälf­te des 18. Jahr­hun­derts sowie um pro­gram­ma­ti­sche und stra­te­gi­sche Dif­fe­ren­zen zwi­schen die­ser ers­ten Phase der Eman­zi­pa­ti­on und dem Hand­lungs­kon­zept der jü­di­schen Au­to­eman­zi­pa­ti­on (Ende des 19. Jahr­hun­derts) als zwei­ter Phase.

2. Ein­lei­tung: Ety­mo­lo­gie und Wort­ge­schich­te von Eman­zi­pa­ti­on

Das Lehn­wort Eman­zi­pa­ti­on ist aus lat. eman­ci­pa­tio ins Deut­sche über­nom­men wor­den und hier spä­tes­tens seit dem 16. Jahr­hun­dert nach­weis­bar; Vor­la­ge des zu­ge­hö­ri­gen Verbs eman­zi­pie­ren ist lat. eman­ci­pa­re. Im la­tei­nisch-deut­schen Schul­wör­ter­buch von K. E. Ge­or­ges (Leip­zig 1907, 329) heißt es für eman­ci­pa­re: »I. aus der vä­ter­li­chen Ge­walt ent­las­sen, für selb­stän­dig er­klä­ren; II. Im wei­te­ren Sinne: 1) ein Kind aus sei­ner Ge­walt in die eines an­de­ren ent­las­sen, jmdm. über­las­sen [zur Ad­op­ti­on, z.B.]. – 2. etw. förm­lich ab­tre­ten, als Ei­gen­tum über­las­sen.« Als Ter­mi­ni des rö­mi­schen Rechts be­zeich­nen eman­ci­pa­tio/eman­ci­pa­re, die förm­li­che, d.h. ur­sprüng­lich aus­schlie­ß­lich ri­tu­ell voll­zo­ge­ne Ent­las­sung eines Soh­nes in die Mün­dig­keit bzw. Selb­stän­dig­keit (Voll­jäh­rig­keit).

Im röm. Recht hatte der pa­ter­fa­mi­li­as in der Regel, so­lan­ge er lebte, die vä­ter­li­che Ge­walt über seine Kin­der. Eine Ent­las­sung von Söh­nen aus der Herr­schaft des pater war nur durch ein sehr förm­li­ches und kom­pli­zier­tes Rechts­ge­schäft mög­lich: die e.[man­ci­pa­tio] knüpft an die förm­li­che Ver­äu­ße­rung durch man­ci­pa­tio an, mit der nicht nur der do­mi­nus seine Skla­ven ver­kau­fen konn­te, son­dern auch der Vater seine Söhne. […] Der Eman­zi­pier­te wurde sui ge­ne­ris, also in vol­lem Um­fang rechts-, ge­schäfts- und ver­mö­gens­fä­hig. Zu­gleich war er aus dem Erb­ver­band, wie er in der Früh­zeit be­stand, aus­ge­schlos­sen, so dass ihm kein ge­setz­li­cher Erb­teil nach dem pater zu­fiel. (Schie­mann 1997, 1006f.) E.[man­zi­pa­ti­on] meint urspr: ›aus dem man­ci­pi­um geben‹. Unter man­ci­pi­um ver­stand das röm. Recht den fei­er­li­chen Ei­gen­tums­er­werb durch Hand­auf­le­gen. Als ter­mi­nus tech­ni­cus war die E. der zu­nächst ri­tu­ell zu voll­zie­hen­de, spä­ter le­dig­lich ju­ris­tisch nach­zu­wei­sen­de Akt der Ent­las­sung eines Kin­des aus der Ver­fü­gungs­ge­walt des pater fa­mi­li­as. (Schie­der 1999, Sp. 1245)
Dem­nach sind für den Voll­zug der Eman­zi­pa­ti­on min­des­tens zwei Han­deln­de und eine un­be­stimm­te An­zahl von Teil­neh­mern (Zu­schau­ern) als Zeu­gen not­wen­dig. (In Klu­ges Ety­mo­lo­gi­schem Wör­ter­buch heißt es: »Eman­zi­pa­ti­on (< 16. Jh.). Ent­lehnt aus l. eman­ci­pa­tio, einem Abs­trak­tum zu l. eman­ci­pa­re ›ent­las­sen, für selb­stän­dig er­klä­ren‹, zu l. man­ci­pa­re ›zu eigen geben‹ und l. ex-, zu l. manus ›Hand‹ und l. cape­re ›fan­gen, er­grei­fen‹. Das Be­zeich­nungs­mo­tiv für das Verb man­ci­pa­re liegt in der ju­ris­ti­schen Pro­ze­dur, das förm­li­che Ei­gen­tums­recht an einem Ge­gen­stand durch An­fas­sen des­sel­ben in Ge­gen­wart von fünf Zeu­gen zu er­lan­gen. Die Ge­gen­satz­bil­dung dazu meint zu­nächst vor allem das Ent­las­sen eines Skla­ven oder Soh­nes aus der Ge­walt des Herrn bzw. Va­ters (eine recht kom­pli­zier­te Pro­ze­dur, bei der eine drei­ma­li­ge man­ci­pa­tio [Ver­kauf] an einen Ver­trau­ens­mann zu er­fol­gen hatte). Dann Ver­all­ge­mei­ne­rung der Be­deu­tung« Kluge 1995, 218f.) Das Hand­lungs­sub­jekt ver­zich­tet ri­tu­ell bzw. ju­ris­tisch for­ma­li­siert auf die Ver­fü­gungs­ge­walt über eine Re­fe­renz­per­son, die da­durch dem Ak­teur recht­lich gleich­ge­stellt, d.h. selbst zum Hand­lungs­sub­jekt wird. Dem­nach wird Eman­zi­pa­ti­on nicht erstrit­ten, son­dern ge­währt, was die Ver­än­de­rung des recht­li­chen Sta­tus der einen (Zu­ge­winn an Hand­lungs­frei­heit des Eman­zi­pier­ten) und des so­zia­len Sta­tus der an­de­ren Per­son (Ver­lust an Hand­lungs­macht des Eman­zi­pie­ren­den) be­wirkt. In Bezug auf Eman­zi­pa­ti­on be­zeich­nen die Zeit­ad­ver­bi­en ›vor­her‹ und ›nach­her‹ un­ter­schied­li­che so­zia­le Mög­lich­kei­ten, sie haben eine pro­gram­ma­ti­sche Di­men­si­on. Ziel jedes Eman­zi­pa­ti­ons­pro­zes­ses ist, dass eine Min­der­heit ihren Son­der­sta­tus, der sie in ihrer An­ders­heit sicht­bar macht, durch In­te­gra­ti­on in die Rech­te und Mög­lich­kei­ten der Mehr­heits­ge­sell­schaft ver­liert. So be­deu­tet Eman­zi­pa­ti­on auch die Ni­vel­lie­rung von Be­son­der­heit, den Ver­lust einer über­lie­fer­ten Iden­ti­täts­bil­dung, für die die Op­po­si­ti­on gegen die Mehr­heits­ge­sell­schaft kon­sti­tu­tiv ist. Dem­nach zielt Eman­zi­pa­ti­on auf das Eine und Glei­che, die Ein­heit einer Ge­sell­schaft, an­stel­le der Viel­heit des Ver­schie­de­nen. Jene, die auf die Eman­zi­pa­ti­on war­ten, wol­len als gleich­be­rech­tigt in ›ihrer‹ Ge­sell­schaft blei­ben.

Dass ein Lehn­wort in eine Spra­che über­nom­men wird, ver­weist auf eine sprach­li­che Leer­stel­le, weil die Sache bzw. der Re­fe­renz­ge­gen­stand in der je­wei­li­gen auf­neh­men­den Kul­tur nicht prä­sent war. Lat. eman­ci­pa­tio um­fasst den ri­tu­el­len Voll­zugs­pro­zess der recht­li­chen Selb­stän­dig­keit als Über­gang vom fa­mi­li­en­in­te­grier­ten ab­hän­gi­gen Leben eines Kin­des zum al­lein ver­ant­wort­li­chen un­ab­hän­gi­gen Leben eines Er­wach­se­nen. Wegen die­ser pro­zes­sua­len und öf­fent­li­chen Di­men­si­on scheint das la­tei­ni­sche Wort deut­schen Be­zeich­nun­gen wie Frei­las­sung, Mün­dig­keit oder Gleich­stel­lung über­le­gen, die die rechts­wirk­sa­me Ver­än­de­rung eher als punk­tu­el­len und wenig for­ma­li­sier­ten Akt mar­kie­ren.

Unter den Be­le­gen des früh­neu­hoch­deut­schen Wör­ter­buchs fin­det sich fol­gen­der Satz aus dem Jahr 1527: »Bal­tha­sar von Nip­pen­berg, der sein re­si­d­entz gethan, eman­ci­pa­ci­on ent­richt, auch sein bi­en­ni­um wider com­plirt hat« (Goe­bel/Reich­mann 2000, Sp. 331). La­tei­nisch bi­en­ni­um be­zeich­net einen »Zeit­raum von zwei Jah­ren« (Ge­or­ges 1907, 117), in dem man sich für das Stu­di­um frei­stel­len las­sen konn­te, wobei ›eman­ci­pa­ti­on ent­rich­ten‹ of­fen­bar die Be­zah­lung der dafür nö­ti­gen (Frei­stel­lungs-)Ge­bühr be­deu­tet. Im Fremd­wör­ter­buch Teut­scher Dic­tio­na­ri­us (1571, 308) von Simon Roth fin­det sich fol­gen­des Lemma, das ein­deu­tig auf den Ter­mi­nus des rö­mi­schen Rechts ver­weist: »Eman­ci­pa­ti­on, V[Ü]ber­ge­bung /von hand­las­sung«. (Im Deut­schen Rechts­wör­ter­buch fin­det sich kein Lemma ›Eman­ci­pa­ti­on‹. Unter ›Frei­las­sung‹ in Bd. III, Sp. 787-788 fin­den sich drei Be­deu­tun­gen: »I. aus Ge­fan­gen­schaft, II. 1 aus vä­ter­li­cher Ge­walt, 2 aus der Leib­ei­gen­schaft, Ab­hän­gig­keit; III Auf­las­sung?«. Deut­sches Rechts­wör­ter­buch Bd. III. Wei­mar 1935-1938. - Für den Hin­weis auf Simon Roth danke ich Frau Prof. Dr. Anja Lo­ben­stein-Reich­mann.) Im ach­ten Band des Le­xi­kons von Zed­ler wer­den unter dem Lemma Eman­ci­pa­tio aus­ge­hend von der Er­läu­te­rung »Eman­ci­pa­tus heißt, der aus vä­ter­li­cher Ge­walt ge­las­sen und in sein Ei­gen­thum ge­kom­men ist, ein frey ge­ge­be­ner Sohn« (Zed­ler 1734, Sp. 980) fast aus­schlie­ß­lich die Be­deu­tung des rö­mi­schen Rechts­be­griffs und seine Ver­än­de­run­gen im Laufe der christ­lich ge­präg­ten Ge­schich­te der Spät­an­ti­ke vor­ge­stellt. Von zeit­ge­nös­si­schen Be­mü­hun­gen um die Eman­zi­pa­ti­on der Juden ist keine Rede. (Zur Ge­samt­dar­stel­lung der Juden in Zed­lers Le­xi­kon vgl. Rie­mer, der zum Er­geb­nis kommt, dass »ein gro­ßer Teil der Ar­ti­kel [zum Thema Juden] sich aus­schlie­ß­lich oder über­wie­gend mit der Dar­stel­lung des an­ti­ken Ju­den­tums bis zur Zer­stö­rung des Zwei­ten Tem­pels im Jahre 70 n.d.Z. aus­ein­an­der« (Rie­mer 2013, 186) setzt.)Das »Lehn­wort« Eman­zi­pa­ti­on ist »aus lat. eman­ci­pa­tio« über­nom­men und wird in der Neu­be­ar­bei­tung des Grimm­schen Wör­ter­buchs mit »Frei­las­sung« (1246) als all­ge­mei­nem Be­deu­tungs­rah­men wie­der­ge­ge­ben. (In der Erst­aus­ga­be des Grimm­schen Wör­ter­buchs von 1862 fin­det sich kein Ein­trag ›Eman­zi­pa­ti­on‹.) Ein ers­tes Be­deu­tungs­seg­ment fin­det sich in »auf Selb­stän­dig­keit ge­rich­te­te Be­frei­ung: Ent­las­sung aus Leib­ei­gen­schaft, vä­ter­li­cher Ge­walt [und] Lö­sung von frem­dem Ein­fluss« (1246). Der erste Beleg dafür da­tiert von 1599. Als zwei­tes Be­deu­tungs­seg­ment wird ge­nannt: »Her­stel­lung der Gleich­be­rech­ti­gung be­nach­tei­lig­ter Grup­pen, Per­so­nen, […] jün­ger über­wie­gend die recht­li­che, so­zia­le und po­li­ti­sche Gleich­stel­lung der Frau­en ge­gen­über den Män­nern« (1247). Wäh­rend offen bleibt, ob die Eman­zi­pa­ti­on eher ge­währt oder er­run­gen wird, wer­den beim Verb eman­zi­pie­ren eine tran­si­ti­ve und eine re­fle­xi­ve, selbst­be­zo­ge­ne Be­deu­tung un­ter­schie­den: »aus einem Ab­hän­gig­keits­ver­hält­nis lösen. 1 jmdn un­ab­hän­gig ma­chen, von frem­dem Ein­fluss be­frei­en […] 2 refl. sich von äu­ße­ren Ein­flüs­sen, Ord­nun­gen be­frei­en, selb­stän­dig ma­chen, jün­ger meist von Frau­en ge­gen­über Män­nern« (1247). So kön­nen In­di­vi­du­en oder Grup­pen an­de­re Per­so­nen kraft Amtes, Macht­be­fug­nis oder be­son­de­rer Be­zie­hung eman­zi­pie­ren, d.h. deren recht­li­chen Sta­tus dem der Mehr­heits­ge­sell­schaft oder Do­mi­nanz­grup­pe an­glei­chen oder gleich­stel­len, aber auch Min­der­hei­ten kön­nen sich durch ent­spre­chen­de, zu­meist wie­der­hol­te Hand­lun­gen selbst eman­zi­pie­ren, um die An­er­ken­nung ihrer Rech­te durch­zu­set­zen. Katz stellt fest, dass »the term ›eman­ci­pa­ti­on‹ was not used in con­nec­tion with Je­wish af­fairs prior to 1828. I have found it, howe­ver, once in the form ›Eman­zi­pie­rung‹ in a pam­phlet of 1816 […] and a se­cond time in the title of an English pam­phlet dated 1821« (Katz 1972, 36f.). Als Be­ginn der Durch­set­zung des Be­griffs ›Eman­zi­pa­ti­on der Juden‹ gibt Katz die De­bat­te im Würt­tem­ber­gi­schen Land­tag vom Win­ter 1828 an, in deren Folge die Schrift Über das Ver­hält­niss ver­schie­de­ner Re­li­gi­ons­par­tei­en zum Staa­te und über die Eman­zi­pa­ti­on der Juden von Wil­helm Trau­gott König er­scheint (Katz 1972, 37), in der die­ser sich für die Eman­zi­pa­ti­on der Juden ein­setzt.

San­ders (1854/1869) hebt für den tran­si­ti­ven Ge­brauch von eman­zi­pie­ren be­son­ders die Di­men­si­on der Ge­wäh­rung der Gleich­stel­lung durch ein dazu le­gi­ti­mier­tes Sub­jekt her­vor, für den re­fle­xi­ven Ge­brauch da­ge­gen das ei­gen­mäch­ti­ge, nicht in­sti­tu­tio­nell le­gi­ti­mier­te Vor­ge­hen, die Di­men­si­on der so­zia­len Ver­än­de­rung, des Tra­di­ti­ons- und Norm­bruchs: »Eman­ci­pa­ti­on (lat), […]: Eman­ci­pie­rung, -ie­ren, tr.: ent­knech­ten, zur Gleich­be­rech­ti­gung er­he­ben; refl.: sich über die be­ste­hen­den Schran­ken oder Be­schrän­kun­gen fort­set­zen, so z.B. auch: Eman­ci­pier­te Frau­en« (San­ders 1969, 364).

