(52) Spielwut
Leidenschaftliche Yagirspieler pflegen zu behaupten, es gebe die Chefin doppelt: als weiße und schwarze Chefin – so wie es eine weiße und schwarze Köchin sowie eine schwarze Legende neben der weißen gibt, in der sich die Staaten sonnen. Das mag sein. Vielleicht löst sich das Rätsel auch, sobald man den ungesicherten Umstand in Rechnung stellt, dass sie als einzige Person im Yagir-Universum über ein Privatleben verfügt. Ein Gerücht will wissen, es handle sich dabei um einen informationsfreien Raum ohne Zugänge. Mag sein, der letzte wurde vor Jahren vermauert und seither steht der Raum leer. Ausschließen lässt sich so etwas nie. Jedenfalls blieb, als ruchbar wurde, dass der Große Bruder auch sie überwacht, ihr Privatleben unerwähnt. Als Bürger des Yagir mit durchgecheckter Vita und verwanzter Hosentasche fragt man sich schon, welche Kosten ein solches Privatleben verursacht und an welcher Stelle sie aufgebracht werden. Lange lief das Gerücht um, die Chefin liebe traumatisierte Soldaten und arbeite intern an ihrer Vermehrung. Sollte das wirklich der Fall sein, so wäre die Diskretion bewundernswert, mit der es geschieht. Immerhin ist die doppelte Chefin ein Exportschlager: die weiße geht vermehrt in den Norden und Westen, die schwarze in den Süden und Osten. So kommt alle Welt in ihren Genuss, ohne dass die Köpfe darüber zusammenstoßen. Im Yagir selbst, wird behauptet, motiviert sie vor allem die Frauen, doch mit dem Zusatz ›immer weniger‹, während die Männer sich so eng um sie scharen, dass sie einander gegenseitig ihren Anblick verwehren. So sind sie, die Männer. Das Spiel Meine Chefin – deine Chefin verschlingt sämtliche Ressourcen – bis auf eine. Welche Frau würde sich das nicht zunutze machen? Nicht umsonst hat der politische Gegner – jetzt offiziell ›Feind‹ genannt – vor kurzem die Frage aufgeworfen, ob es korrekt sei, die Chefin ›Frau‹ zu nennen, ganz ohne Sternchen, mit einem vorderen und einem hinteren Wortteil, das sich gewaschen hat. Solchen Fragen weicht die Chefin aus. Überhaupt weicht sie dem Gegner aus, so gut es geht. Die Yagofeministinnen haben kein Verhältnis zur Chefin, sie sagt ihnen nichts, nur die Macht finden sie gut und hätten sie selbst gern so, wie sie sie finden: ätzend.