(40) Voliére
»Sehen Sie dort den Vogel? Er steht für die schöne Emotion, die alle bewegt. Fast senkrecht steht er in der Luft, seine Flügelspitzen vibrieren, seine Stimme klingt hell, ein wenig gellend, als mische sich ein Schluchzen darein, doch die Kraft überwiegt, sie überwiegt das Opfer-Sein wie das Verlangen nach Opfern. Sie will gestalten. Wer über diese Kraft verfügt, dem gehört die Zukunft. Er muss sie nicht rauben, nicht besetzen, nur weil ihn irgendein klebriger Herrschaftswunsch antreibt – no occupation without transpiration –, schon gar nicht nehmen, wie die Sprache der Vergewaltiger suggeriert. Ist er mit ihr ›im Bunde‹? Weit gefehlt, einen solchen Bund hat es nie gegeben und niemals wird es ihn geben. Nein, er hat Zukunft, nicht mehr und nicht weniger, sie ist eine der Dimensionen, in die hinein er sich, sagen wir ›erstreckt‹, ›entfaltet‹, ›dehnt‹, wie auch immer. Vielleicht ist das Wort ›Dimension‹ auch ungeeignet, die Intimität gerade dieses Verhältnisses auszudrücken, aber im Augenblick fällt mir kein besseres ein.
Sehen Sie hin, gleich ist die Erscheinung verschwunden.
Was Sie jetzt sehen, ist das Gelegenheitsfenster – eng geht es darin zu und alle schreien heraus: der quirlige Dicke mit Fistelstimme, der ›Konsequenzen‹ fordert und umstandslos unter Demenzverdacht gerät, der fette Truthahn, der mahnt und mahnt, der Kolibri mit der Quietsche-Stimme, der seine Erleichterung darüber hinauszwischert, dass irgendwo ein Mörder ›im Umkreis der Tat‹ erschossen wurde, während ein anderer bereits die Instruktionen studiert und tausend Kilometer entfernt die nächste Bombe hochgeht, der grinsende Heuchler, der seinen Giftpfeil in den Nacken des Vordermanns bohrt, die dreisten Leugnerinnen all dessen, was soeben geschah, die nicht minder dreisten Verdächtiger derer, die davor warnten, und hinter und über allen die erstorbene Stimme, vor der jedem graut, der sie einmal vernahm. Willkommen! Sie sind zu Hause. Sind Sie es wirklich? Sie sind im Yagir, dem Land der Kopflosen, dessen Vertreter einst feierlich schworen, dass von seinem Boden nie wieder Krieg ausgehen werde. Nun haben sie den Krieg im Hause und tun ergriffen angesichts des ›unerklärlichen Bösen‹, das nach ihm greift.«