Damit er­ge­ben sich grund­sätz­lich zwei Kom­po­nen­ten als Vor­aus­set­zun­gen jedes Eman­zi­pa­ti­ons­pro­zes­ses: Ers­tens hat die Gül­tig­keit eines un­glei­chen, hier­ar­chi­schen Rechts- bzw. Macht­ver­hält­nis­ses zwi­schen zwei Po­si­tio­nen zu be­ste­hen, z.B. zwi­schen Mehr­heit und Min­der­heit, Äl­te­ren und Jün­ge­ren, den Ge­schlech­tern oder zwi­schen Vä­tern und Söh­nen wie im rö­mi­schen Recht, das eman­ci­pa­tio/eman­ci­pa­re als Fach­ter­mi­ni kennt und beide mit der Be­deu­tung ›etwas aus der Hand geben, auf etwas ver­zich­ten‹ der west­li­chen Tra­di­ti­on zur Ver­fü­gung stellt. Eine Seite ist durch In­klu­si­on (Zu­ge­hö­rig­keit zur vol­len Rechts­ver­fü­gung), die an­de­re durch Ex­klu­si­on davon ge­kenn­zeich­net. Zwei­tens kommt für die ver­all­ge­mei­ner­te Be­deu­tung von Eman­zi­pa­ti­on hinzu, dass die Gel­tung der Hier­ar­chie von der ab­hän­gi­gen bzw. ex­klu­dier­ten Seite nicht mehr an­er­kannt wird, weil für diese die alten Au­to­ri­täts- und Macht­an­sprü­che ihre Le­gi­ti­ma­ti­on fak­tisch ver­lo­ren haben. Mit­tels ent­spre­chen­der Hand­lun­gen wird dies öf­fent­lich sicht­bar ge­macht, um die recht­li­che In­klu­si­on durch­zu­set­zen und den neuen Sta­tus ge­setz­lich zu ko­di­fi­zie­ren. Dies gilt his­to­risch für die Eman­zi­pa­ti­on »des Bau­ern­tums, des Bür­ger­tums, des Pro­le­ta­ri­ats, der Skla­ven, der Frau [und eben] der Juden« (Greif­fen­ha­gen 1972, 449).

3. Hand­lungs­kon­zept ›Jü­di­sche Au­to­eman­zi­pa­ti­on‹

Im Jahre 1882 er­scheint an­onym in Deutsch­land in deut­scher Spra­che die Ori­gi­nal­aus­ga­be der Schrift Au­to­eman­zi­pa­ti­on. Mahn­ruf an seine Stam­mes­ge­nos­sen von einem rus­si­schen Juden. (Arno Her­zig (2010, 40) zi­tiert Luwig Phil­ipp­son, Rab­bi­ner und Her­aus­ge­ber der ›All­ge­mei­nen Zei­tung des Ju­den­tums‹, der 1850 »an die Mehr­heits­ge­sell­schaft ge­rich­tet« schreibt: »Ihr eman­zi­piert die Juden nicht; sie selbst haben sich eman­zi­piert, ihr voll­endet nur die äu­ße­re Eman­zi­pa­ti­on.« Arno Her­zig: 1815-1933: Eman­zi­pa­ti­on und Ak­kul­tu­ra­ti­on. In: In­for­ma­tio­nen zur po­li­ti­schen Bil­dung Nr. 307: Jü­di­sches Leben in Deutsch­land. Bun­des­zen­tra­le für po­li­ti­sche Bil­dung, Bonn 2010, 36-50. )Ver­fas­ser ist der rus­si­sche Arzt Leon Pins­ker (1821-1891), der sich zur Ver­bes­se­rung der Le­bens­be­din­gun­gen rus­si­scher Juden an Juden in Deutsch­land und West­eu­ro­pa wen­det. Als Re­ak­ti­on auf Po­gro­me gegen Juden in Süd­russ­land 1881 plä­diert er für deren selbst or­ga­ni­sier­ten Aus­zug aus Russ­land, wobei er auch auf die pro­ble­ma­ti­sche Si­tua­ti­on der Juden in Deutsch­land und an­de­ren Län­dern hin­weist. Nicht ent­schie­den wird die Frage des Ziel­lands; mög­li­che Sied­lungs­ge­bie­te könn­ten be­stimm­te Staa­ten der USA, die asia­ti­sche Tür­kei, Pa­läs­ti­na oder Sy­ri­en sein (vgl. Pins­ker 1932, 26f.). Zu­gleich ex­po­niert Pins­ker sich mit sei­nem Ap­pell zur Selbst­eman­zi­pa­ti­on der rus­si­schen Juden nicht nur als zu­ge­hö­rig zur Be­zugs­grup­pe die­ses po­li­tisch prag­ma­ti­schen Hand­lungs­kon­zepts, son­dern mar­kiert des­sen be­griff­li­che Ob­jek­ti­va­ti­on selbst ge­ra­de­zu als Ak­teur im neuen so­zia­len und po­li­ti­schen Pro­zess. Denn der Be­griff ›Au­to­eman­zi­pa­ti­on‹ ist kei­nes­wegs theo­re­tisch fun­diert oder re­flek­tiert, son­dern zum einen ge­bil­det in kri­ti­scher Dis­tanz zum theo­rie­ge­sät­tig­ten, aber als un­zu­rei­chend gel­ten­den Pro­jekt der Ju­de­n­eman­zi­pa­ti­on im 18. Jahr­hun­dert ›im Namen oder aus dem Geist der Auf­klä­rung‹, womit keine Sub­stan­tia­li­sie­rung eines Abs­trak­tums ge­meint ist, son­dern Dich­ter, Phi­lo­so­phen, Phil­an­thro­pen als Sub­jek­te der Kam­pa­gne, zum an­dern auf­grund der rea­len Po­gromer­fah­rung Pins­kers. (»Zu­nächst ein Ver­tre­ter des As­si­mi­la­ti­ons­ge­dan­kens, än­der­te er seine Über­zeu­gun­gen unter dem Ein­druck der Ju­den­po­gro­me in Ru­ß­land zu Be­ginn der 1880er Jahre« [Scho­eps 1998, 661; vgl. Roth 1958/59, Sp.1509f.]) Es ist ein prag­ma­ti­scher Be­griff, der die Be­frei­ung von rea­ler Be­nach­tei­li­gung nun ›im ei­ge­nen Namen‹ be­grün­det und der zum Ori­en­tie­rungs­ap­pell einer tra­di­ti­ons­kri­ti­schen und in­ter­es­sen­ge­bun­de­nen Ge­mein­schafts­bil­dung wird, um das tra­di­tio­nel­le jü­di­sche Selbst­bild des »Dul­der[s]« (Les­sing 1984, 46) ab­zu­bau­en. (Pins­ker »re­co­gni­zed that eman­ci­pa­ti­on, with its em­pha­sis on the at­tain­ment of po­li­ti­cal and civil rights, might not offer a so­lu­ti­on of the Je­wish pro­blem. As long as the Jews have no ter­ri­to­ry of their own, he felt an­ti-Se­mi­tism might per­sist. Pins­ker left Rus­sia in order to dis­cuss his ideas with Je­wish lea­ders in Cen­tral and Wes­tern Eu­ro­pe. But his plan met with disap­pro­val ever­yw­he­re. Adolf Jel­li­nek, chief rabbi of Vi­en­na and a close fri­end of his fa­ther, de­cla­red that Pins­ker, who ex­poun­ded his theo­ries to him in March, 1882, was ›fe­ve­rish‹ and that he nee­ded me­di­ci­ne« [Land­mann 1940, 537].) Wie Re­form, En­ga­ge­ment, De­mo­kra­ti­sie­rung sind auch Au­to­eman­zi­pa­ti­on und Zio­nis­mus Be­we­gungs­be­grif­fe, deren Ge­brauch aus der Per­spek­ti­ve des Sub­jekts ein De­fi­zit in der ge­ge­be­nen Si­tua­ti­on in­di­ziert und dar­aus einen ge­sell­schaft­li­chen Pro­zess, die Dy­na­mi­sie­rung je spe­zi­el­ler Au­to­ri­täts- und Macht­ver­hält­nis­se ab­lei­tet, um einen in die­ser Zwi­schen oder Über­gangs­pha­se de­fi­nier­ten Ziel­zu­stand schlie­ß­lich zu rea­li­sie­ren, womit das Aus­gangs­de­fi­zit aus­ge­gli­chen wäre. (»Die For­de­rung nach De­mo­kra­ti­sie­rung rich­tet sich gegen an­geb­lich oder wirk­lich un­be­grün­de­te oder nicht mehr ge­nü­gend und über­zeu­gend be­gründ­ba­re Herr­schafts­ver­hält­nis­se, in ra­di­ka­len Ar­ti­ku­lie­run­gen gegen Herr­schaft über­haupt, die als vor­de­mo­kra­ti­sches Re­likt an­ge­se­hen wird« [Mes­ser­schmid 1971, 4f.].) Daher han­delt es sich bei den Ver­ben eman­zi­pie­ren /sich eman­zi­pie­ren, wenn sie in der 1.​Ps. Sg. oder Pl. Prä­sens von Be­trof­fe­nen ge­braucht wer­den, um per­for­ma­ti­ve Ver­ben, die eine ent­spre­chen­de Ak­ti­vi­täts­be­reit­schaft zur Selbst­be­stim­mung aus­drü­cken. Schon der Hin­weis auf die Not­wen­dig­keit, sich theo­re­tisch und prak­tisch eman­zi­pie­ren zu wol­len, wirkt als Fak­tor der Ver­än­de­rung der Si­tua­ti­on, weil er Ak­teu­re und Adres­sa­ten mar­kiert. Auch kommt es nicht dar­auf an, ob die Deu­tung der rea­len Re­fe­renz­si­tua­ti­on der Hand­lung sich eman­zi­pie­ren wahr (zu­tref­fend, be­rech­tigt) oder falsch (un­zu­tref­fend, un­be­rech­tigt) ist, son­dern dar­auf, ob die per­for­ma­ti­ve Hand­lung ge­lingt oder miss­lingt. Po­si­tio­nen, die die Hand­lung sich eman­zi­pie­ren nicht zu­las­sen, gel­ten als in­to­le­rant.

3.1 Ex­kurs: Zur ›ers­ten‹ Eman­zi­pa­ti­on der Juden

So ist der Selbst­ver­stän­di­gungs­rah­men der Hand­lungs­kon­zep­ti­on ›jü­di­sche Au­to­eman­zi­pa­ti­on‹ ba­siert auf die phi­lo­so­phi­schen und li­te­ra­ri­schen Auf­klä­rungs­dis­kur­se im 18. Jahr­hun­dert mit deren Uni­ver­sa­li­täts­the­se von der na­tür­li­chen Gleich­heit aller Men­schen als Zen­trum, was lo­gisch fol­ge­rich­tig To­le­ranz- und Eman­zi­pa­ti­ons­kon­zep­te zur Folge hat, die bis weit ins 19. Jahr­hun­dert wie­der­holt und ent­fal­tet wer­den. Dabei geht es fast aus­schlie­ß­lich um die Be­grün­dung und For­de­rung nach recht­li­cher Gleich­heit für alle dazu noch nicht zu­ge­las­se­nen und zu­ge­hö­ri­gen Per­so­nen­grup­pen. Ziel ist, Gül­tig­keit und Gel­tung des Rechts­sys­tems für alle in einem Staat le­ben­den Per­so­nen durch­zu­set­zen. Min­der­hei­ten sol­len von der Mehr­heits­ge­sell­schaft als recht­lich und ge­sell­schaft­lich gleich­be­rech­tigt an­er­kannt und be­han­delt wer­den. In der Pra­xis fin­den sich da­ge­gen oft Zu­si­che­run­gen von Pri­vi­le­gi­en für ein­zel­ne in Städ­ten oder an Höfen wir­ken­de Juden und ihre Fa­mi­li­en auf­grund ihrer Ver­mö­gens­ver­hält­nis­se oder an­de­rer in­di­vi­du­el­ler Merk­ma­le, wäh­rend die Mehr­heit der jü­di­schen Be­völ­ke­rung un­ter­pri­vi­le­giert bleibt. Damit er­gibt sich als Aus­gangs­punkt aller Eman­zi­pa­ti­ons­for­de­run­gen die Dia­gno­se eines in­di­vi­du­al- und grup­pen­recht­li­chen De­fi­zits, das durch den Eman­zi­pa­ti­ons­pro­zess über­wun­den wer­den soll. (»Das Ge­ne­ral­pri­vi­le­gi­um [für Preu­ßen] von 1750 hatte die Be­schrän­kung der An­set­zung auf ein Kind über­nom­men und diese Maß­nah­me durch eine Fülle kom­pli­zier­ter Be­stim­mun­gen wei­ter aus­ge­stal­tet. Es hatte zwei Klas­sen von Schutz­ju­den un­ter­schie­den, die Klas­se der or­dent­li­chen und die der au­ßer­or­dent­li­chen. Nur die or­dent­li­chen Schutz­ju­den soll­ten das Recht haben, ihr Schutz­pri­vi­leg unter be­stimm­ten Be­din­gun­gen wei­ter zu über­tra­gen. Die au­ßer­or­dent­li­chen soll­ten le­dig­lich für ihre Per­son Zeit ihres Le­bens ge­schützt sein, ihr Pri­vi­leg mit ihnen da­hin­ster­ben. Die Zahl der or­dent­li­chen Schutz­ju­den soll­te be­grenzt sein und nur auf Grund einer be­son­de­ren Kö­nig­li­chen Ka­bi­netts­ord­re über­schrit­ten wer­den dür­fen, die Zahl der au­ßer­or­dent­li­chen un­be­grenzt blei­ben. Die Wei­ter­über­tra­gung der or­dent­li­chen Schutz­stel­len soll­te in der Weise er­fol­gen, daß jeder or­dent­li­che Schutz­ju­de in der Regel das Recht haben soll­te, ein Kind an­zu­set­zen, und als der­eins­ti­gen Erben sei­nes Schutz­pri­vi­legs hei­ra­ten zu las­sen. Ein au­ßer­or­dent­li­cher Schutz­ju­de durf­te weder selbst hei­ra­ten, noch, falls er schon vor Erlaß des Re­gle­ments ver­hei­ra­tet war, ein Kind hei­ra­ten las­sen. Auch den wei­te­ren Kin­dern eines or­dent­li­chen Schutz­ju­den war die Ver­hei­ra­tung im In­lan­de ver­sagt« [Freund (1) 1912, 18].)

An­ge­legt sind die Kon­zep­te Les­sings, Men­dels­sohns, Dohms und an­de­rer, auch phil­an­thro­pi­scher, Dich­ter und Es­say­is­ten auf die staats­bür­ger­li­che Gleich­be­rech­ti­gung der Juden im Rah­men der Mehr­heits­ge­sell­schaft, was in der Pra­xis oft die Form von As­si­mi­la­ti­on an diese Ge­sell­schaft hatte, wobei die Taufe (»En­tree­bil­let zur eu­ro­päi­schen Kul­tur«, Hein­rich Heine) als not­wen­di­ge oder hilf­rei­che, aber nicht hin­rei­chen­de Vor­aus­set­zung der An­er­ken­nung völ­li­ger Gleich­stel­lung des ein­zel­nen jü­di­schen Bür­gers galt. Ins­ge­samt zielt die erste Eman­zi­pa­ti­ons­pha­se dar­auf, die Juden als ei­ge­ne na­tio­na­le Grup­pe mit ent­spre­chen­den Tra­di­tio­nen und zu­ge­hö­ri­ger Ge­schich­te in der Mehr­heits­ge­sell­schaft auf­zu­he­ben. Den­noch blei­ben aber auch ge­tauf­te Juden eben unter die­ser Be­zeich­nung ›ge­tauf­ter Jude‹ wei­ter­hin als nicht zu­ge­hö­rig mar­kiert. Über­dies waren sie ab­hän­gig vom will­kür­li­chen Ent­ge­gen­kom­men der In­sti­tu­tio­nen und In­stan­zen der Mehr­heits­ge­sell­schaft. Aus deren Sicht scheint diese Phase durch die in­klu­si­ons­ori­en­tier­te Deu­tungs­fi­gur des so­wohl (Deut­scher) als auch (Jude) ge­prägt zu sein, mit der im­pli­zi­ten Er­war­tungs­per­spek­ti­ve, dass die Juden lang­fris­tig nur noch Deut­sche seien. Chris­ti­an Wil­helm von Dohm (1751-1820) emp­fiehlt die In­te­gra­ti­on der Juden ge­ra­de­zu als de­mo­gra­phi­sche Maß­nah­me, um das Be­völ­ke­rungs­wachs­tum zu stei­gern.

