Niemand will es hören und deshalb spreche ich es aus: Ein charismatischer Redner, ausgestattet mit den klassischen Signa des Volkstribuns, fällt nicht vom Himmel. Er fällt auch nicht vom Stuhl, wenn Neider ihn als Populisten bezeichnen. Zugegeben, er gibt sich selbstverliebt: Rechtfertigt das den Aufmarsch einer Psychiater-Kohorte, die ihn und damit wahrscheinlich die Hälfte ihrer Klienten vor aller Welt als ›Narziss‹ verhöhnt? Wovon redet sie? Ein Schuss Selbstverliebtheit bietet den besten Schutz gegen Fanatismus. Nein, er ist ganz und gar kein Fanatiker, unser T. Er leidet ein wenig an Prahlsucht, unser T, daran wird sich, angesichts seines Alters, auch nichts mehr ändern. Seine Gegner wären mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn sie ihn daran nicht zu packen versuchten. Doch ist er deswegen gleich ein Aufschneider? Die schlichte Wahrheit ist doch, dass der Charismatiker höllisch aufpassen muss. Solange das Massenbewusstsein mitgeht, darf er sich jede Großattitüde erlauben. Und Hand aufs Herz: Er muss es wohl auch, will er hinter den hochgetriebenen Erwartungen nicht zurückbleiben. Aber jenseits der Grenze, da ist das Spiel rasch vorbei, da gilt der Satz: Ein Aufschneider ist ein Aufschneider ist ein … einsamer Mensch. Zwischen beide Zustände passt kaum ein mageres Statement.

Das alles sind Merkmale charismatischer Rede. Der Propagandatrick besteht darin, sie der Person überzustülpen: Achtung, dieser Mensch ist gefährlich! Warum das Geraune? Man will den Leuten die Ohren verstopfen: Hört nicht auf den Verführer! Und wenn die Leute – ein Teil von ihnen, bei den anderen wirkt der Pfropf – verstehen, was er redet, weil er redet wie einer von ihnen, wie einer von ihnen reden würde, wenn er sich traute, dann erklärt man sie kurzerhand auch für gefährlich: Schreckliches Pack, das dieser Mensch um sich versammelt! Man versucht um jeden Preis, die Menge klein zu halten, man will vermeiden, dass sich die Leute bei ihm anstecken, das versteht doch jeder.

Ich wundere mich. Sie sind nicht entsetzt. Aber ehrlich gesagt, das hätte ich auch nicht erwartet. Sie sind Realist wie ich. Ich wünschte mir, wir könnten zusammenlegen und den Spuk … nein, nicht bannen, nicht einmal kleinreden, sondern auseinanderlegen, Stück für Stück, Teil für Teil, Schräubchen für Schräubchen … als handle es sich um eine Konstruktion, von der vielleicht unser aller Leben abhängt, vielleicht nur das Fortkommen einer Handvoll dubioser Figuren; man muss gegen jede Überraschung gewappnet sein. Der Spuk, nennen wir ihn Spuk, hält eine große Nation umklammert und mehr als sie. Wo ich herkomme, gilt Loslassen als die erste aller Tugenden.

Wie anders brächte man einen Spuk dazu loszulassen?

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