(46) Yagofeminismus
Die erste Yagiritin, die darauf bestand, das Kinderkriegen sei ›keine gute Idee‹, war die Erfinderin des Yagofeminismus, der alle Frauenprobleme der Welt, soweit dem Yagir tributpflichtig, durch die Vergabe von Strichen und Sternchen bewältigt. Das Wort ›bewältigen‹ ist hier am richtigen Platz. Im Yagofeminismus fällt das Problemlösen unter die Strafe der Nichtbeachtung und fristet daher nur ein kümmerliches Dasein. Grundsätzlich betrifft das alle Probleme, auch diejenigen, die bereits in der Vergangenheit mehrfach gelöst wurden: Sie bei erneutem Auftreten in bewährter Manier zu lösen wäre ›zu einfach‹, es würde der Komplexität der Fragestellung nicht gerecht und ›schüfe neues Unrecht‹. Zum Beispiel schüfen Anreize fürs Kinderkriegen als Mittel gegen den Bevölkerungsschwund oder zur Rentensicherung neues Unrecht, etwa, die Yagiritin zum Mutterdasein zu verdammen oder den schwulen Mann von ihm auszuschließen: zwei Formen des Missbrauchs, die sich nicht mit den Werten des Yagir vereinbaren lassen. Dagegen hört man öfter Yagiritinnen, die sich ihr Leben lang gegen Kinder gesträubt haben und im Alter auf Großmutterfreuden sinnen: ein unumstößlicher Beweis dafür, dass Leben weitergeht und Lebensentscheidungen keinerlei Einfluss auf die Zukunft eines Landes und seiner Bürger ausüben. Allerdings nährt die Rede von den ›Bürgern dieses Landes‹ unter Yagofeminist*innen den Verdacht, den Paternalismus durch Identitätsansprüche zu zementieren. Das ist furchtbar und geht über alles hinaus, was Kultur und Geschichte jemals an Schrecken über die Menschheit brachten. Die Gräuel des Patriarchats werden jedoch übertroffen durch die des Matriarchats, in dem nicht nur manche die reine Erfüllung sehen: Erfüllt von allem, vor allem von Vorgefühl, erfüllt sich die Yagofrau den Wunsch, einmal unerfüllt durchs Leben zu gehen und dadurch den Mann vernichtend zu treffen, von dem sie Erfüllung erwartet. Noch steht außer Zweifel, dass jeder Einzelne aus der jetzt lebenden Yagiriten-Generation aus dem Bauch einer Mutter stammt und irgendwann in seinem Leben, wenn auch nur ansatz- und spurenweise, mit der Existenz eines Vaters in Berührung kommt. Doch da jene beschlossen hat, als letzte mit diesem archaischen Schicksal geschlagen zu sein, rechnet sie den Umgang damit zur Vergangenheitsbewältigung und benützt dafür die Bezeichnung ›Aufarbeitung‹ – ein schönes Beispiel dafür, wie man eine Vergangenheit, die nicht vergehen will, mit Leichtigkeit zum Verschwinden bringt, nachdem eine ältere Generation daran scheiterte, weil sie ihr schwer wurde.