Der Jude ist noch mehr Mensch als Jude, und wie wäre es mög­lich, dass er einen Staat nicht lie­ben soll­te, in dem er ein freyes Ei­gen­thum er­wer­ben, und des­sel­ben frey ge­nies­sen könn­te, wo seine Ab­ga­ben nicht grös­ser als die an­de­rer Bür­ger wären, und wo auch von ihm Ehre und Ach­tung er­wor­ben wer­den könn­ten? Warum soll­te er Men­schen has­sen, die keine krän­ken­de Vor­rech­te mehr von ihm schei­den, mit denen er glei­che Rech­te und glei­che Pflich­ten teil­te? […] Und schon die Dank­bar­keit müss­te ihn zum pa­trio­ti­schen Bür­ger bil­den. Er würde das Va­ter­land mit der Zärt­lich­keit eines bis­her ver­kann­ten und nur nach lan­ger Ver­ban­nung in die kind­li­chen Rech­te ein­ge­setz­ten Sohns an­se­hen. […] dass die Güte der Re­gie­rung und der Wohl­stand, den sie un­part­he­yisch ihre Un­tertha­nen ge­nie­ßen lässt, den Ein­fluss der Re­li­gi­ons­grund­sät­ze schwä­che. (Dohm 1783 [1781], 28f.)
In­ter­es­san­ter­wei­se deu­tet Dohm, der den Be­griff Eman­zi­pa­ti­on nicht ver­wen­det, die Wir­kung der üb­li­cher­wei­se als eman­zi­pa­to­risch be­zeich­ne­ten Gleich­stel­lung der Juden mit einer Um­keh­rung der Be­deu­tung von lat. eman­ci­pa­tio als rö­mi­schem Rechts­be­griff. Wäh­rend damit die Frei­las­sung des Soh­nes aus vä­ter­li­cher Ge­walt ge­meint ist, er­wächst bei Dohm die Frei­heit der Juden ge­ra­de aus ihrer Bin­dung an die Nor­men des ›nicht jü­di­schen Va­ters‹, d.h. der deut­schen Mehr­heits­ge­sell­schaft, was sie mit die­ser recht­lich gleich­stel­len mag, aber nicht zu Selbst­be­stim­mung auf­grund ei­ge­ner na­tio­na­ler Tra­di­ti­on eman­zi­piert. (Aus die­sem Grund kri­ti­siert Gold­ha­gen Dohms An­satz, vgl. dazu Kro­nau­er 2000. )

Aus der mo­der­nen Per­spek­ti­ve des Zio­nis­mus er­schei­nen his­to­ri­sche Ver­su­che und Er­geb­nis­se der Ju­de­n­eman­zi­pa­ti­on im 18. Jahr­hun­dert in der Zeit der Auf­klä­rung (Ju­den­ord­nun­gen, Kon­zep­tio­nen der Selbst­be­stim­mung durch As­si­mi­la­ti­on, To­le­ran­ze­dik­te: Kai­ser Jo­seph II 1782, König Fried­rich Wil­helm von Preu­ßen 1812, vgl. dazu Freund (2) 1912) und der ers­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts hin­sicht­lich einer um­fas­sen­den und end­gül­ti­gen Lö­sung der Ju­den­fra­ge als un­voll­endet. Zwar haben die suk­zes­si­ven Aus­wei­tun­gen der Rechts­si­cher­heit wich­ti­ge Ver­bes­se­run­gen und um­fas­sen­de­re Teil­ha­ben vor allem im Kul­tur- und Bil­dungs­be­reich sowie hin­sicht­lich einer frei­en Be­rufs­wahl ge­bracht, von der aus wei­te­re For­de­run­gen er­ho­ben wer­den konn­ten. Da­ge­gen reich­ten sie nicht aus, um die Zu­schrei­bung grund­sätz­li­cher An­ders­heit der jü­di­schen Na­ti­on ge­gen­über den Mehr­heits­ge­sell­schaf­ten zu be­sei­ti­gen.

Der jü­di­sche Ju­rist Ga­bri­el Ries­ser (1806-1863) stellt sich in sei­nen Ver­öf­fent­li­chun­gen zur Eman­zi­pa­ti­on der Juden mit sei­ner Be­ru­fung auf »die Idee der Hu­ma­ni­tät« in den Wer­ken Les­sings, Her­ders »und ihrer Jün­ger« (Ries­ser 2012, 103) aus­drück­lich in die Kon­ti­nui­tät der Auf­klä­rung. In der Vor­re­de zur ers­ten Auf­la­ge sei­ner Schrift Ueber die Stel­lung der Be­ken­ner des Mo­sai­schen Glau­bens in Deutsch­land. An die Deut­schen aller Con­fes­sio­nen (1831) heißt es:

Es ist der Zweck die­ser Schrift, die Frage der Eman­ci­pa­ti­on der Juden in Deutsch­land, zu deren Ent­schei­dung, wie zu der man­cher ähn­li­chen Fra­gen, un­se­re Zeit be­ru­fen scheint, auf eine off­ne­re und ernst­haf­te­re Weise, als es sonst wohl ge­schieht, in An­re­gung zu brin­gen. Der ein­zi­ge Weg, auf wel­chem der Ver­fas­ser die­ser Sache […] nütz­lich sein zu kön­nen glaubt, ist der Ver­such, be­deu­ten­de­ren Män­nern – in geis­ti­ger wie in so­cia­ler Be­zie­hung – ein re­ge­res In­ter­es­se für die­sel­be ab­zu­ge­win­nen, eine oder an­de­re schlum­mern­de Kraft dafür zu we­cken, die per­sön­lich Bet­hei­lig­ten zu einer rüs­ti­gen Thä­tig­keit, die Men­schen­freun­de aller Con­fes­sio­nen zu einer leb­haf­te­ren Theil­nah­me an­zu­re­gen, und end­lich auf die Not­hwen­dig­keit hin­zu­wei­sen, daß der bei Ein­zel­nen vor­han­de­ne gute Wille und die zer­streu­ten Kräf­te sich zu ge­mein­sa­mer Wirk­sam­keit ver­ei­ni­gen. Der Ver­fas­ser hat […] die Bil­dung von Ver­ei­nen in Vor­schlag ge­bracht. (Ries­ser 2012, 37)

Indem Ries­ser von der »Eman­ci­pa­ti­on der Juden in Deutsch­land« spricht und sich aus­drück­lich an »Men­schen­freun­de aller Con­fes­sio­nen« wen­det, ent­wirft er ein ›deut­sches Pro­jekt‹, das Juden und Nicht­ju­den an­ge­he, weil alle als In­ter­ak­ti­ons­part­ner be­trof­fen seien. Damit und mit sei­nem Vor­schlag, ge­misch­te deutsch-jü­di­sche Ver­ei­ne zur Rea­li­sie­rung der Eman­zi­pa­ti­on zu grün­den, geht Ries­ser über die ›bloß‹ phi­lo­so­phi­schen Eman­zi­pa­ti­ons­mo­del­le der Auf­klä­rer hin­aus. Die Ver­ei­ne sol­len den in­sti­tu­tio­nel­len Rah­men des Eman­zi­pa­ti­ons­dis­kur­ses bil­den, der die Selbst­ver­stän­di­gung der Be­trof­fe­nen in der Form eines ziel­ori­en­tier­ten of­fe­nen Ge­sprächs er­lau­ben soll. Als Pro­duk­te die­ser Ge­sprä­che ist die Er­ar­bei­tung von The­sen, For­de­run­gen und Ein­ga­ben vor­ge­se­hen. Nach Ries­sers Ver­ständ­nis ge­ne­riert die Eman­zi­pa­ti­on die für ihren Er­folg er­for­der­li­chen So­zi­al­for­men (Ver­eins­grün­dun­gen) und wird damit zu einem ge­gen­warts­be­zo­ge­nen, im All­tag sicht­ba­ren und daher auch lös­ba­ren so­zio­kul­tu­rel­len Pro­blem. So rahmt der Ap­pell zum Ein­satz für die Eman­zi­pa­ti­on als recht­li­che Gleich­stel­lung ›jetzt und hier‹ seine Aus­füh­run­gen und be­stä­tigt zu­gleich die de­fi­zi­tä­re bür­ger­li­che Er­fah­rung. Am Ende sei­ner schon zi­tier­ten Schrift heißt es: »Aber nach jenem Ziele bür­ger­li­cher Frei­heit müs­sen auch Alle, die sie schmerz­lich ver­mis­sen, müs­sen wir Jün­ge­ren ins­be­son­de­re, die Söhne eines Jahr­hun­derts, des­sen Athem die Frei­heit ist, un­ab­läs­sig stre­ben durch Wort und That« (Ries­ser 2012, 84). Weil die Eman­zi­pa­ti­on der einen grund­sätz­lich immer auch die an­de­ren be­trifft, kann die Eman­zi­pa­ti­on der Juden nur im Rah­men oder als Teil der Ge­schich­te Deutsch­lands ge­schrie­ben wer­den.

In Jü­di­sche Brie­fe. Zur Ab­wehr und Ver­stän­di­gung (1840/41) misst Ries­ser das weite Feld der ›Ju­den­fra­ge‹ aus, indem er sich mit li­te­ra­ri­schen Tex­ten und Äu­ße­run­gen zahl­rei­cher Au­to­ren dazu kri­tisch aus­ein­an­der­setzt, er spricht von »li­te­ra­ri­schem Streit« (Ries­ser 2012, 103f.). Dabei kon­sta­tiert er ver­brei­te­ten »Ju­den­haß« ohne be­stimm­ten In­halt, so dass eine For­mel wie ›das Jü­di­sche‹ gleich­sam als Ver­selb­stän­di­gung be­stimm­ter an­ti­se­mi­ti­scher Vor­ur­tei­le und Ste­reo­ty­pen mög­lich wird, die dann als Ver­dikt auch auf nicht­jü­di­sche re­gime­kri­ti­sche Au­to­ren an­ge­wen­det wer­den kann und wird, wie z.B. auf die Au­to­ren des ›jun­gen Deutsch­land‹ (Ries­ser 2012 139, 155). (Auch Jens Malte Fi­scher lei­tet in sei­ner Stu­die Ri­chard Wag­ner. ›Das Ju­den­tum in der Musik‹. Eine kri­ti­sche Do­ku­men­ta­ti­on als Bei­trag zur Ge­schich­te des An­ti­se­mi­tis­mus. Frank­furt am Main/Leip­zig 2000 die For­mel ›das Jü­di­sche‹ aus sei­nen Quel­len ab. — Otto Glagau hatte 1879 »seine Vor­stel­lun­gen auf eine knap­pe For­mel ge­bracht: ›Die so­zia­le Frage ist ein­fach die Ju­den­fra­ge.‹ Die ›so­zia­le Frage‹, also die Un­ru­he unter der Ar­bei­ter­schaft, wie sie in der wach­sen­den Stär­ke der So­zi­al­de­mo­kra­ti­schen Par­tei zum Aus­druck kam, be­schäf­tig­te die deut­sche Öf­fent­lich­keit zu die­ser Zeit sehr.[...& So­bald die Ju­den­fra­ge ge­löst sei, wür­den sich alle an­de­ren so­zia­len Fra­gen von selbst lösen« [Katz 1989, 269].) Theo­dor Les­sing (1932) va­ri­iert die For­mel ›des Jü­di­schen‹, indem er die Juden als »die­sen all­ver­wend­ba­ren Sün­den­bock« be­zeich­net (Les­sing 1986, 420). Und Jo­hann Edu­ard Erd­mann er­wähnt 1866 Bruno Bau­ers (1809-1882) Schrift Die Ju­den­fra­ge, »in wel­cher er gegen das Ge­schrei nach Ju­de­n­eman­zi­pa­ti­on auf­tritt, weil es eine Ge­dan­ken­lo­sig­keit sei, zu for­dern, daß die sich selbst aus­schlie­ßen (das aus­er­wähl­te Volk sein wol­len) nicht aus­ge­schlos­sen wür­den. Die Juden hät­ten, um zu der völ­li­gen Frei­heit, d.h. Re­li­gi­ons­lo­sig­keit, zu ge­lan­gen, viel mehr Schrit­te zu tun als die Chris­ten, die nahe davor stän­den« (zit. nach Bar­ni­kol 1927, 5).

3.2 Pins­kers Kon­zept

Ob­wohl die bür­ger­li­che Eman­zi­pa­ti­on der Juden in allen deut­schen Staa­ten 1869 (Nord­deut­scher Bund) bzw. 1871 (Deut­sches Reich) er­reicht ist, ob­wohl die Juden damit die glei­chen staats­bür­ger­li­chen Rech­te haben wie die Deut­schen, blei­ben sie – so Pins­ker – den­noch »ein he­te­ro­ge­nes Ele­ment, wel­ches von kei­ner Na­ti­on gut ver­tra­gen wer­den kann« (5). Durch As­si­mi­la­ti­on an die je­wei­li­gen na­tio­na­len Mehr­heits­ge­sell­schaf­ten hät­ten sie sich »mut­wil­lig ihrer ei­ge­nen Na­tio­na­li­tät be­ge­ben« (7), sie haben »kein ei­ge­nes Va­ter­land, kein Zen­trum, kei­nen Schwer­punkt, keine ei­ge­ne Re­gie­rung« (6) und woll­ten dies auch nicht. Daher müsse, um die Ju­den­fra­ge ein für al­le­mal zu lösen, das Be­dürf­nis in ihnen ge­weckt wer­den, »dass sie eine Na­ti­on wer­den müs­sen« (7), dass sie sich selbst um ihre »na­tio­na­le Wie­der­ge­burt« (29) zu be­mü­hen haben. »Das rech­te, das ein­zi­ge Mit­tel wäre die Schaf­fung einer jü­di­schen Na­tio­na­li­tät, eines Vol­kes auf ei­ge­nem Grund und Boden, die Au­to­eman­zi­pa­ti­on der Juden, ihre Gleich­stel­lung als Na­ti­on unter Na­tio­nen durch Er­wer­bung einer ei­ge­nen Hei­mat« (29). Vol­kov (1979, 523) deu­tet Pins­kers Pro­jekt als Folge der Ein­sicht, »dass näm­lich die Eman­zi­pa­ti­on miss­glückt war«.

Dabei geht es für die Bin­nen­per­spek­ti­ve der Be­trof­fe­nen um die Er­kennt­nis der Not­wen­dig­keit einer ei­ge­nen Iden­ti­täts­bil­dung auf­grund ihrer Zu­ge­hö­rig­keit zur jü­di­schen Na­ti­on und für die Au­ßen­per­spek­ti­ve um die An­er­ken­nung des selbst­be­stimm­ten Hand­lungs­spek­trums ein­zel­ner als An­ge­hö­ri­ge eines na­tio­na­len Ver­bands, was letzt­lich die Staats­grün­dung der jü­di­schen Na­ti­on und die ›Er­fin­dung‹ einer ent­spre­chen­den Tra­di­ti­on ›von unten‹ zum Ziel hat. Bin­nen­in­te­gra­ti­on und Au­ßen­ab­gren­zung sind die not­wen­di­gen Kom­po­nen­ten. »Das ist ja das große Un­glück un­se­res Stam­mes, dass wir keine Na­ti­on aus­ma­chen, dass wir bloß Juden sind. Eine über den gan­zen Erd­bo­den zer­streu­te Herde sind wir, ohne schüt­zen­den und sam­meln­den Schä­fer« (Pins­ker 1932, 13). Die Funk­ti­on des »Schä­fers« über­nimmt zu­nächst nicht – zu­min­dest nicht prio­ri­tär – eine Füh­rer- oder Füh­rungs­fi­gur, son­dern eine Ori­en­tie­rungs- oder Leit­idee, eben die der Au­to­eman­zi­pa­ti­on, in deren le­gi­ti­mie­ren­dem Schutz als einer neuen So­zi­al­form die in der Dia­spo­ra le­ben­den Ein­zel­nen ihre Selbst­ver­stän­di­gung als auf ein ge­mein­sa­mes Ziel aus­ge­rich­te­te Han­deln­de und damit auch ihre Samm­lung be­trei­ben kön­nen.

