Donald Trump auf der Suche nach Selbstbehauptung
Die USA haben mit Donald Trump – trotz ständiger Rückfälle und Widersprüche – den Rückzug von Globalismus eingeleitet. Trump sieht die USA nicht mehr als exzeptionelle Macht, sondern als Macht, die wie andere Völker nach dem eigenen Vorteil sucht. Für ihn ist die Welt keine ›globale Gemeinschaft‹. Konflikte lösen sich nicht im Wohlgefallen eines freihändlerischen Win-win auf.
Statt globalen Illusionen nachzuhängen, will Trump militärische, politische und ökonomische Stärken für eigene Interessen nutzen. Die Welt sei eine Arena, in der Nationen und wirtschaftliche Akteure um ihre Vorteile konkurrieren und diese gemäß ihrer jeweiligen Stärke durchsetzen. Er lehnt den Multilateralismus ab, der die Verantwortung jedes Staates hinter einer Vielzahl von Akteuren verschwimmen lässt.
Die herrschende Lehre der Wirtschaftswissenschaften lehnt Zölle auf freien Märkten ab. Trump verweist darauf, dass es mit China aber keine freien Märkte gebe. China habe die Spielregel, den Schutz der eigenen Märkte ab einem gewissen Entwicklungsstand aufzugeben, nicht befolgt. Trumps Methode lautet: Durch nationale Machtpoltik errungene Gegenseitigkeiten statt Appelle an globale Gemeinsamkeiten. Die von den Europäern etwa beim Weltklimaschutzabkommen verfochtenen globalen Lösungen betrachtet er als Täuschungsmanöver, um den USA Geld zu entlocken.
Trump hatte im Wahlkampf versprochen, die Weltpolizistenrolle zu beenden und die US-Armee zurückzuholen. Trump will die Verbündeten wie Kunden für ihren Schutz zahlen lassen, damit das amerikanische Geld ›unseren Schulen, Straßen, Kranken, unseren Obdachlosen‹ zugutekommt. Wo sich amerikanische Interessen mit anderen Interessen überschneiden – etwa mit denen Saudi-Arabiens oder Russlands – sind ihm Interessen wichtiger als Werte.
Sein außenpolitisches Programm las sich wie ein radikales Gegenprogramm zu den Ideen der Neokonservativen, die die Demokratie auch in den Nahen Osten ausbreiten und die überlegenen amerikanischen Werte weltweit propagieren wollten.
Trump hatte versprochen, alle Auslandseinsätze des Militärs zu beenden und sich allenfalls dort zu engagieren, wo dies primär den wirtschaftlichen Interessen der USA dient. Auch steht die Verbreitung der liberalen Demokratie durch ›Nation Building‹ nicht auf der Tagesordnung seiner Regierung. Ein weiterer Unterschied zu den alten Neokonservativen liegt darin, dass die USA jetzt weitgehend allein handeln und die Nato-Verbündeten links liegen lassen.
Aber nicht nur der Fortschritt, sondern auch der Rückzug ist eine Schnecke. Trump konzentriert seine Außenpolitik selbst in der feindseligsten Form gegen den Iran eher auf wirtschaftliche Sanktionen denn auf militärische Aktivitäten. Der Erfolg dieser neuen Art von Konfrontationspolitik ist ungewiss.
Bei der iranischen Führung handelt es sich nicht um Rationalisten, sie legitimieren ihren Gottesstaat geradezu durch ihr revolutionär-religiöses Engagement für die Schiiten in den Nachbarländern und mit der religiös motivierten Feindschaft zu Israel.
Unter der Voraussetzung, dass die Totalitarismusanalyse hinsichtlich des Iran richtig ist, spricht aber auch vieles gegen die bisherige Appeasementpolitik der Europäer. Erfahrungsgemäß ist diese gegenüber einer rastlosen totalitären Dynamik nicht erfolgreich.
Auf den für uns wirren Konflikten des Orients lässt sich schwerlich eine neue Strategie errichten. Auch die zwielichtige Rolle von Saudi-Arabien und der Türkei sowohl als Förderer der Islamisten als auch als deren späteren Feinden in Syrien sind mit binärer westlichen Logik kaum zu verstehen.
Die saudische Unterstützung militanter Islamisten in europäischen Moscheen könnte langfristig eine größere Gefahr für Europa darstellen als die Einmischungen des Iran in seiner Nachbarschaft. Gegenüber den mal religiös, mal machtstrategischen Konflikten zwischen dem sunnitischen Islam um Saudi-Arabien und dem schiitischen Iran wäre auf Dauer vor allem die Selbstbegrenzung des Westens bis hin zur erklärten Neutralität und einer Politik des Machtgleichgewichts geboten.
Die multiplen Konflikte im Nahen Osten etwa zwischen Israel und Palästina, Iran und Saudi-Arabien bzw. der USA, von Schiiten und Sunniten und sogar zwischen der Türkei und Ägypten etc. sind das Gegenteil zu einer multipolaren Weltordnung und wohl nur langfristig mit dem Übergang in ganz andere Paradigmen wie Wohlstand und Individualismus zu bewältigen, die schon nach den Weltkriegen zum Wiederaufbau Europas beigetragen haben. (Heinz Theisen, Der Westen und sein Naher Osten. Vom Kampf der Kulturen zum Kampf um die Zivilisation, Reinbek 2015)