Ich hatte schon in Wien von ihr gehört, betreten habe ich die Paris Bar erstmals 1993. Das Lokal verteidigte bereits einen Ruf, auf Erinnerungsplätze verweisend, die zu Tempeln der Kunstbetrachtung geworden sind und als mythengeschwängerte Orte die Metropoleneuphorie im alten Westen überlebt haben. Dieses kleine Lokal wurde durch Vermittlung von Otto Schily 1979 von Michel Würthle und Reinald Nohal erworben, grundrenoviert und um weiße Tischdecken ergänzt, zum Gradmesser von Kompetenz und Vielsprachigkeit – eine Novität in der sozialromantischen Wüste der ehemals geteilten Frontstadt. Das war der Beginn einer ›Aristokratie im Alltag‹ als Haltung, deren szenische Anfänge auf das Jahr 1952 verweisen, als ein französischer Soldat namens Jean Coupy das ehemalige Offizierskasino in die Kantstrasse verlegte, um es in ein Klein-Paris zu verwandeln, mit Steak à la minute und einem Teller Zwiebelsuppe für 2,50 Mark. Nach der Entstaubung des müde gewordenen Savoir Vivre wurde die Paris Bar das Reservat einer wiederbelebten Bohème. Nach Michels Worten war die »…damalige Szene der Rumbrüllgemütlichkeit schnell domptiert… Die Berliner standen herum wie die Tiere, und die Tische galten allemal als Schlafstellen. Zugegeben, das hatte auch seinen Reiz.« Die Jahre gingen ins Land: Künstler und Kunstwerke kamen, verweilten, um sich wieder loszueisen, auf der stetigen Wanderung nach dem erreichbaren Glück – die Paris Bar blieb.

Peter Pakesch befand später lapidar: »Es gibt Orte auf der Welt, die sind die Welt. Gäbe es nichts anderes um sie herum, sie genügten sich selbst. So ein Platz ist die Paris Bar in Berlin.«

Haralampi G. Oroschakoff
Haralampi G. Oroschakoff

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