Weil Pins­ker sein Pro­jekt Au­to­eman­zi­pa­ti­on mit der Funk­ti­on aus­stat­tet, die zum jü­di­schen Leben schein­bar na­tür­lich da­zu­ge­hö­ren­de ›Un­ord­nung‹ – in Form von Dis­kri­mi­nie­run­gen, Po­gro­men, Ver­däch­ti­gun­gen, Hei­rats­be­schrän­kun­gen, Aus­schlie­ßung von be­stimm­ten Be­ru­fen usw. – in Ord­nung zu trans­for­mie­ren, schei­nen der Au­to­eman­zi­pa­ti­on und stär­ker noch dem Zio­nis­mus die Di­men­sio­nen von Er­lö­sung und Heil zu eig­nen. Wenn damit eine Be­zie­hung zum jü­di­schen Mes­sia­nis­mus auf­schei­nen mag, so sind doch zwei fun­da­men­ta­le Dif­fe­ren­zen zu be­ach­ten: Au­to­eman­zi­pa­to­ri­sche Pra­xis wi­der­spricht dem aus dem Mes­sia­nis­mus fol­gen­den »ex­tre­men Quie­tis­mus« (Katz 1993, 16) des So­zi­al­ver­hal­tens und sie be­stimmt, dass die Er­lö­sung in oder durch eine neue na­tio­na­le Ord­nung als ›idea­ler Zu­stand‹ in der nahen so­zia­len Le­bens­welt zu er­rei­chen sei, nicht – wie der Mes­sia­nis­mus lehrt – erst ›am Ende der Tage‹. (Max Brod lehnt den »Asym­pto­tis­mus« als »un­end­lich fort­schrei­ten­de […] An­nä­he­rung an das Ab­so­lu­te« (Brod 1922, 91) ab. »Es ist eben so, daß die ›Ei­nung mit Gott‹ nicht in der Ebene noch so an­stän­di­gen All­tags­le­bens liegt. Das re­li­gi­ös Gute ist ein Her­aus­sprin­gen (Ek­sta­sis), ein Wun­der.[...] Wi­der­spricht aber das Ge­sag­te nicht dem ›Mes­sia­nis­mus‹, der als zwei­fel­lo­ses Haupt­ele­ment des Ju­den­tums ge­ra­de­zu lehrt, daß eine Zeit der Er­fül­lung, des Got­tes­reichs auf Erden kom­men wird?« Brod weist auf »zwei mes­sia­ni­sche Zei­ten« hin: »als Er­lö­ser von allem Übel [ist] der Mes­sias […] für das ›Ende der Tage‹ ver­hei­ßen, also für jene me­ta­phy­si­sche Zeit, in der alle Zeit auf­ge­ho­ben ist«, wird aber »die Mes­sias­zeit als ir­disch er­leb­bar ge­zeich­net«, be­wirkt sie nur die »Be­he­bung des un­ed­len Un­glücks« (Brod 1922, 95), d.h. jenes, das von Men­schen ge­macht und also ver­meid­bar ist. Da­ge­gen ist das »edle Un­glück [die] Kon­fron­ta­ti­on des stück­werk­li­chen Men­schen mit der Ab­so­lut­heit sei­ner Idee«. [Brod 1922, 32])

Weil für den »jü­di­schen Mes­sia­nis­mus […] der Be­zugs­punkt [des idea­len Zu­stands] in der Ver­gan­gen­heit und auch der Schau­platz der künf­ti­gen Wie­der­her­stel­lung ein kon­kre­ter Punkt auf der Erde [ist]: das Land Is­ra­el« (Katz 1993, 12), liegt die Kri­tik am Zio­nis­mus nahe, der genau die­sen Ort als Ter­rain des na­tio­nal­jü­di­schen Staats vor­sieht. Um gemäß der Lehre des Zio­nis­mus die neue Ord­nung durch ent­spre­chen­de Pra­xis her­zu­stel­len, er­scheint es fol­ge­rich­tig, dass das Ich, das Sub­jek­ti­ve, sich in der Ent­schei­dung für die Ein­heit der Juden ex­po­niert, um darin auf­ge­ho­ben zu sein und zu wer­den. Die Ein­zel­nen eman­zi­pie­ren sich von sys­te­ma­ti­scher so­zia­ler Be­nach­tei­li­gung durch die Mehr­heits­ge­sell­schaft, sie eman­zi­pie­ren sich zu Mit­glie­dern einer na­tio­na­len Ge­mein­schaft.

Von der Au­to­eman­zi­pa­ti­on führt ein di­rek­ter Weg zum po­li­ti­schen ›Zio­nis­mus‹ als na­tio­nal­jü­di­scher Be­we­gung, ent­stan­den »aus der Er­fah­rungs­welt teil­wei­se oder voll­stän­dig as­si­mi­lier­ter Juden, die sich selbst als Teil und häu­fig sogar als Avant­gar­de der Eman­zi­pa­ti­ons­kul­tur be­trach­tet hat­ten« (Vol­kov 1979, 533). In der in­ter­na­tio­na­len Po­li­tik ist die Kon­zep­ti­on ›Zio­nis­mus‹ seit 1890 durch Na­tha­na­el Birn­baums (1864-1937) Prä­gung des Be­griffs als »Keim einer Volks­er­neue­rung« (Les­sing 1984, 23) wirk­sam. Wer sich auf den ak­tu­el­len Pro­zess Au­to­eman­zi­pa­ti­on be­ruft, kann so­wohl vom his­to­ri­schen Er­fah­rungs­schatz und den viel­fäl­ti­gen Tra­di­tio­nen des aus der An­ti­ke über­lie­fer­ten Be­griffs Eman­zi­pa­ti­on pro­fi­tie­ren, als auch seine ei­ge­nen In­ter­es­sen in Aus­ein­an­der­set­zung damit re­flek­tie­ren, er­ken­nen und hand­lungs­lei­tend for­mu­lie­ren. In­so­fern ge­ne­riert Au­to­eman­zi­pa­ti­on die für die je­wei­li­ge Le­bens­si­tua­ti­on ge­brauch­te Aus­prä­gung des So­zia­len re­la­tio­nal zur Mög­lich­keit der Bil­dung eines jü­di­schen Na­tio­nal­be­wusst­seins.

Hin­sicht­lich der his­to­ri­schen Eman­zi­pa­ti­ons­pha­sen des Ju­den­tums ist sich Pins­ker be­wusst, dass sein Kon­zept der Au­to­eman­zi­pa­ti­on zum Be­ginn einer neuen Phase wer­den kann. Denn durch die ak­tu­el­len Po­gro­me sei deut­lich ge­wor­den, dass

das ur­al­te Pro­blem der Ju­den­fra­ge […] kein bloß theo­re­ti­sches In­ter­es­se dar­bie­tet, son­dern sich im wirk­li­chen Leben gleich­sam von Tag zu Tag ver­jüngt und immer ge­bie­te­ri­scher zur Ent­schei­dung hin­drängt. (Pins­ker 1932, 5) Der auf sein Ger­ma­nen­tum stol­ze Deut­sche, der Slawe, der Kelte gibt nicht zu, dass der se­mi­ti­sche Jude ihm eben­bür­tig sei. Und wenn er auch, als ge­bil­de­ter Mensch, ihm alle bür­ger­li­chen Rech­te ein­zu­räu­men be­reit ist, so wird er es doch nie dahin brin­gen, in die­sem sei­nem Mit­bür­ger den Juden zu ver­ges­sen. Die le­ga­le Eman­zi­pa­ti­on der Juden ist der Kul­mi­na­ti­ons­punkt der Leis­tun­gen un­se­res Jahr­hun­derts. Aber diese ge­setz­li­che Eman­zi­pa­ti­on ist nicht die ge­sell­schaft­li­che und mit der De­kre­tie­rung der ers­te­ren sind die Juden noch bei wei­tem nicht von der Aus­schlie­ß­lich­keit ihrer ge­sell­schaft­li­chen Stel­lung eman­zi­piert. (Pins­ker 1932, 11)

Pins­kers er­fah­rungs­fun­dier­te These von der man­geln­den Be­reit­schaft der eu­ro­päi­schen Staa­ten und Ge­sell­schaf­ten, die jü­di­sche Be­völ­ke­rung als gleich­be­rech­tigt an­zu­er­ken­nen und zu in­te­grie­ren, wird zur glei­chen Zeit aus an­ti­se­mi­ti­scher Per­spek­ti­ve in Deutsch­land zur Be­haup­tung der In­te­gra­ti­ons­un­wil­lig­keit der Juden ver­kehrt und wohl nicht zu­letzt wegen der Be­fürch­tung kul­tu­rel­ler und öko­no­mi­scher Un­ter­le­gen­heit zur Al­ter­na­ti­ve zu­ge­spitzt, ent­we­der Deut­scher oder Jude sein zu kön­nen. (Die Prä­gung des Be­griffs ›An­ti­se­mi­tis­mus‹ wird Wil­helm Marr zu­ge­schrie­ben. »Im Fe­bru­ar 1879 er­schien Wil­helm Marrs Schrift Der Sieg des Ju­den­th­ums über das Ger­ma­nen­thum. Im Herbst des Jah­res war sie be­reits in zwölf­ter Auf­la­ge er­schie­nen und damit zum ers­ten an­ti­se­mi­ti­schen Best­sel­ler ge­wor­den« (Katz 1989, 267). Zuvor schon scheint Marr – so ver­mu­tet je­den­falls Bar­ni­kol (1922, 18) – mit einer an­onym er­schie­ne­nen Schrift gegen Bruno Bau­ers chris­ten­tums­kri­ti­sche Schrift Das ent­deck­te Chris­ten­tum (1843) her­vor­ge­tre­ten zu sein: Das ent­deck­te und das un­ent­deck­te Chris­ten­tum in Zü­rich und ein Traum. [Bern 1843])

So heißt es in einer Rede des ›Hof­pre­di­gers‹ Adolf Stö­cker vom 19. 9. 1879:

Die Juden sind und blei­ben ein Volk im Volke, ein Staat im Staat, ein Stamm für sich unter einer frem­den Rasse. Alle Ein­wan­de­rer gehen zu­letzt in dem Volke auf, unter wel­chem sie woh­nen; die Juden nicht. (Stö­cker 1890, 367) [Und am 27. Mai 1881:] Man sagt mir also, ich be­hand­le die Ju­den­fra­ge nicht rich­tig. Der eine will sie nur als Ras­sen­fra­ge, der andre nur als re­li­giö­se Frage be­han­delt haben; wie­der andre hal­ten sie für eine re­li­giö­se und Ras­sen­fra­ge zu­gleich; viele schlie­ßen sich un­serm Stand­punk­te an, auf dem jene Frage als so­zi­al-ethi­sche be­han­delt wird. Nun spre­che ich es von vorn­her­ein als meine Ue­ber­zeu­gung aus, daß man die Ju­den­fra­ge, wie die­sel­be heute liegt, prin­zi­pi­ell gar nicht lösen kann. Es ist mir so klar, wie ir­gend einem in deut­schen Lan­den, daß die Eman­zi­pa­ti­on der Juden so­wohl unter dem re­li­giö­sen, wie unter dem po­li­ti­schen, wie unter dem so­zia­len Ge­sichts­punkt ein Feh­ler ist. Das Volk Is­ra­el ist, nach dem Alten wie nach dem Neuen Tes­ta­ment zur Stra­fe für sei­nen Ab­fall von dem le­ben­di­gen Gott, zur Stra­fe für sei­nen Un­glau­ben an Chris­tum unter die Völ­ker zer­streut; – doch gewiß nicht dazu, um nun die Völ­ker aus­zu­plün­dern und zu be­herr­schen? (Stö­cker 1890, 409) (Vgl. Jacob Katz: A State wi­t­hin a State, the his­to­ry of an an­ti-Se­mi­tic slo­gan. (1971) In: ders.: Eman­ci­pa­ti­on and As­si­mi­la­ti­on. Stu­dies in Mo­dern Je­wish His­to­ry. West­me­ad u.a. 1972, 47-76.)

 

Ähn­lich hatte schon Ri­chard Wag­ner in sei­ner unter Pseud­onym ver­öf­fent­lich­ten Schrift Das Ju­den­tum in der Musik (1850) vor allem gegen Felix Men­dels­sohn Bar­thol­dy (1809-1847) und Gi­a­co­mo Mey­er­beer (1791-1864) ar­gu­men­tiert, die wegen ihrer jü­di­schen Ab­stam­mung kei­nen an­ge­mes­se­nen Zu­gang zur deut­schen Kul­tur fin­den könn­ten. Daher heißt Wag­ners ›Er-Lö­sungs­for­mel‹ »auf­hö­ren, Jude zu sein« (zit. nach Borch­mey­er 2013, 26). Auch im ›Ber­li­ner An­ti­se­mi­tis­mus­streit‹ (1879-1881; vgl. Bo­eh­lich 1965, Krie­ger 2003) wer­den die be­kann­ten Vor­ur­tei­le gegen die Eman­zi­pa­ti­on der Juden wie­der­holt. Hein­rich von Treitsch­ke, des­sen Auf­satz Un­se­re Aus­sich­ten (Nov. 1879) die Kon­tro­ver­se aus­löst, de­kre­tiert:

Was wir von un­se­ren is­rae­li­ti­schen Mit­bür­gern zu for­dern haben, ist ein­fach: sie sol­len Deut­sche wer­den, sich schlicht und recht als Deut­sche füh­len – un­be­scha­det ihres Glau­bens und ihrer alten hei­li­gen Er­in­ne­run­gen, die uns Allen ehr­wür­dig sind; denn wir wol­len nicht, daß auf die Jahr­tau­sen­de ger­ma­ni­scher Ge­sit­tung ein Zeit­al­ter deutsch-jü­di­scher Misch­cul­tur folge. (Krie­ger 2003, 12)

Schlie­ß­lich gip­feln Treitsch­kes Aus­füh­run­gen in der For­mel, die er als ein­heit­li­che Hal­tung des deut­schen Bil­dungs­bür­ger­tums gleich­sam zi­tiert: »Bis in die Krei­se der höchs­ten Bil­dung hin­auf, unter Män­nern, die jeden Ge­dan­ken kirch­li­cher Un­duld­sam­keit oder na­tio­na­len Hoch­muths mit Ab­scheu von sich wei­sen wür­den, er­tönt es heute wie aus einem Munde: die Juden sind unser Un­glück!« (Krie­ger 2003, 14). Einen Hö­he­punkt er­reicht die an­ti­se­mi­ti­sche Kam­pa­gne in der Folge von Treitsch­kes Auf­satz mit der »›An­ti­se­mi­ten­pe­ti­ti­on‹« [Der ka­tho­li­sche Po­li­ti­ker Lud­wig Wind­t­horst (1812-1891) lehnt in einer De­bat­te im preu­ßi­schen Ab­ge­ord­ne­ten­haus (Nov. 1880) so­wohl die »An­ti­se­mi­ten­pe­ti­ti­on« als auch die Mög­lich­keit ab, dar­aus po­li­ti­sches Ka­pi­tal für christ­li­che Par­tei­en zu schla­gen (Alt­geld 1992, 48-52).] des »Gym­na­si­al­leh­rers Bern­hard Förs­ter, […] deren For­de­run­gen die fak­ti­sche Auf­he­bung der Ju­de­n­eman­zi­pa­ti­on zum In­halt hat­ten« (Krie­ger 2003, XXIII) und die letzt­lich von »265.000 männ­li­che[n] Reichs­bür­ger[n] un­ter­zeich­net [wurde], unter ihnen ca. 4.000 Stu­den­ten (19% aller Uni­ver­si­täts­stu­den­ten), die auf se­pa­ra­ten Lis­ten aus­ge­wie­sen waren. Die Pe­ti­ti­on wurde Bis­marck am 13. April 1881 über­reicht« (Krie­ger 2003, XXVII).

