(53) Diskursschwadron
Dem einen oder anderen Leser wird aufgefallen sein: im Yagir wächst weder Baum noch Strauch. Man könnte ihn eine Wüste nennen, mit einem Silberstreifen am Horizont, doch politisch korrekt wäre das nicht. Was politisch korrekt ist, bestimmt eine rauchige Stimme aus einem Callcenter – Heben Sie ab und tragen Sie die Kosten für das, was kommt. Vielleicht steht das Callcenter in einem fernen Land, im Schatten einer Kastanie oder am Rande eines Pinienwaldes und nebenher rauscht das Meer. Vielleicht ist die rauchige Stimme nichts weiter als jenes Meeresrauschen, abgefüllt in teergeschwärzte Lungen und durch ein Mundwerk gejagt, das nicht schweigen kann, weil dazu gehörte, was es nicht kennt: der Zweifel. Wann hätte ein Mundwerk schon Zweifel gekannt? Erst recht ein loses, jedem Herrschaftsgelüst gefügiges, dem die Sprache abgeht? Das Band zwischen Sprache und Selbst muss erst zerrissen werden, damit ein ordentlicher, die Menschen um einen Wegweiser scharender Diskurs in Gang kommen kann. Einem gewachsenen Selbst sind Baum und Strauch nicht so gleichgültig, wie es tönt: es ist von ihrer Art, es ist da und wächst und erhält sich, vornehmlich im Reden, obwohl es eher selten das Wort ergreift. Mit dem Ergreifen haben es andere, hinter denen andere und wieder andere stehen. Da trifft es sich gut, wenn Baum und Strauch bereits von der Liste der gefährdeten Arten gestrichen wurden. Der Yagir ist eine Versuchsanordnung, mit deren Hilfe ein paar unterhaltsame Leute herausfinden wollen, ob und wie es ganz ohne Selbst weitergeht.
– Und? Wie geht es weiter?
– Gut. Über die Maßen gut. Besser jedenfalls, als man voraussetzen durfte, nachdem frühere Experimente in dieser Richtung mangels geeigneter Technik ergebnislos abgebrochen werden mussten. Aber was heißt schon ›ergebnislos‹? Der Lernprozess steckt in allem, was geschieht. Er findet immer wieder heraus, wenn er einmal in eine Sackgasse gerät. Es gibt keine Sackgasse, nur Säcke, die man am Ende der Strecke aufhängt, für die man sie brauchte. So sieht es der Yagir, so empfängt er die Welt, für die vieles nur Sack ist, was sich Herr im eigenen Lande dünkt. Dennoch ist dieser Dünkel lästig. Im Yagir hat man beschlossen ihn auszurotten, man wartet das nächste Frühjahr ab und dann geht es los.