So haben die Ver­tre­ter von Au­to­eman­zi­pa­ti­on und Zio­nis­mus sich gegen an­ti­se­mi­ti­sche An­grif­fe auf der einen Seite und die As­si­mi­la­ti­ons- und Sä­ku­la­ri­sie­rungs­ten­den­zen gro­ßer Teile der jü­di­schen Be­völ­ke­rung auf der an­de­ren zu be­haup­ten. Wie ver­brei­tet und eta­bliert die As­si­mi­la­ti­ons­ori­en­tie­rung vor allem im letz­ten Drit­tel des 19. Jahr­hun­derts ist, zeigt sich an der An­pas­sung jü­di­scher Fa­mi­li­en an die Sit­ten und Ge­bräu­che des Weih­nachts­fests ohne al­ler­dings die Pra­xis der christ­lich-re­li­giö­sen Di­men­si­on. Im­mer­hin kann die Über­nah­me des Fest­ab­laufs als un­aus­ge­spro­che­ner Hin­weis auf die Ver­ein­bar­keit deut­scher und jü­di­scher­Tra­di­tio­nen gel­ten. Von zio­nis­ti­scher Seite wird auf die­sen Ri­tu­al­trans­fer mit der Wie­der­be­le­bung des jü­di­schen Cha­nu­kka-Fests re­agiert (vgl. Ri­ch­arz 1999).

Ob­wohl Pins­ker mit sei­ner zen­tra­len These von der Not­wen­dig­keit des Aus­zugs aller Juden welt­weit aus ihren je­wei­li­gen »Wohn­län­dern« (Bo­den­hei­mer 1978, 16) und ihrer Samm­lung in einem ei­ge­nen Staats­ge­biet als neuer Hei­mat der jü­di­schen Na­ti­on gleich­sam die Grund­la­gen und den Ar­gu­men­ta­ti­ons­rah­men des Zio­nis­mus ge­legt hat, hin­ter den nicht mehr zu­rück­zu­ge­hen ist, er­reicht seine Schrift nur ge­rin­ge Ver­brei­tung. Bei sei­nem Tod (1891) sol­len nur 200 Ex­em­pla­re ver­kauft wor­den sein (Bo­den­hei­mer 1978, 63). Nicht zu­letzt weil er auf die Si­tua­ti­on der Ost­ju­den re­agiert und die Sym­pto­ma­tik aus der er­kennt­nis­lei­ten­den Per­spek­ti­ve mög­li­cher Struk­tur­ho­mo­lo­gie of­fen­bar nicht ge­nü­gend auf Deutsch­land und die west­eu­ro­päi­schen Juden ver­glei­chend zu­spitzt – so bleibt der Ber­li­ner An­ti­se­mi­tis­mus­streit 1879/1880 wo­mög­lich wegen des­sen aka­de­misch-uni­ver­si­tä­rer Ein­he­gung un­er­wähnt –, ge­winnt das Deu­tungs- und Hand­lungs­kon­zept Au­to­eman­zi­pa­ti­on für deut­sche Juden erst in den spä­ten 1880er und im Laufe der 1890er Jahre und dann zu­neh­mend bis in die ers­ten Jahr­zehn­te des 20. Jahr­hun­derts exis­ten­ti­el­le Be­deu­tung als Pa­ra­me­ter der Selbst­re­fle­xi­on, wobei eine Aus­wan­de­rungs­wel­le rus­si­scher und ru­mä­ni­scher Juden 1891 er­fah­rungs­ver­mit­telnd, er­kennt­nis­lei­tend und ent­schei­dungs­för­dernd wirkt. Eine ähn­li­che Wir­kung hat die Drey­fus-Af­fä­re (1894) in Frank­reich auf jü­di­sche In­tel­lek­tu­el­le in Deutsch­land ge­habt. Für die Grün­dungs­ge­ne­ra­ti­on des Zio­nis­mus dia­gnos­ti­ziert Les­sing einen »ne­ga­ti­ven Zio­nis­mus« als bloße »Ge­gen­wehr […] aus Trotz, aus Stolz, aus Hel­f­er­wil­len, aus Mit­leid oder ganz gleich aus wel­chen re­ak­ti­ven Ge­füh­len«, wäh­rend »schon die nächs­te Ge­ne­ra­ti­on zio­nis­tisch [war], weil sie jü­disch fühl­te; nicht, weil sie sich als Juden ver­letzt fühl­te« (Les­sing 1984, 23). Den­noch ist es Les­sing, der 1932 de­kre­tiert: »Die jü­di­sche Frage ist un­lös­bar«, weil sie vor »un­ver­meid­li­che Wi­der­sprü­che« stel­le, wie Zu­ge­hö­rig­keit zu zwei Na­tio­nen, »Zwi­schen­glied zwi­schen Ost und West, zwi­schen Buch und kör­per­li­cher Ar­beit, zwi­schen »Über­völ­ki­schem« und »be­grenz­tem Volks­tum« (Les­sing 1986, 415).

In der fol­gen­den Ta­bel­le sind die Un­ter­schie­de zwi­schen der ers­ten Eman­zi­pa­ti­on und der Au­to­eman­zi­pa­ti­on als zwei­ter Eman­zi­pa­ti­ons­pha­se aus jü­di­scher Sicht ge­gen­über ge­stellt:

Eman­zi­pa­ti­on
Ori­en­tie­rung an Ord­nung der Mehr­heits­ge­sell­schaft (deren Tra­di­tio­nen, Werte usw.)
Rah­men: alle Men­schen sind gleich, Rechts­gleich­heit aller Men­schen
An­er­ken­nung ge­wäh­ren
sein wie die an­de­ren (Mehr­heits­ge­sell­schaft)
als ein­zel­ne in Mehr­heits­ge­sell­schaft auf­ge­hen
Sprech­ak­te im Rah­men der Kon­ven­tio­nen
egen­warts­be­zo­ge­ne Aus­le­gung von Theo­ri­en und Tra­di­tio­nen
Ak­teu­re: ›In­tel­lek­tu­el­le‹ im Namen der Auf­klä­rung
An­er­ken­nung be­ste­hen­der Nor­men ›der An­de­ren‹
Be­stä­ti­gung des tra­di­tio­nel­len Selbst­bilds
›Dul­der‹ (Theo­dor Les­sing)
Plu­ra­li­tät dif­fu­ser in­di­vi­du­el­ler Per­spek­ti­ven
raum­be­zo­ge­ne Per­sis­tenz
Kon­ti­nui­tät
In­di­vi­du­um

Au­to­eman­zi­pa­ti­on
Ori­en­tie­rung auf Ge­stal­tung ei­ge­ner Ord­nung
(Er­fin­dung ei­ge­ner Tra­di­tio­nen, Werte)
Rah­men: Gleich­be­rech­ti­gung und Selbst­be­stim­mung nur als ei­ge­ne Na­ti­on (Staats­grün­dung)
An­er­ken­nung er­kämp­fen, Selbst­be­frei­ung
sein wie wir sind
den ein­zel­nen als Kol­lek­tiv Stim­me geben
Hand­lungs­for­men/Sprech­ak­te zum Bruch der
Kon­ven­tio­nen, Ap­pel­le zur Grün­dung neuer In­sti­tu­tio­nen
ge­gen­warts­ge­stal­ten­de Pra­xis und Prak­ti­ken
Ak­teu­re: alle Be­trof­fe­nen von unten im ei­ge­nen Namen
Be­grün­dung in­ter­es­sen­fun­dier­ter ei­ge­ner Nor­men
Be­frei­ung vom tra­di­tio­nel­len Selbst­bild, Schaf­fung eines neuen
kol­lek­ti­ve Zen­tral­per­spek­ti­ve: Staats­grün­dung
Mo­bi­li­tät zur Hei­mat
Neu­ge­burt, -an­fang
Na­ti­on

4. Au­to­eman­zi­pa­ti­on und zio­nis­ti­sche Po­si­tio­nen

Be­son­ders mit der Schrift des Köl­ner Rechts­an­walts Max Bo­den­hei­mer Wohin mit den rus­si­schen Juden? (1891), die eine Auf­la­ge von 55000 Ex­em­pla­ren er­reicht und Sy­ri­en als Zu­fluchts­land ent­wirft, be­ginnt die Pro­gram­ma­tik na­tio­nal­jü­di­scher Samm­lung auf ei­gen­staat­li­chem Ter­rain zur rea­len Mög­lich­keit auch west­eu­ro­päi­scher und spe­zi­ell deut­scher Juden zu wer­den. In sei­nen di­ver­sen Ver­öf­fent­li­chun­gen zu die­sem Thema kon­stru­iert Bo­den­hei­mer einen auch mit der Si­tua­ti­on der deut­schen Juden kom­pa­ti­blen Kon­text und ent­spre­chen­de Tra­di­tio­nen. Er ar­gu­men­tiert vor dem Hin­ter­grund zahl­rei­cher Staa­ten­grün­dun­gen im 19. Jahr­hun­dert (vgl. Bo­den­hei­mer 1978, 16), wes­halb der Zio­nis­mus als »Spät­ge­burt unter den na­tio­na­len Be­frei­ungs­be­we­gun­gen Eu­ro­pas« (Mei­er-Cro­ne­mey­er 1988, 23) be­zeich­net wird, dem die Auf­ga­be zu­fal­le, jene Fol­gen der bür­ger­li­chen Eman­zi­pa­ti­on der Juden zu ver­än­dern, die darin be­stan­den, »ihnen als In­di­vi­du­en alles zu ge­wäh­ren und ihnen als Na­ti­on alles zu ver­wei­gern« (Mei­er-Cro­ne­mey­er 1988, 23). Bo­den­hei­mer er­in­nert an die Schrift Rom und Je­ru­sa­lem – die letz­te Na­tio­na­li­täts­fra­ge (1862) von Moses Hess (1812-1875), den er in der Vor­re­de der von ihm her­aus­ge­ge­be­nen zwei­ten Auf­la­ge 1899 als »ers­ten Vor­kämp­fer der mo­der­nen zio­nis­ti­schen Idee in Deutsch­land« (Bo­den­hei­mer 1978, 33) be­zeich­net, weil Hess eben­falls die These ver­tritt, dass die echte Be­frei­ung der Juden nur in na­tio­na­lem Rah­men, nicht in­di­vi­du­ell er­fol­gen könne. In die­sem Zu­sam­men­hang dis­ku­tiert Bo­den­hei­mer in einer wei­te­ren Schrift Sind die rus­si­schen Juden eine Na­ti­on? (1891) die Frage, die in der Zu­kunft viel­fäl­tig kon­tro­vers dis­ku­tiert wird, ob »die An­ge­hö­rig­keit zu einer Na­ti­on […] die Va­ter­lands­lie­be für ein Staats­we­sen aus­schlie­ßt, in wel­chem die Mehr­heit der Be­völ­ke­rung einer an­de­ren Na­ti­on an­ge­hört« (Bo­den­hei­mer 1978, 37). Mit dem Hin­weis, dass es nie­mals reine, nur ge­misch­te Na­tio­nen ge­ge­ben habe und gebe, hält Bo­den­hei­mer die Loya­li­tät ge­gen­über Deutsch­land und die Zu­ge­hö­rig­keit zur jü­di­schen Na­ti­on für ver­ein­bar, al­ler­dings nur unter der Prä­mis­se, dass die Selbst­ver­stän­di­gung der jü­di­schen Be­völ­ke­rung als na­tio­nal­jü­di­sche Min­der­heit nicht be­hin­dert werde, was vom ge­gen­wär­ti­gen Russ­land nicht zu sagen sei. So be­grün­det Bo­den­hei­mer den Aus­zug der rus­si­schen Juden nach Sy­ri­en und ent­wirft dafür ein de­tail­lier­tes fi­nanz- und wirt­schafts­po­li­ti­sches Pro­gramm, das die Neu­sied­ler vor allem als Land­wir­te vor­sieht. Er fasst die ein­zel­nen Be­stim­mun­gen in der Form einer Ver­fas­sung als »die Sta­tu­ten der Co­lo­ni­al-Ge­sell­schaft« (Bo­den­hei­mer 1978, 56) zu­sam­men.

In den 1890er Jah­ren fin­det unter Be­ru­fung auf die ge­sell­schaft­li­che Li­zenz von Au­to­eman­zi­pa­ti­on und Zio­nis­mus ein in­ten­si­ver selbst­re­fle­xi­ver Dis­kurs unter den deut­schen Juden statt, der zur Grün­dung einer gro­ßen Zahl zio­nis­ti­scher Ver­ei­ni­gun­gen führt, was die­sen Ge­le­gen­heit zur For­mu­lie­rung pro­gram­ma­ti­scher Er­klä­run­gen und Grund­satz­ent­wür­fe gibt, die sich durch­aus un­ter­schei­den. Für diese fun­da­men­ta­le Neu­ori­en­tie­rung von unten, für die Ak­zep­tanz einer zu­neh­men­den Zahl ein­zel­ner jü­di­scher Bür­ger als Theo­re­ti­ker au­to­eman­zi­pa­to­ri­scher Mo­del­le, womit sie die Funk­ti­on von Mul­ti­pli­ka­to­ren er­fül­len, ist eine große Streu­ung in viel­fäl­ti­ge ge­sell­schaft­li­che Be­rei­che (jü­di­sche Stu­den­ten­ver­ei­ne – vgl. Gold­stein 1962, 4 –, Turn­ver­ei­ne, »jü­di­sche Ge­sel­lig­keits­ver­ei­ne, he­bräi­sche Sprech- und Le­se­zir­kel« vgl. Bo­den­hei­mer 1978, 229-231) und hin­sicht­lich der Re­gio­nen fest­zu­stel­len, wobei Zio­nis­mus auf der Basis der Au­to­eman­zi­pa­ti­on ins­ge­samt ein ur­ba­nes und in­tel­lek­tu­el­les Phä­no­men zu sein scheint. Fin­den sich des­sen Ver­tre­ter doch vor allem in gro­ßen und mitt­le­ren Städ­ten, be­son­ders in Uni­ver­si­täts­städ­ten. Vol­kov (1983, 336) spricht von der »An­zie­hungs­kraft, die Groß­städ­te auf Juden aus­üb­ten. « Länd­li­che Re­gio­nen als zio­nis­ti­sche Zen­tren sind prak­tisch nicht nach­weis­bar. Aber auch die Zei­chen der As­si­mi­la­ti­on sind be­son­ders in gro­ßen Städ­ten sicht­bar. Bo­den­hei­mer (1978, 92) be­stä­tigt, dass in Ber­lin »die ex­trems­ten Aus­wüch­se des As­si­mi­la­ti­ons­ju­den­tums zu Tage [tre­ten], aber hier ist auch der Boden für un­se­re Sache durch den Ver­ein Esra [Grün­dung 1884] in ganz vor­züg­li­cher Weise vor­be­rei­tet.« Die Grup­pen ver­arm­ter Ost- und West­ju­den wer­den in spe­zi­el­len Hilfs­pro­gram­men der all­ge­mei­nen Ent­wür­fe be­rück­sich­tigt.

»Auf dem De­le­gir­ten­tag deut­scher Zio­nis­ten in Frank­furt am 31. Ok­to­ber 1897« (Bo­den­hei­mer 1978, 229) wird ein »Agi­ta­ti­ons­plan« vor­ge­stellt:
»I. Über­all, wo eine hin­rei­chen­de An­zahl von Zio­nis­ten vor­han­den ist, die­sel­ben als zio­nis­ti­sche Orts­grup­pe kon­sti­tui­ren und in ste­tem Con­tak­te mit der deut­schen Cen­tra­le blei­ben.
II. Die Grün­dung eines zio­nis­ti­schen Press­bu­re­aus in Ber­lin!
III. Durch Ent­sen­dung von Wan­der­red­nern agi­ti­ren« (Bo­den­hei­mer 1978, 231f.).
Als Zu­ge­ständ­nis an die jü­di­sche as­si­mi­la­ti­ons­be­rei­te Mehr­heit ist fol­gen­der Pas­sus des Red­ners Dr. Schau­er zu wer­ten: »Wir müs­sen fer­ner den Ge­dan­ken der Grün­dung eines Ju­den­staa­tes bei Seite las­sen. Ich per­sön­lich ver­ste­he mich zu allen Con­se­quen­zen des Ba­se­ler Pro­gramms, auch wenn sie die Grün­dung eines sou­ve­rä­nen jü­di­schen Staa­tes be­tref­fen, al­lein un­se­re deut­schen Stam­mes­ge­nos­sen per­hor­re­sci­ren die­sen Ge­dan­ken bis­lang noch. Daher muss man ihnen er­klä­ren, dass unter der öf­fent­lich-recht­lich ge­si­cher­ten Heim­stät­te nicht not­hwen­dig ein ei­gent­li­ches Staats­ge­bil­de ver­stan­den wer­den muss« (Bo­den­hei­mer 1978, 232f.).

Den­noch kann als be­son­de­res Merk­mal für das In­ter­es­se am Zio­nis­mus und des­sen ten­den­zi­el­ler Ak­zep­tanz das in Le­xi­kon­form auf­ge­bau­te Zio­nis­ti­sche Merk­buch von Hugo Schach­tel gel­ten, das »vom Ak­ti­ons-Co­mi­te der zio­nis­ti­schen Or­ga­ni­sa­ti­on« her­aus­ge­ge­ben wird und 1912 in »drit­te[r], stark ver­mehr­te[r] und ver­bes­ser­te[r] Auf­la­ge« vor­liegt. (Kol­len­scher 1912, Wer­be­sei­ten - In der Wer­bung heißt es wei­ter: »Tat­sa­chen über die Zio­nis­ti­sche Or­ga­ni­sa­ti­on. Ein un­ent­behr­li­ches Va­de­me­cum für jeden Zio­nis­ten sowie für jeden an der Ju­den­fra­ge und an den – Pa­läs­ti­na-Be­stre­bun­gen in­ter­es­sier­ten Juden.« ) Als »Zen­tral-Or­gan der zio­nis­ti­schen Be­we­gung« bie­tet sich die Zei­tung Die Welt an, die in Kon­kur­renz zur Jü­di­schen Rund­schau steht, wel­che »das of­fi­ci­el­le Organ der Zio­nis­ti­schen Ver­ei­ni­gung für Deutsch­land zu sein« (Koll­ent­scher 1912, Wer­be­sei­ten) be­an­sprucht. Kom­plet­tiert wird das zio­nis­ti­sche Netz­werk durch ein um­fang­rei­ches Buch­pro­gramm über Pa­läs­ti­na und die »jü­di­sche Po­li­tik« im ›Jü­di­schen Ver­lag‹. Hinzu kommt der am 26. 12. 1912 ge­grün­de­te ›Herzl-Bund‹, in dem meh­re­re seit 1907 ent­stan­de­ne lo­ka­le ›Herzl-Clubs‹ auf­ge­hen (Gold­stein 1962, 18-22).

Als Bei­spiel für ein zio­nis­ti­sches Grund­satz­pro­gramm zi­tie­re ich die »The­sen der na­tio­nal­jü­di­schen Ver­ei­ni­gung Köln« von 1897, die im sel­ben Jahr amt­lich vom Köl­ner Po­li­zei­prä­si­di­um be­stä­tigt wer­den. Nicht nur der Zio­nis­mus ist damit le­ga­li­siert, auch die Mehr­heits­ge­sell­schaft wird so vom ge­plan­ten Tra­di­ti­ons­bruch un­ter­rich­tet. Zu die­sem Zeit­punkt, d.h. nach der Ver­öf­fent­li­chung von Theo­dor Herzls Ju­den­staat (1896) rich­tet sich die Ar­gu­men­ta­ti­on fast aus­schlie­ß­lich auf Pa­läs­ti­na als Ziel­land. »Pa­läs­ti­na ist un­se­re un­ver­gess­li­che his­to­ri­sche Hei­mat. Die­ser Name al­lein wäre ein ge­wal­tig er­grei­fen­der Sam­mel­ruf für unser Volk« (Herzl 1978, 213). Die drei The­sen der Köl­ner Grup­pe, die dem ver­ab­schie­de­ten Pro­gramm des Ers­ten Zio­nis­ti­schen Kon­gres­ses in Basel (1897) ent­spre­chen, lau­ten:

I. Durch ge­mein­sa­me Ab­stam­mung und Ge­schich­te ver­bun­den bil­den die Juden aller Län­der eine na­tio­na­le Ge­mein­schaft. Die Be­tä­ti­gung pa­trio­ti­scher Ge­sin­nung und die Er­fül­lung der staats­bür­ger­li­chen Pflich­ten sei­tens der Juden ins­be­son­de­re der deut­schen Juden für ihr deut­sches Va­ter­land wird durch diese Über­zeu­gung in kei­ner Weise be­ein­träch­tigt.
II. Die staats­bür­ger­li­che Eman­ci­pa­ti­on der Juden in­ner­halb der an­de­ren Völ­ker hat, wie die Ge­schich­te zeigt, nicht ge­nügt, um die so­cia­le und kul­tu­rel­le Zu­kunft des jü­di­schen Stam­mes zu si­chern, daher kann die end­gül­ti­ge Lö­sung der Ju­den­fra­ge nur in der Bil­dung eines jü­di­schen Staa­tes be­ste­hen; denn nur die­ser ist in der Lage die Juden als sol­che völ­ker­recht­lich zu ver­tre­ten und die­je­ni­gen Juden auf­zu­neh­men, die in ihrem Hei­mat­land nicht blei­ben kön­nen oder wol­len. Der na­tio­na­le Mit­tel­punkt für die­sen auf le­ga­lem Wege zu schaf­fen­den Staat ist der his­to­risch ge­weih­te Boden Pa­läs­ti­nas.
III. Die­ses End­ziel muss so­wohl durch die He­bung des jü­di­schen Selbst­be­wusst­seins als durch ziel­be­wuss­te prak­ti­sche Thä­tig­keit vor­be­rei­tet wer­den. Als Mit­tel hier­zu die­nen:
a) Die För­de­rung der jü­di­schen Ko­lo­ni­en in Sy­ri­en und Pa­läs­ti­na.
b) Die Pfle­ge jü­di­schen Wis­sens und jü­di­scher Sitte (Li­te­ra­tur, Ge­schich­te und he­bräi­sche Spra­che).
c) Die Ver­bes­se­rung der so­cia­len und kul­tu­rel­len Lage der Juden. (Bo­den­hei­mer 1978, 112)
(Vgl. die »Sta­tu­ten des Ver­eins ›Zion‹« in Hei­del­berg, deren Rei­hen­fol­ge auf eine an­de­re Ge­wich­tung ver­weist: »§1. Die Ziele des Ver­eins ›Zion‹ sind fol­gen­de:
I. Die Ver­brei­tung der Kennt­nis der he­bräi­schen Ge­schich­te, Spra­che und Li­te­ra­tur unter den Juden.
II. Die Her­stel­lung einer Ei­nig­keit unter allen Be­ken­nern des Ju­den­th­ums ohne Un­ter­schied zum Zwe­cke der ge­mein­sa­men Ver­bes­se­rung des Loses der Juden.
III. Die Ver­wirk­li­chung der Idee der Co­lo­ni­sa­ti­on Pa­läs­ti­na's durch Juden.
IV. Die Schaf­fung eines ein­heit­li­chen Mit­tel­punc­tes für alle auf geis­ti­ge Aus­bil­dung ge­rich­te­ten Be­stre­bun­gen in den zu grün­den­den pa­läs­ti­nen­si­schen Co­lo­nie­en. Der­sel­be soll ge­won­nen wer­den durch die Her­stel­lung einer Hoch­schu­le für die Er­wer­bung aller re­li­giö­sen, wis­sen­schaft­li­chen und prac­ti­schen Kennt­nis­se (a. theo­lo­gi­sche, b. theo­re­ti­sche und c. tech­nisch-agro­no­mi­sche Abt­hei­lung).
§2. Die bei­den ers­ten Ziele wer­den durch Vor­trä­ge, Be­spre­chun­gen und Dis­cus­sio­nen, wie durch Lehr­kur­se er­reicht.)
§3. Be­hufs Er­rei­chung des drit­ten Zie­les kauft der Ver­ein Land in Pa­läs­ti­na an, wozu er die Mit­tel durch pe­ri­odi­sche Samm­lun­gen unter sei­nen Mit­glie­dern er­hält.« (Rein­harz 1981, 10f.)

Im sel­ben Jahr 1897 be­kräf­tigt Bo­den­hei­mer, »dass wir trotz der Zer­streu­ung unter den Völ­kern immer als eine na­tio­na­le Ein­heit be­trach­tet wor­den sind und dass hier­an auch die so­ge­nann­te Eman­ci­pa­ti­on nichts ge­än­dert hat« (1978, 178). Auf der Basis von Au­to­eman­zi­pa­ti­on und Zio­nis­mus ist die Ab­sa­ge an die Mehr­heits­ge­sell­schaft als Mar­kie­rung eines Gleich­stel­lungs­de­fi­zits mög­lich ge­wor­den und mit der ver­än­der­ten Ziel­set­zung des Au­to­eman­zi­pa­ti­ons­pro­zes­ses haben sich nicht nur die Mit­wir­kungs­mög­lich­kei­ten des ein­zel­nen grund­sätz­lich ver­än­dert, son­dern es ist auch eine dis­tan­zier­te Ein­schät­zung der ers­ten Eman­zi­pa­ti­on (»die so­ge­nann­te Eman­zi­pa­ti­on«) fest­zu­stel­len. Dass diese kri­ti­sche Per­spek­ti­ve sich fort­setzt, be­legt Theo­dor Les­sing, der in sei­ner Schrift Der jü­di­sche Selbst­hass (1930) zur Si­tua­ti­on der Juden um 1750 for­mu­liert, dass »die bür­ger­li­che Eman­zi­pa­ti­on an ihnen voll­zo­gen wer­den soll­te« (Les­sing 1984, 24), d.h. dass diese Eman­zi­pa­ti­on keine Be­frei­ung, son­dern eine ver­ord­ne­te Ein­glie­de­rung in die Mehr­heits­ge­sell­schaft be­deu­tet. Da­ge­gen for­dert der Zio­nis­mus als Ori­en­tie­rungs­an­ge­bot jeden ein­zel­nen zur Ent­schei­dung für oder wider die Grün­dung eines jü­di­schen Na­tio­nal­staats und seine Mit­wir­kung dabei sowie über die Be­reit­schaft, nach Pa­läs­ti­na zu gehen, auf. Die zio­nis­ti­sche Ex­klu­si­ons­struk­tur ent­we­der (Deutsch­land) – oder (Pa­läs­ti­na) lässt auch die Ent­hal­tung ge­schichts­wirk­sam wer­den. Herzl schlie­ßt die »Vor­re­de« zum Ju­den­staat mit fol­gen­der Fest­stel­lung: »Es hängt also von den Juden selbst ab, ob diese Staats­schrift vor­läu­fig nur ein Staats­ro­man ist. Wenn die jet­zi­ge Ge­ne­ra­ti­on noch zu dumpf ist, wird eine an­de­re, hö­he­re, bes­se­re kom­men. Die Juden, die wol­len, wer­den ihren Staat haben und sie wer­den ihn ver­die­nen« (Herzl 1978, 199).

In die­sem Zu­sam­men­hang über­rascht es nicht, dass im zio­nis­ti­schen Dis­kurs der Jahr­hun­dert­wen­de als ste­reo­typ zu jeder Ver­öf­fent­li­chung eine er­fah­rungs­fun­dier­te Be­grün­dung dafür ge­hört, wie und warum der Ver­fas­ser zum Zio­nis­mus ge­fun­den hat; in der Regel wird dies in der Ein­lei­tung mit­ge­teilt. In zahl­rei­chen Bro­schü­ren geht es um die Ent­schei­dung zur Grün­dung einer neuen Welt als Be­frei­ung von alten Or­ga­ni­sa­ti­ons­struk­tu­ren und Tra­di­tio­nen sowie als freie Bin­dung an das zio­nis­ti­sche Pro­jekt. (Kann das zio­nis­ti­sche Pro­jekt der Grün­dung eines na­tio­nal­jü­di­schen Staa­tes unter dem Pro­gramm­be­griff einer neuen Welt ge­se­hen wer­den, von der Er­lö­sung, Heil und Her­stel­lung von Ord­nung er­war­tet wer­den, so er­ge­ben sich in­ter­es­san­te Be­zü­ge zu li­te­ra­ri­schen Welt­aus­le­gungs­an­ge­bo­ten die­ser Zeit, die eine ähn­li­che Kon­flikt­kon­stel­la­ti­on zei­gen. Zio­nis­ti­sche und li­te­ra­ri­sche Pro­jek­te zie­len auf die Kon­struk­ti­on neuer Wel­ten durch Aus­zug und Auf­bau­ar­beit ent­ge­gen den his­to­ri­schen Avant­gar­den, für die die De­struk­ti­on als Mit­tel zur Her­stel­lung neuer Wel­ten prio­ri­tär zu sein scheint. Al­fred Ku­bins (1877-1959) Roman Die an­de­re Seite ( 1909), Alex­an­der Mo­ritz Freys (1881-1957) Roman Sol­ne­man der Un­sicht­ba­re (1914), die große Zahl der ›Jesus‹-Ro­ma­ne (vgl. Dü­cker 2003), um nur diese Bei­spie­le zu nen­nen, ver­bin­den den Aus­zug aus einer in Un­ord­nung ge­ra­te­nen Welt – De­fi­zi­ter­fah­rung – mit der Er­lö­sungs­pro­gram­ma­tik und der Her­stel­lung neuer Ord­nung, wenn es ge­lingt, eine nicht zu über­win­den­de Gren­ze zur alten Welt auf­zu­bau­en. Al­ler­dings schei­tern die li­te­ra­ri­schen So­zi­al­ver­su­che, weil sie auf die Kom­mu­ni­ka­ti­on mit der alten Welt an­ge­wie­sen blei­ben, weil sie keine dau­er­haft funk­tio­nie­ren­den so­zia­len In­sti­tu­tio­nen und Struk­tu­ren auf­bau­en. Auch in Herzls Roman Alt­neu­land (1902) er­weist sich die pri­va­te neue Welt auf der Insel als nicht le­bens­fä­hig, wohl aber die zio­nis­ti­sche Staats­grün­dung in Pa­läs­ti­na. Im Nach­wort an seine jü­di­schen Leser prägt Herzl (1978, 193) die For­mel: »Wenn ihr aber nicht wollt, so ist und bleibt es ein Mär­chen, was ich euch er­zählt habe«.)

Be­grün­det wird die Not­wen­dig­keit au­to­eman­zi­pa­to­ri­schen Han­delns in der Regel mit dem er­fah­rungs­fun­dier­ten Ges­tus einer De­fi­zit­mar­kie­rung. Bo­den­hei­mer schreibt in sei­nen Er­in­ne­run­gen:

Mein Ge­dan­ken­gang war ein­fach: Hier ist ein zer­streu­tes Volk, das ab­ge­son­dert von einer ge­mein­sa­men Schol­le lebt und dar­un­ter lei­det. Die Ur­sa­che die­ses Un­glücks war seine Ent­frem­dung von sei­ner Wur­zel – dem Hei­mat­bo­den. Des­halb müs­sen sich die jü­di­schen Mas­sen wie­der in einem Lande ver­ei­ni­gen, in dem sie eine Volks­mehr­heit bil­den kön­nen. […] Schlie­ß­lich trieb mich ein grim­mi­ger Zorn über den Ju­den­hass zu dich­te­ri­scher Ge­stal­tung... Als ich mich spä­ter in der zio­nis­ti­schen Be­we­gung be­tä­tig­te, sind ei­ni­ge [Ge­dich­te] in jü­di­schen Ka­len­dern, in der All­ge­mei­nen Zei­tung des Ju­den­tums und in Lie­der­bü­chern der na­tio­na­len Stu­den­ten­schaft ab­ge­druckt wor­den. (Bo­den­hei­mer 1978, 16f.)

Herzl be­ginnt seine Bro­schü­re Ju­den­staat (1896), für deren Ver­öf­fent­li­chung er Pins­kers Schrift nicht ge­kannt hat (Land­mann 1940, 538), mit fol­gen­der Er­klä­rung:

Der Ge­dan­ke, den ich in die­ser Schrift aus­füh­re, ist ein ur­al­ter. Es ist die Her­stel­lung des Ju­den­staa­tes. Die Welt wi­der­hallt vom Ge­schrei gegen die Juden, und das weckt den ein­ge­schlum­mer­ten Ge­dan­ken auf. […] Auf die trei­ben­de Kraft kommt es an. Und was ist diese Kraft? Die Ju­den­not. Wer wagt zu leug­nen, dass diese Kraft vor­han­den sei? Wir wer­den uns damit im Ka­pi­tel über die Grün­de des An­ti­se­mi­tis­mus be­schäf­ti­gen. (Herzl 1978, 197).

Elias Au­er­bach führt auch in­tel­lek­tu­el­le Er­fah­run­gen an:

Aber viel­leicht war ge­ra­de meine so fast voll­stän­di­ge Iso­liert­heit, in der mich die­ses Buch [Hess' Rom und Je­ru­sa­lem) fes­sel­te, die Ur­sa­che, dass seine Grund­stim­mung so au­ßer­or­dent­lich auf mich wirk­te. Was mich anzog, war die Be­grün­dung des na­tio­na­len Ju­den­tums und sei­ner zio­nis­ti­schen Kon­se­quenz aus dem Ge­samt­ver­lauf der jü­di­schen Ge­schich­te und vor allem die Be­to­nung des Kul­tur­ge­halts der klas­si­schen Pe­ri­ode des an­ti­ken Is­ra­el, die Ein­rei­hung der Bibel in die gro­ßen Li­ni­en der geis­ti­gen Ent­wick­lung der Mensch­heit. Hier wurde der Stolz des Juden auf sein Ju­de­sein zur trei­ben­den Kraft der Selbst­be­frei­ung, nicht die äu­ße­re Not der ost­jü­di­schen Mas­sen oder die an­ti­se­mi­ti­sche Er­nied­ri­gung in den west­li­chen Län­dern. Die­ser Zio­nis­mus von Moses Hess ent­flamm­te das per­sön­li­che be­geis­tern­de Ge­fühl, das zum Ideal eines jun­gen Men­schen wer­den konn­te. Die­ser Art des Zio­nis­mus als einer ge­schicht­li­chen Not­wen­dig­keit bin ich zeit mei­nes Le­bens treu ge­blie­ben. (Au­er­bach 1969, 75)

Ri­chard Licht­heim wählt als Ka­pi­tel­über­schrift für jene Ab­schnit­te, in denen er seine Wen­dung zum Zio­nis­mus er­zählt »Ge­schich­te einer Be­keh­rung« mit der zen­tra­len »Er­kennt­nis«:

Der tiefs­te Grund, wes­halb ich so schnell für den Zio­nis­mus reif wurde, ob­wohl es mir an jü­di­schem Wis­sen und an jü­di­scher Er­zie­hung fehl­te, war die durch drei Ge­ne­ra­tio­nen mei­ner Fa­mi­lie er­leb­te Er­kennt­nis, dass die Ju­den­fra­ge eine Lö­sung ver­lang­te, die die ganze Per­sön­lich­keit des Men­schen um­fass­te. Meine Väter glaub­ten nicht mehr an das Ju­den­tum und an seine Zu­kunfts­mög­lich­keit. Sie woll­ten daher Deut­sche sein. Als ich er­kann­te, dass ihnen das nicht so ge­lun­gen war, wie sie es sich er­träumt hat­ten, als ich be­griff, dass ich selbst nie­mals im vol­len Sinne Deut­scher sein könne, be­sann ich mich auf mein Ju­den­tum. Das aber hieß für mich, in­ner­halb die­ses Ju­den­tums jene voll­stän­di­ge, kom­pro­miss­lo­se Lö­sung mei­nes Pro­blems zu su­chen, die ich im Deutsch­tum nicht fin­den konn­te, eine Lö­sung, in die ich mit mei­ner gan­zen Per­sön­lich­keit ein­ge­hen, in der ich die feh­len­de Har­mo­nie mei­ner in­di­vi­du­el­len und na­tio­na­len Exis­tenz fin­den konn­te. Darum ver­moch­te ich die Los­lö­sung von mei­ner Ver­gan­gen­heit erst dann zu voll­zie­hen und mich erst dann zum Ju­den­tum zu be­ken­nen, als der Zio­nis­mus sich vor mir auf­tat. In ihm war die Ju­den­fra­ge so ra­di­kal und wi­der­spruchs­los ge­löst wie in der mir ver­trau­ten Theo­rie der As­si­mi­la­ti­on. (Au­er­bach 1970, 63f.)

In Herzls Roman Alt­neu­land (1902) ist es die Er­fah­rung der be­ruf­li­chen Aus­sichts- und der bür­ger­li­chen Per­spek­tive­lo­sig­keit jun­ger jü­di­scher Aka­de­mi­ker, die den jü­di­schen Prot­ago­nis­ten Fried­rich Lö­wen­berg auf An­re­gung eines zi­vi­li­sa­ti­ons­mü­den deut­schen Ade­li­gen, der den eng­li­schen Namen Kings­court an­ge­nom­men hat, zum Auf­bruch aus der eu­ro­päi­schen Zi­vi­li­sa­ti­on zu einer Insel in der Süd­see ver­an­las­sen, wo Kings­court sich eine ei­ge­ne, pri­va­te Welt auf­ge­baut hat. Für die Fahrt mit der Yacht Kings­courts dort­hin schlägt die­ser einen kur­zen Be­such im »Va­ter­land« (38) Lö­wen­bergs, in Haifa, bzw. Jaffa vor. Auf we­ni­gen Sei­ten wer­den erste An­sät­ze der Mo­der­ni­sie­rung der Le­bens­for­men dort be­schrie­ben. Den Haupt­teil des Ro­mans nimmt Lö­wen­bergs Be­such in Haifa zwan­zig Jahre spä­ter, im Jahre 1923, ein. Herzl ge­stal­tet die im Ju­den­staat ent­wor­fe­nen Le­bens­for­men als Aus­druck der Mo­der­ne, womit er die Dis­tanz zum jü­di­schen Mes­sia­nis­mus ver­tieft. Tech­ni­sche In­fra­struk­tur, ein aus­ge­dehn­tes Ver­kehrs­netz, Kran­ken­häu­ser, Schu­len, Bil­dungs­ein­rich­tun­gen, me­cha­ni­sier­te For­men der Land­wirt­schaft, ra­tio­na­le For­men der Kom­mu­ni­ka­ti­on und Fi­nanz­wirt­schaft bie­ten allen Bür­gern einen aus­kömm­li­chen Le­bens­stan­dard.

Nach der Dia­gno­se einer sub­jek­ti­ven De­fi­zi­ter­fah­rung geht es in der zwei­ten Phase um die Frage, was sein soll und wie die Rea­li­sie­rung die­ser Pro­gram­ma­tik er­reicht wer­den kann. Die Lö­sung bie­tet das Be­kennt­nis zum Zio­nis­mus.

Hier waren die Ant­wor­ten auf alle Fra­gen, die ich mir und mei­ner Um­ge­bung seit Jah­ren ge­stellt hatte: nicht durch As­si­mi­la­ti­on und Taufe, son­dern durch die ei­ge­ne Tat im ei­ge­nen Lande soll­ten die Be­zie­hun­gen der Juden zu den an­de­ren Völ­kern nor­ma­li­siert und so der An­ti­se­mi­tis­mus über­wun­den wer­den. Nicht die Imi­ta­ti­on frem­der Art, nicht die An­pas­sung an die Um­welt – an eng­li­sche »Gen­ti­les«, preu­ßi­sche Jun­ker oder an­de­re Ge­sell­schaft­s­ty­pen in Eu­ro­pa – ver­moch­ten die Lö­sung des per­sön­li­chen Pro­blems zu brin­gen, das jeder Jude mit sich her­um­trug. Diese Lö­sung muss­te von innen kom­men, aus der ei­ge­nen Natur. [Au­er­bach er­kennt,] dass nicht mein in­di­vi­du­el­ler Wille, son­dern eine vier­tau­send­jäh­ri­ge Ge­schich­te mich un­wi­der­ruf­lich zum Juden ge­macht hatte. Das Be­kennt­nis zum Zio­nis­mus war also das Be­kennt­nis zu mir selbst. Das war die Lö­sung der Ju­den­fra­ge. Es konn­te keine an­de­re geben. (Au­er­bach 1970, 68)

Ein­dring­lich macht Au­er­bach deut­lich, dass Au­to­eman­zi­pa­ti­on eine Me­tho­de dar­stellt, sich von einer Ord­nung los­zu­sa­gen, um sich zu einer an­de­ren zu be­ken­nen. Daher braucht Au­to­eman­zi­pa­ti­on ein Ad­jek­tiv wie ›jü­di­sche‹ oder ein Ge­ni­ti­vat­tri­but wie ›Au­to­eman­zi­pa­ti­on der Juden‹.

Für Herzl und an­de­re ist – als drit­te Phase des An­kom­mens in der neuen Ord­nung – für das Ge­lin­gen der Staa­ten­grün­dung in Pa­läs­ti­na das Merk­mal der re­pe­ti­ti­ven Ak­tua­li­sie­rung der zio­nis­ti­schen Idee kon­sti­tu­tiv. »Nie­mand ist stark oder reich genug, um ein Volk von einem Wohn­ort nach einem an­de­ren zu ver­set­zen. Das ver­mag nur eine Idee. Die Staats­idee hat wohl eine sol­che Ge­walt« (Herzl 1978, 205). In die­sem Zu­sam­men­hang gibt Herzl dem Zio­nis­mus als Rah­men der Aus­hand­lungs- und Über­gangs­pha­se zum ei­ge­nen Staat eine kon­sti­tu­ti­ve Funk­ti­on: »Der Zio­nis­mus ist die Heim­kehr zum Ju­den­tum noch vor der Rück­kehr ins Ju­den­land« (zit. nach Licht­heim 1970, 69). Für die­sen Staat sol­len die Mög­lich­kei­ten der mo­der­nen Tech­nik ge­nutzt wer­den, so dass viele sei­ner Bür­ger eine ganz kon­kre­te Ver­bes­se­rung ihrer be­kann­ten Wohn­ver­hält­nis­se er­leb­ten. Unter der Über­schrift »Die Je­wish Com­pa­ny« ent­wirft Herzl »Grund­zü­ge« die­ses Staa­tes mit Ab­schnit­ten zu »Im­mo­bi­li­en­ge­schäft, Der Land­kauf, Ar­bei­ter­woh­nun­gen, Die ›Un­ge­lern­ten‹ Ar­bei­ter (Un­skil­led La­bou­rers), Der Sie­ben­stun­den­tag, Die Ar­beits­hil­fe , Der Markt­ver­kehr, In­dus­tri­el­le An­re­gun­gen, An­sied­lung von Fach­ar­bei­tern, Die Geld­be­schaf­fung, Die Ver­pflan­zung, Die Grup­pen­wan­de­rung, Stadt­plä­ne, Das Phä­no­men der Menge, Unser Men­schen­ma­te­ri­al, Spra­che, Ge­set­ze, Die Fahne«. Ähn­lich auf­ge­baut sind Bo­den­hei­mers »Sta­tu­ten der Co­lo­ni­al-Ge­sell­schaft«.

So er­gibt sich für den Pro­zess der jü­di­schen Au­to­eman­zi­pa­ti­on eine drei­pha­si­ge Ver­laufs­struk­tur, deren ein­zel­ne Sta­tio­nen an die Ver­laufs­form des Über­gangs­ri­tu­als (rite de pas­sa­ge) in der grund­sätz­li­chen Be­schrei­bung Ar­nold van Gen­neps er­in­nern mögen.
1. De­fi­zi­ter­fah­rung und Selbst­re­fle­xi­vi­tät zur Dia­gnos­tik der je­wei­li­gen Si­tua­ti­on (Un­ord­nung) als Aus­gangs­si­tua­ti­on einer Ver­än­de­rung (Ord­nungs­her­stel­lung).
2. Ent­schei­dung über not­wen­di­ge und mög­li­che Ge­gen- oder Kor­rek­tur­maß­nah­men im Rah­men einer Ziel­be­schrei­bung, Ent­wurf zu deren Um­set­zung. Spä­tes­tens in die­ser Phase er­folgt das Be­kennt­nis zum Zio­nis­mus.
3. Rea­li­sie­rung des Ziels als of­fe­ner Pro­zess.

4.1. Jü­di­sche Geg­ner und Kri­ti­ker

Selbst­ver­ständ­lich hat das Kon­zept Au­to­eman­zi­pa­ti­on / Zio­nis­mus auch jü­di­sche Kri­ti­ker und Geg­ner ge­fun­den. So wen­det sich die Grup­pe der ›Pro­testrab­bi­ner‹ gegen die ihrer Ein­schät­zung nach re­li­gi­ons­neu­tra­le Ori­en­tie­rung des Kon­zepts und seine Miss­ach­tung des Mes­sia­nis­mus, wenn das Ideal schon im All­tag des Na­tio­nal­staats ver­wirk­licht werde. As­si­mi­lier­te und ge­schäft­lich er­folg­rei­che west­eu­ro­päi­sche Juden wei­gern sich, auf ihre bür­ger­li­che An­er­ken­nung und ihren Be­sitz zu ver­zich­ten und ›in die Wüste‹ zu zie­hen. Von kos­mo­po­li­ti­scher Seite heißt es, dass es nicht sinn­voll sei, einen ei­ge­nen Staat zu grün­den, wenn die Welt dabei sei, zu­sam­men zu wach­sen. Max Kol­len­scher ver­steht seine Bro­schü­re Zio­nis­mus oder li­be­ra­les Ju­den­tum (1912) als »selb­stän­di­ge[n] Bei­trag zur ge­gen­wär­ti­gen Par­tei­ung im Ju­den­tum« (Kol­len­scher 1912, Vor­wort). »Der Zio­nis­mus hat Juden der gan­zen Welt auf na­tio­na­ler Grund­la­ge or­ga­ni­siert. […] Der Kampf gegen den Zio­nis­mus ist eben­so alt wie der Zio­nis­mus selbst« (7). »Der jü­di­sche Li­be­ra­lis­mus hat nur einen fest­ste­hen­den un­be­ding­ten Pro­gramm­punkt, den Kampf gegen den Zio­nis­mus« (8). Li­be­ra­lis­mus »ist die or­ga­ni­sier­te As­si­mi­la­ti­on« (8), was Kol­len­scher dann an Bei­spie­len nach­weist. Hans-Joa­chim Scho­eps be­zeich­net im Brief­wech­sel mit Max Brod den Zio­nis­mus wegen des­sen Po­li­tik der Land­nah­me als »eine Spät­blü­te des west­eu­ro­päi­schen Im­pe­ria­lis­mus, der sel­ber wie­der sä­ku­la­ri­sier­ter abend­län­di­scher Reichs­ge­dan­ke ist. Der Zio­nis­mus ist keine re­li­giö­se Be­we­gung; die Kon­zep­ti­on des jü­di­schen Vol­kes sä­ku­la­ri­siert sogar das Re­li­giö­se« (5. Aug. 1932, S. 74). Scho­eps hält den Zio­nis­mus für ein Ver­bre­chen am Ju­den­tum […], seine hu­ma­ni­tär-ethi­sche Ver­wäs­se­rung al­ler­dings nur für eine Al­bern­heit« (27. 7. 1933, S. 80). »Die Er­leb­nis­in­hal­te, die man haben muss, um Zio­nist zu wer­den, sind mir nie zu­teil ge­wor­den und das, was mir völ­ki­sche Ver­wur­ze­lung gibt, liegt Ihnen fern« (74). Am 25. Juni 1933 schreibt er an Brod: »Ich ver­ste­he die In­stinkt­lo­sig­keit der Pra­ger Zio­nis­ten nicht, mit der sie deut­sche Juden, die um ihr Recht und ihren An­teil am deut­schen Va­ter­land kämp­fen, durch iro­ni­sche Be­mer­kun­gen ver­ächt­lich ma­chen kön­nen. Dass wir keine Nazis sind und als deut­sche Kon­ser­va­ti­ve im to­ta­len Staat einen schwe­ren Stand haben und aus­sichts­lo­sen Kampf kämp­fen wis­sen Sie ja« (78). [Vgl. Scho­eps ra­di­ka­le Ab­leh­nung des Zio­nis­mus als »na­tio­na­lis­ti­scher Seu­che« im Brief an Ben-Cho­rin vom 18.3. 1950: »Zio­nis­ten wie Nazis sind völ­ki­sche Be­we­gun­gen, die von unten her Staat auf­bau­en wol­len« (56). Ben-Cho­rin (22.08. 1951) er­war­tet eine Neu­fas­sung des Ba­se­ler Pro­gramms von 1897 auf dem »23. Zio­nis­ten­kon­gress« in Je­ru­sa­lem 1951: »Der Zio­nis­mus er­strebt die Er­lö­sung des Vol­kes Is­ra­el durch Samm­lung sei­ner Zer­streu­ten im Lande Is­ra­el und die Stär­kung des Staa­tes Is­ra­el« (67). Schlie­ß­lich for­mu­liert Ben-Cho­rin (11.02.1971) fol­gen­de Al­ter­na­ti­ve: »Die ak­ti­ve Be­reit­schaft für Deutsch­land läßt keine Mit­ar­beit an der Ewig­keit Is­ra­els mehr zu« (101).]

Zum Ab­schluss noch eine ak­tu­el­le Nach­richt. Die SZ vom 30. 08. 2013 mel­det, dass Is­ra­el noch ein­mal eine Grup­pe äthio­pi­scher Juden (Fa­laschen) aus der Dia­spo­ra auf­ge­nom­men habe. Damit sei die­ser Pro­zess ab­ge­schlos­sen.

Li­te­ra­tur:

ALT­GELD, WOLF­GANG: Wind­t­horsts Prin­zi­pi­en in der De­bat­te um den An­ti­se­mi­tis­mus. In: Lud­wig Wind­t­horst 1812-1891. Christ­li­cher Par­la­men­ta­ri­er und Ge­gen­spie­ler Bis­marcks. Be­gleit­buch zur Ge­denk­aus­stel­lung aus Anlaß des 100. To­des­ta­ges. 2. Aufl. Hg. vom Land­kreis Ems­land und der Lud­wig-Wind­t­horst-Stif­tung. Mep­pen 1992, 48-52.
AU­ER­BACH, ELIAS: Pio­nier der Ver­wirk­li­chung. Ein Arzt aus Deutsch­land er­zählt vom Be­ginn der zio­nis­ti­schen Be­we­gung und sei­ner Nie­der­las­sung in Pa­läs­ti­na kurz nach der Jahr­hun­dert­wen­de. Stutt­gart 1969.
BAR­NI­KOL, ERNST: Das ent­deck­te Chris­ten­tum im Vor­märz. Bruno Bau­ers Kampf gegen Re­li­gi­on und Chris­ten­tum und Erst­aus­ga­be sei­ner Kampf­schrift. Jena 1927.
BO­DEN­HEI­MER, HEN­RI­ET­TE HAN­NAH (HG.): Der Durch­bruch des po­li­ti­schen Zio­nis­mus in Köln 1890-1900. Eine Do­ku­men­ta­ti­on. Brie­fe, Pro­to­kol­le, Flug­blät­ter, Reden. Köln 1978.
BO­EH­LICH, WAL­TER (HG.): Der Ber­li­ner An­ti­se­mi­tis­mus­streit. Frank­furt am Main 1965.
BORCH­MEY­ER, DIET­RICH: Ri­chard Wag­ners An­ti­se­mi­tis­mus. In: Aus Po­li­tik und Zeit­ge­schich­te, 63. Jg., 21. Mai 2013, 23- 29.
BROD, MAX: Hei­den­tum Chris­ten­tum Ju­den­tum. Ein Be­kennt­nis­buch. 2 Bde. Mün­chen 1922 [1921].
DOHM, CHRIS­TI­AN WIL­HELM: Ueber die bür­ger­li­che Ver­bes­se­rung der Juden. Neue ver­bes­ser­te Auf­la­ge. Mit Kö­nig­lich Preu­ßi­scher Frei­heit. Ber­lin und Stet­tin 1783 (1781).
DÜ­CKER, BURCK­HARD: Er­lö­sung und Mas­sen­wahn. Zur li­te­ra­ri­schen My­tho­lo­gie des Se­zes­sio­nis­mus im 20. Jahr­hun­dert. Hei­del­berg 2003.
ELONI, YE­HU­DA: Zio­nis­mus in Deutsch­land. Von den An­fän­gen bis 1914. Ger­lin­gen 1987.
FREUND, JSMAR: Die Eman­zi­pa­ti­on der Juden in Preu­ßen unter be­son­de­rer Be­rück­sich­ti­gung des Ge­set­zes vom 11. März 1812. Ein Bei­trag zur Rechts­ge­schich­te der Juden in Preu­ßen. Bd.1.: Dar­stel­lung. Bd. 2.: Ur­kun­den. Ber­lin 1912.
GOE­BEL, UL­RICH / OSKAR REICH­MANN (HG.): Früh­neu­hoch­deut­sches Wör­ter­buch Bd. 4, Ber­lin/New York 2000.
GOLD­STEIN, WAL­TER: Chro­nik des Herzl-Bun­des 1912-1962. Die Ge­schich­te einer Zi­ons-Sehn­sucht. Hg. vom Prä­si­di­um des Herzl-Bun­des. Tel Aviv 1962.
GREIF­FEN­HA­GEN, MAR­TIN: Eman­zi­pa­ti­on. In: His­to­ri­sches Wör­ter­buch der Phi­lo­so­phie. Hg. von Joa­chim Rit­ter u.a. Bd. Darm­stadt 1972, Sp. 448f.
GRIMM, JACOB / WIL­HELM GRIMM: Deut­sches Wör­ter­buch. Neu­be­ar­bei­tet und Hg. von der Ber­lin-Bran­den­bur­gi­schen Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten und der Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten zu Göt­tin­gen. Bd. 7, Stutt­gart / Leip­zig 1993, 1246-1248.
HER­ZIG, ARNO/CAY RA­DE­MA­CHER (HG.): Die Ge­schich­te der Juden in Deutsch­land. Bonn 2008. (Bun­des­zen­tra­le für po­li­ti­sche Bil­dung)
HERZL, THEO­DOR: »Wenn ihr wollt, ist es kein Mär­chen«. Alt­neu­land / Der Ju­den­staat. Hg. und ein­gel. Von Ju­li­us Scho­eps. Kron­berg/Ts. 1978.
HÖX­TER, JU­LI­US: Quel­len­buch zur jü­di­schen Ge­schich­te und Li­te­ra­tur. (Klei­ne Aus­ga­be) Frank­furt am Main 1935. (Vgl. Höx­ters Pro­jekt ›Quel­len­bü­cher‹ – große Aus­ga­be – 1927ff.)
HÖX­TER, JU­LI­US: Quel­len­tex­te zur jü­di­schen Ge­schich­te und Li­te­ra­tur. Hg. und er­gänzt von Mi­cha­el Tilly. Wies­ba­den 2009.
KAGAN, GEN­NA­DI E.: Der Ruf aus Wien. Die zio­nis­ti­sche Be­we­gung Theo­dor Herzls unter dem Za­re­n­ad­ler. Köln / Wei­mar 2002.
KATZ, JACOB: The Term ›Je­wish Eman­ci­pa­ti­on‹: Its Ori­gin an His­to­ri­cal Im­pact. In: ders.: Eman­ci­pa­ti­on an As­si­mi­la­ti­on. Stu­dies in mo­dern Je­wish His­to­ry. Farn­bo­rough 1972, 21-45.
KATZ, JACOB: Vom Vor­ur­teil bis zur Ver­nich­tung. Der An­ti­se­mi­tis­mus 1700-1933. Aus dem Eng­li­schen von Ul­ri­ke Ber­ger. Mün­chen 1989.
KATZ, JACOB: Mes­sia­nis­mus und Zio­nis­mus. In: Jü­di­scher Al­ma­nach 1993 des Leo Baeck In­sti­tuts. Hg. von Jakob Hes­sing. Frank­furt am Main 1992, 11-25.
KLUGE: Ety­mo­lo­gi­sches Wör­ter­buch der deut­schen Spra­che. Be­ar­bei­tet von E. See­bald. 23., er­wei­ter­te Aufl. Ber­lin/New York 1995.
KRIE­GER, KARS­TEN (BEARB.): Der »Ber­li­ner An­ti­se­mi­tis­mus­streit« 1879-1881. Eine Kon­tro­ver­se um die Zu­ge­hö­rig­keit der deut­schen Juden zur Na­ti­on. Kom­men­tier­te Quel­le­ne­di­ti­on. Im Auf­trag des Zen­trums für An­ti­se­mi­tis­mus­for­schung. 2 Bde. Mün­chen 2003.
KRO­NAU­ER, UL­RICH: »An­ti­se­mi­ti­sche Wölfe im Schafs­pelz«? Über­le­gun­gen an­lä­ß­lich der Kri­tik von Da­ni­el Gold­ha­gen an der deut­schen Auf­klä­rung. In: Klo­e­p­fer, Rolf/Burck­hard Dü­cker (Hg.): Kri­tik und Ge­schich­te der In­to­le­ranz. Hei­del­berg 2000, 57-73.
LAND­MANN, ISAAC (HG.): The uni­ver­sal je­wish en­cy­clo­pe­dia (in ten vo­lu­mes). An aut­ho­ri­ta­ti­ve and po­pu­lar pre­sen­ta­ti­on of Jews and Ju­da­ism since the ear­liest times. Vol. 8. New York 1940, 537f.
LES­SING, THEO­DOR: Die Un­lös­bar­keit der Ju­den­fra­ge. In: ders.: Ich warf eine Fla­schen­post ins Eis­meer der Ge­schich­te. Es­says und Feuille­tons. Hg. und ein­ge­lei­tet von Rai­ner Mar­we­del. Darm­stadt/Neu­wied 1986, 415-425.
LICHT­HEIM, RI­CHARD: Rück­kehr. Le­bens­er­in­ne­run­gen aus der Früh­zeit des deut­schen Zio­nis­mus. Stutt­gart 1970.
MES­SER­SCHMID, FELIX: De­mo­kra­ti­sie­rung – Col­lo­qui­um über einen um­strit­te­nen Be­griff. Vor­be­mer­kung. In: aus po­li­tik und zeit­ge­schich­te. Bei­la­ge zur wo­chen­zei­tung das par­la­ment. 1. Mai 1971, 3-5.
MEYER, MI­CHA­EL A. (HG.): Deutsch-jü­di­sche Ge­schich­te in der Neu­zeit. Band III: Um­strit­te­ne In­te­gra­ti­on 1871-1918. Von Ste­ven M. Lo­wen­stein, Paul Men­des-Flohr, Peter Pul­zer und Mo­ni­ka Ri­ch­arz. Mün­chen 1997.
MEI­ER-CRO­NE­MEY­ER, HER­MANN: Zur Ge­schich­te des Zio­nis­mus. In: Aus Po­li­tik und Zeit­ge­schich­te 15. 04. 1988, 23-37.
NI­CO­SIA, FRAN­CIS R.: Zio­nis­mus und An­ti­se­mi­tis­mus im Drit­ten Reich. Aus dem Eng­li­schen von Karin Hanta. Göt­tin­gen 2012 (engl. 2008).
REIN­HARZ, JE­HU­DA (HG.): Do­ku­men­te zur Ge­schich­te des Deut­schen Zio­nis­mus 1882-1933. Tü­bin­gen 1981.
RI­CH­ARZ, MO­NI­KA: Der jü­di­sche Weih­nachts­baum – Fa­mi­lie und Sä­ku­la­ri­sie­rung im deut­schen Ju­den­tum des 19. Jahr­hun­derts. In: Grütt­ner, Mi­cha­el/Rü­di­ger Hacht­mann/Heinz-Ger­hard Haupt (Hg.): Ge­schich­te und Eman­zi­pa­ti­on. Fest­schrift für Rein­hard Rürup. Frank­furt/New York 1999, 275-289.
RIE­MER, NA­THA­NA­EL: Die Dar­stel­lung von Juden, Ju­den­tü­mern und an­de­ren Min­der­heits­kul­tu­ren in Zed­lers Uni­ver­sal-Le­xi­con. In: Loh­strä­ter, Kai / Flem­ming Schock (Hg.): Die ge­sam­mel­te Welt. Stu­di­en zu Zed­lers Uni­ver­sal-Le­xi­con. Wies­ba­den 2013, 171-187.
RIES­SER, GA­BRI­EL: Aus­ge­wähl­te Werke.​Teilband 1. Hg. von Uri R. Kauf­mann und Jobst Paul. Wien/Köln/Wei­mar 2012.
ROTH, CECIL (HG.): The Stan­dard Je­wish En­cy­clo­pe­dia. Je­ru­sa­lem/Tel-Aviv 1958/59, Sp. 1509f.
SAN­DERS, DA­NI­EL: Wör­ter­buch der deut­schen Spra­che. Leip­zig 1876 (1.​Aufl. 1854), Neu­druck Hil­des­heim 1969.
SCHIE­DER, ROLF: Eman­zi­pa­ti­on. In: Re­li­gi­on in Ge­schich­te und Ge­gen­wart. Hand­wör­ter­buch für Theo­lo­gie und Re­li­gi­ons­wis­sen­schaft. Tü­bin­gen 1999, 4. Aufl., Bd. 2, 1245ff.
SCHIE­MANN, GOTT­FRIED: Eman­ci­pa­tio. In: Der Neue Pauly, Bd. 3. Hg. von Hu­bert Can­cik/Hel­muth Schnei­der. Stutt­gart/Wei­mar 1997, Sp. 1006f.
SCHO­EPS, JU­LI­US H.: Pins­ker. In: Neues Le­xi­kon des Ju­den­tums. Hg. von Ju­li­us H. Scho­eps. Gü­ters­loh/Mün­chen 1998, 661.
SCHO­EPS, JU­LI­US H. (HG.): Auf der Suche nach einer jü­di­schen Theo­lo­gie. Der Brief­wech­sel zwi­schen Scha­lom Ben-Cho­rin und Hans-Joa­chim Scho­eps. Frank­furt am Main 1989.
SH­UMS­KY, DI­MITRY: Zwei­spra­chig­keit und bi­na­tio­na­le Idee. Der Pra­ger Zio­nis­mus 1900-1930. Aus dem He­bräi­schen von Dafna Mach. Göt­tin­gen 2013.
STÖ­CKER, ADOLF: Christ­lich-So­zi­al. Reden und Auf­sät­ze. 2. Aufl. Ber­lin 1890 .
VOL­KOV, SHUL­A­MIT: Jü­di­sche As­si­mi­la­ti­on und jü­di­sche Ei­gen­art im Deut­schen Kai­ser­reich. Ein Ver­such. In: Ge­schich­te und Ge­sell­schaft 9 (1983), 331-348.
VOL­KOV, SHUL­A­MIT: An­ti­se­mi­tis­mus in Deutsch­land als Pro­blem jü­disch-na­tio­na­len Den­kens und jü­di­scher Ge­schoichts­schrei­bung. In: Ge­schich­te und Ge­sell­schaft 5 (1979) H.4, 519-544.
ZED­LER, JO­HANN HEIN­RICH: Gros­ses Uni­ver­sal Le­xi­kon aller Wis­sen­schaf­ten und Küns­te wel­che bis­he­ro durch mensch­li­chen Ver­stand und Witz er­fun­den und ver­bes­sert wor­den. Bd. 8, Halle/Leip­zig 1734.

 

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Sie sind essenziell für den Betrieb der Seite (keine Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.